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worden war, so hielt ich mich für gänzlich geheilt von meiner Liebe. Ich wünschte mir Glück, daß ich eine so ausgezeichnete Lehre für mein künftiges Leben erhalten hatte. Ich fand nun sogar, daß Bettina recht gehabt, mir den Cordiani vorzuziehen, da dieser fünfzehn Jahre alt und ich nur ein Kind war. Trotz meiner Geneigtheit, zu vergessen, konnte ich Cordianis Fußtritt nicht vergessen und blieb ihm noch böse. Als wir zur Mittagszeit in der Küche bei Tische saßen, fing Bettinas Geschrei von neuem an. Alle eilten zu ihr, ich ausgenommen, der ruhig sein Mittagessen beendete und dann an seine Studien ging. Als ich abends zum Essen kam, sah ich Bettinas Bett neben dem ihrer Mutter stehn; aber ich blieb gleichgültig dagegen, wie gegen den Lärm in der Nacht. Trotzdem sich das Geschrei Bettinas und der Lärm um sie immer wieder erneuerte, blieb ich vollkommen gleichgültig dagegen, ich gab auch meinen Racheplan auf, als der Doktor zurückkehrte, denn die skandalöse Geschichte zu erzählen, konnte mir nur im Augenblick der höchsten Wut einkommen. Am folgenden Tage redete die Mutter dem Doktor ein, Bettina sei behext, und wußte allerlei anzugeben, so daß der Verdacht der Urheberschaft auf die Magd fiel. Sogleich unternahm es Doktor Gozzi selbst, seine Schwester zu exorzisieren; ich sah mir dies Mysterium an: alle schienen mir toll oder schwachköpfig, denn nicht ohne Lachen konnte ich an den Teufel in Bettinas Leib denken. Als hernach der Doktor wieder auf sein Zimmer gegangen war und ich mich mit Bettina allein sah, flüsterte ich ihr ins Ohr: »Fasse Mut, werde gesund und vertraue meiner Verschwiegenheit.«

      Sie wandte, ohne mir zu antworten, den Kopf auf die andere Seite; aber den Rest des Tages blieb sie ohne Krämpfe. Ich hielt sie für geheilt, aber am folgenden Tage stieg ihr die Krankheit zum Gehirn und ihr Wahnsinn sprach einen solchen Wirrwarr, daß kein Mensch mehr an ihrer Besessenheit zweifelte. Sofort ließ ihre Mutter den berühmtesten Teufelsbanner von Padua kommen, einen häßlichen Kapuziner, dem das Mädchen einen solchen Spuk machte, derartige Beleidigungen an den Kopf warf, daß er sich nicht mehr anders zu helfen wußte, als dadurch, daß er mir die Schuld beimaß, weil ich ungläubig sei. Ich mußte mich entfernen, aber Bettina warf ihm nun gar ein Glas mit schwarzer Medizin an den Kopf, und mit großem Vergnügen vernahm ich, daß auch Cordiani sein Teil abbekam. Da gab's der Pater auf. Am Abend überraschte uns Bettina, als sie ruhig und gesittet bei Tisch erschien; sie wandte sich im Laufe des Gesprächs an mich, sie werde mich zu dem Balle morgen als Mädchen ankleiden. Ich dankte und riet ihr, sie möchte sich doch noch schonen. Sie begab sich darauf bald wieder zu Bett. Später fand ich in meiner Nachtmütze ein Billett: ›Du kommst als Mädchen verkleidet mit mir auf den Ball oder ich führe ein Schauspiel auf, über welches Du weinen wirst.‹ Als der Doktor eingeschlafen war, schrieb ich ihr als Antwort, ich wollte jede Gelegenheit mit ihr allein zu sein vermeiden, ich bäte sie, mein Herz zu schonen, das ihr wie einer Schwester gehöre. ›Ich habe Dir verziehn, teure Bettina, und will alles vergessen. Hier ist ein Billett, das Du gewiß gern wieder in Händen hättest. Sieh, was Du wagtest, als Du es auf dem Bette liegen ließest, und erkenne meine Freundschaft daran, daß ich es Dir zurückgebe.‹ Um sie also zu beruhigen, daß ich um ihr Geheimnis wußte, übergab ich am Morgen das Billett und meine Antwort. Das Mädchen hatte durch seinen Geist meine Achtung gewonnen; ich sah nur noch ein durch Temperament verführtes Mädchen in ihr. Sie liebte den Mann und war nur der Folgen wegen zu beklagen. So resignierte ich als vernünftiger Mensch und unglücklicher Liebhaber. Während des ganzen Tages spiegelte Bettina Heiterkeit vor, gegen Abend aber mußte sie wieder ihres Befindens wegen das Bett aufsuchen, worüber das ganze Haus in Aufregung geriet. Ich wußte alles, und so machte ich mich auf neue, noch traurigere Szenen gefaßt, denn ihre Eigenliebe konnte die Überlegenheit nicht dulden, die ich über sie erlangt hatte. Ach, ich bekenne trotz der guten Schule, die ich schon vor meiner Jünglingszeit durchgemacht, die mir als Schutz für die Zukunft hätte dienen können, bin ich mein ganzes Leben lang von Frauen betrogen worden. Ohne meinen Schutzgeist hätte ich vor zwölf Jahren in Wien noch ein leichtsinniges junges Mädchen geheiratet. Jetzt, wo ich zweiundsiebzig Jahre alt bin, glaube ich mich gegen solche Torheiten gewaffnet; aber leider betrübt mich das sehr. Am nächsten Tage tobte Bettina so, daß auch der Doktor meinte, sie müsse besessen sein, weshalb er beschloß, sie dem Pater Mancia anzuvertrauen. Als dieser an das Bett Bettinas geführt wurde, war ich ganz außer mir, nicht ohne Grund: sein Wuchs war groß und majestätisch, sein Alter etwa dreißig Jahre. Er hatte blonde Haare und blaue Augen. Seine Gesichtszüge glichen denen des Apollo von Belvedere, nur daß in ihnen weder Triumph noch Anmaßung zu finden war. Er war von blendender Weiße und bleich, aber diese Blässe schien nur dazu bestimmt zu sein, um seine korallenroten Lippen, die beim Öffnen zwei Reihen Perlen sehen ließen, desto schärfer hervortreten zu lassen. Die Traurigkeit seiner Züge verstärkte den sanften Ausdruck des Gesichts. Bettina stellte sich schlafend. Als er sie aber mit geweihtem Wasser benetzte, öffnete sie die Augen, sah sich den Exorzisten genauer an, legte sich dann auf den Rücken, ließ die Arme sinken, und, den Kopf graziös geneigt, überließ sie sich einem Schlafe, der den süßesten Anblick bot. Der Pater machte seine Zeremonien, und als nichts damit erreicht wurde, versprach er, andern Tags wiederzukommen. Entzückend erschien am nächsten Morgen Bettina. Sie begann mit den ausschweifendsten Reden, die ein Dichter nur ersinnen kann, und unterbrach diese auch nicht, als der schöne Exorzist kam; er ließ sie sich eine Viertelstunde lang gefallen, worauf er sich mit seinem ganzen Apparate wappnete und uns bat, uns zu entfernen. Wir gehorchten augenblicklich, und die Tür blieb offen; aber was tat dies, da niemand gewagt hätte, einzutreten. Während dreier langer Stunden herrschte das tiefste Schweigen. Gegen Mittag rief uns der Mönch und wir traten ein. Bettina lag traurig und ruhig da, während der Mönch sich zum Fortgang rüstete. Er entfernte sich mit der Versicherung, daß er gute Hoffnung habe, und bat den Doktor, ihm Nachricht zukommen zu lassen. Bettina speiste zu Mittag in ihrem Bette, kam abends an unseren Tisch und war am folgenden Tage vernünftig; aber folgender Umstand bestärkte mich in dem Glauben, daß sie weder toll noch besessen sei. Der Doktor bestimmte, daß wir unsere nächste Beichte bei Pater Mancia ablegen sollten. Cordiani und die Feltrinis waren bereit, ich aber wollte den Plan hintertreiben, denn ich glaubte an die Heiligkeit der Beichte und wollte nimmermehr dem Pater Mancia mein Erlebnis mit einem Mädchen anvertrauen, da er sofort Bettina erkannt hätte. Am folgenden Morgen gab mir Bettina ein Billett: ›Hasse mein Leben, aber schone meine Ehre. Keiner von euch darf morgen beim Pater Mancia beichten. Du allein kannst den Plan verhindern. Ich werde daran sehen, ob Du wirklich Freundschaft für mich fühlst.‹ Ich antwortete, daß ich wohl selbst entschlossen sei, ihrer Bitte zu genügen, aber über Cordiani vermöchte ich nichts, sie müßte sich selbst an ihren Liebhaber wenden. Sofort schrieb sie mir: ›Mit Cordiani habe ich seit jener unseligen Nacht, die mich unglücklich gemacht, nicht mehr gesprochen, und ich werde nicht mehr mit ihm sprechen. Dir allein will ich mein Leben und meine Ehre schuldig sein.‹ Sie trieb ein freches Spiel mit mir, das fühlte ich. Sie wußte sich des Erfolges sicher; aber in welcher Schule hatte sie wohl das menschliche Herz studiert? In Romanen? Es ist möglich. – Ich war entschlossen, ihrer Bitte nachzukommen. Beim Zubettgehen sagte ich meinem Lehrer, mein Gewissen nötige mich, nicht bei Pater Mancia zu beichten. Und da der gute Doktor meine Gründe ehrte, versprach er, uns alle nach einer andren Kirche zur Beichte zu führen. Als dies geschah, mußte ich einer Fußverletzung wegen das Bett hüten und war so mit Bettina allein zu Hause. Unter irgendeinem Vorwand kam sie auf mein Zimmer; da ich dies erwartet hatte und endlich den Augenblick einer Erklärung gekommen sah, empfing ich sie sehr erfreut. Sie setzte sich auf mein Bett, und nachdem ich ihr meine augenblicklichen Gefühle gegen sie auseinandergesetzt, daß meine Liebe in jener Nacht in Haß umgeschlagen, daß ich aber jetzt wegen des Geistes, den sie gezeigt, alle Achtung, ja Freundschaft für sie hege, bat ich sie, mir mit gleicher Aufrichtigkeit entgegenzukommen, alle Liebe beiseite zu lassen, meinetwegen nicht mit Cordiani zu brechen, den sie vielleicht mit denselben Mitteln eingefangen wie mich und der nun unglücklich sei. Sie antwortete: meine Ansichten beruhten auf einem falschen Schein, und erzählte mir nun eine lange Geschichte von Cordiani, der sie durch die Drohung, alles ihrem Bruder zu verraten, was sie mit mir getrieben, das er durch ein Loch in der Decke meines Zimmers, über welchem er schlief, hätte beobachten können. Sie habe ihn wohl in gebührenden Schranken halten können, aber doch sei sie gezwungen gewesen, ihm zuliebe nicht mehr an mein Bett zu kommen, ihn selbst aber öfters in ihrem Kabinett zu empfangen. So sei es auch in jener Nacht gewesen, als sie auf mein Zimmer hätte kommen wollen. Sie habe immer gehofft, Cordiani werde sie bald verlassen, und nach Mitternacht könne sie ihrem mir gegebenen Versprechen doch noch nachkommen. Aber Cordiani habe sie aufgehalten

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