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gemischt mit Verachtung, überkam mich gegen Bettina, die ich liebte, ohne es zu wissen. An der Art, wie ich ihre Liebkosungen aufnahm, als sie mich in meinem Bette kämmen wollte, wurde sie dies gewahr: ich stieß ihre Hände zurück und erwiderte ihre Küsse nicht. Gereizt, weil ich ihr auf Befragen keinen Grund ihres Benehmens angab, sagte sie zu mir mit mitleidiger Miene, ich sei eifersüchtig auf Cordiani. Ich sagte zu ihr, ich hielte Cordiani ihrer würdig, wenn sie es seiner wäre. Sie entfernte sich lachend. Sie sann auf einen Plan, der sie allein rächen konnte, dazu sah sie sich genötigt, mich eifersüchtig zu machen. Da sie aber ihren Zweck nicht erreichen konnte, ohne mich verliebt zu machen, so ging sie dabei auf folgende Weise vor: eines Morgens kam sie an mein Bett mit einem Paar weißer Strümpfe, die sie mir gestrickt hatte. Nachdem sie mir die Haare gekämmt, sagte sie, sie müsse mir die Strümpfe selbst anprobieren, um zu sehen, ob sie Fehler gemacht, damit sie sich künftig danach richten könne. Der Doktor war zur Messe gegangen. Als sie dabei war, mir die Strümpfe anzuziehen, sagte sie, meine Beine seien schmutzig, und ohne mich um Erlaubnis zu fragen, schickte sie sich an, sie mir zu waschen. Ich würde mich geschämt haben, Verlegenheit zu zeigen; ich ließ sie also machen, ohne zu ahnen, was dabei herauskommen mußte. Bettina, die auf meinem Bette saß, trieb den Eifer für die Reinlichkeit zu weit, und ihre Neugierde verschaffte mir ein so lebhaftes Vergnügen, daß diese nicht eher aufhörte, als bis sie nicht weiter getrieben werden konnte. Als ich wieder ruhig geworden war, hielt ich mich für schuldig und für verpflichtet, sie um Verzeihung zu bitten. Sie hatte dies schwerlich erwartet, dachte einen Augenblick nach, und sagte dann mit dem Tone der Nachsicht, sie sei die Schuldige, aber so etwas soll ihr nicht wieder begegnen. Hieraus entfernte sie sich und überließ mich meinen Betrachtungen. Sie waren grausam. Es kam mir vor, als ob ich sie entehrt, das Vertrauen der Familie gemißbraucht, daß ich ein schreckliches Verbrechen begangen, welches ich nur durch eine Heirat wieder gutmachen könne. Eine Schwermut kam über mich, die immer größer wurde, da Bettina nicht mehr an mein Bett kam, und sie wäre allmählich zur vollkommensten Liebe geworden, wenn nicht ihr Benehmen Cordiani gegenüber das Gift der Eifersucht in meine Seele geträufelt hätte, obwohl ich weit entfernt war, zu glauben, sie habe mit diesem dasselbe Verbrechen begangen wie mit mir. Da ich mir sagte, sie habe doch aus freien Stücken gehandelt, und nur die Reue halte sie ab, wiederzukommen, so schmeichelte sich meine Eigenliebe: sie sei verliebt, und in meiner Einfalt beschloß ich, sie schriftlich zu ermuntern. Ich schrieb einen kurzen Brief, der sie aber hinreichend beruhigen konnte. Mein Brief schien mir ein Meisterwerk und durchaus geeignet, mir ihre höchste Liebe zu erringen und mir den Vorzug vor Cordiani zu verschaffen, dessen Persönlichkeit mir nicht so beschaffen schien, daß sie zwischen ihm und mir hätte schwanken können. Eine halbe Stunde, nachdem sie meinen Brief empfangen, antwortete sie mir mündlich, sie werde übermorgen wieder, wie vor unserer Szene, auf mein Zimmer kommen; aber ich erwartete sie vergeblich, worüber ich sehr aufgebracht war. Aber mein Erstaunen, als sie mich bei Tische fragte, ob ich wolle, daß sie mich zu dem Balle, den einer unserer Nachbarn fünf oder sechs Tage später gab, als Mädchen ankleiden solle! Da alle diesem Vorschlag Beifall gaben, so willigte ich ein. Mir schien dies eine gute Gelegenheit, uns zu erklären, uns gegenseitig zu rechtfertigen, und um geschützt gegen alle Überraschungen der Sinne wieder als gute Freunde zu leben. Ein Ereignis jedoch verhinderte die Ausführung und führte eine wahre Tragikomödie herbei. Ein alter und wohlhabender Pate des Doktor Gozzi, welcher auf dem Lande wohnte, schickte diesem, als er sich nach einer langen Krankheit seinem Ende nahe glaubte, einen Wagen und ließ ihn bitten, ohne Zaudern nebst seinem Vater zu ihm zu kommen, um bei seinem Tode zugegen zu sein und seine Seele Gott anzuempfehlen. Der alte Schuhmacher, der Vater Gozzis, welcher nur nach einigen Gläsern Wein Sprache und Vernunft fand, leerte eine Flasche, zog seinen Sonntagsanzug an und machte sich mit seinem Sohne auf den Weg. Da ich die Gelegenheit für günstig hielt und sie benutzen wollte, da überdies die Ballnacht für meine Ungeduld zu entfernt war, so sagte ich Bettina, ich würde meine nach dem Flur hinausgehende Tür offen lassen und sie, sobald alles im Hause sich zu Bett gelegt hätte, erwarten. Sie versprach mir zu kommen. Sie schlief zu ebener Erde in einem Kabinett, welches nur durch eine dünne Wand vom Schlafzimmer ihres Vaters getrennt war. Da der Doktor abwesend, schlief ich allein in dem großen Gemach. Die drei Pensionäre wohnten in einem abseits liegenden Raume, ich hatte also keine Störung zu fürchten. Ich war entzückt, daß der ersehnte Augenblick herannahte. Kaum war ich in mein Zimmer zurückgekehrt, als ich auch die Tür verriegelte und die nach dem Flur hinausgehende aufschloß, so daß Bettina sie bloß aufzumachen brauchte; dann löschte ich mein Licht, blieb jedoch angekleidet. In einem Roman scheinen solche Situationen übertrieben; sie sind es nicht, und was Ariost von Ruggiero sagt, der auf Alcina wartet, ist ein gutes naturgetreues Bild. Ich wartete bis Mitternacht, ohne mich zu beunruhigen; als aber die zweite, dritte, vierte Stunde vorüberging und sie noch nicht erschien, entflammte sich mein Blut und ich wurde wütend. Es fiel starker Schnee, aber ich litt noch mehr vor Wut als vor Kälte. Eine Stunde vor Tagesanbruch, als ich meine Ungeduld nicht mehr beherrschen konnte, beschloß ich, auf den Strümpfen, um den Hund nicht zu wecken, ins untere Stockwerk zu schleichen und mich unten an der Treppe, vier Schritte von Bettinas Tür, zu postieren, die hätte offen sein müssen, wenn sie hinausgegangen wäre. Als ich hinkam, fand ich sie verschlossen, und da sie nur von innen abgeschlossen werden konnte, dachte ich, Bettina sei eingeschlafen. Ich wollte klopfen, aber die Furcht, der Hund werde bellen, hielt mich ab, Lärm zu machen. Von dieser Tür bis zu der ihres Kabinetts waren es noch zehn bis zwölf Schritte. Gänzlich niedergeschlagen und unfähig, einen Entschluß zu fassen, setzte ich mich auf die unterste Stufe; aber gegen Tagesanbruch, erkältet, erstarrt vor Frost klappernd, und fürchtend, die Magd könnte mich finden und für toll halten, entschloß ich mich, wieder auf mein Zimmer zu gehen. Ich stehe auf, aber in demselben Augenblicke höre ich Lärm in Bettinas Zimmer. Überzeugt, daß sie kommen werde, und neugestärkt durch die Hoffnung, nähere ich mich der Tür: sie öffnet sich; aber statt Bettinas erscheint Cordiani, der mich mit einem furchtbaren Fußstoße vor den Bauch weit weg in den Schnee schleudert. Ohne zu verweilen begibt sich Cordiani in den Raum, wo er mit den beiden Feltrinis, seinen Kameraden, schlief. Ich stehe rasch auf, um mich an Bettina zu rächen, welche in diesem Augenblicke meiner Wut nicht entgangen wäre. Ich finde ihre Türe geschlossen und bearbeite sie mit kräftigen Fußtritten; der Hund fängt an zu bellen, und ich eile auf mein Zimmer, wo ich mich einschließe, um mich seelisch und körperlich zu erholen, denn ich war mehr als tot. Betrogen, gedemütigt, mißhandelt, ein Gegenstand der Verachtung für den glücklichen und triumphierenden Cordiani, beschäftigte ich mich drei Stunden lang mit den schwärzesten Racheplänen. In diesem schrecklichen und unglückseligen Augenblick schien es mir noch zu wenig, sie alle zu vergiften. Von diesem Plane ging ich zu dem ebenso unsinnigen wie niederträchtigen über, mich augenblicklich zu ihrem Bruder zu begeben und ihm alles zu erzählen. In dieser Verfassung war ich, als die rauhe Stimme von Bettinas Mutter mich rief, ich möchte doch herunterkommen, ihre Tochter liege im Sterben. Ärgerlich, ihr Tod möchte sie meiner Rache entziehen, begebe ich mich in ihr Zimmer, wo ich die ganze Familie um ihr Bett fand. Sie lag in schrecklichen Krämpfen. Ihr halbbekleideter Körper krümmte sich bald rechts, bald links, blindlings stieß sie mit Händen und Füßen um sich, daß niemand sie halten konnte. Ich wußte nicht, was ich denken sollte. Ich kannte weder die Natur noch die List des Weibes, und ich wunderte mich, daß ich kalter Zuschauer bleiben und in Gegenwart zweier Personen, von denen ich die eine töten, die andere entehren wollte, die Gewalt über mich behaupten konnte. Nach Verlauf einer Stunde schlief Bettina ein. Hebamme und Doktor, welche gerufen wurden, konnten sich über die Krankheit nicht einigen. Meinerseits lachte ich innerlich über beide, denn ich wußte oder glaubte zu wissen, daß die Krankheit des Mädchens mit ihren nächtlichen Beschäftigungen oder mit ihrer Angst wegen meiner Begegnung mit Cordiani zusammenhing. Aber ich beschloß, meine Rache bis zur Ankunft ihres Bruders zu vertagen. Da ich, um in mein Zimmer zu gelangen, durch Bettinas Kabinett hindurchgehen mußte und ihre Tasche auf dem Bette liegen sah, kam ich auf die Idee, sie zu durchsuchen. Ich fand ein Billett, und da ich die Handschrift Cordianis erkannte, nahm ich es mit, um es in Ruhe auf meinem Zimmer zu lesen. Ich war erstaunt über die Unbesonnenheit des Mädchens, denn ihre Mutter hätte das Billett finden können, und, des Lesens unkundig, ihrem Sohne, dem Doktor, zeigen können. Ich konnte mir nichts anderes denken, als daß sie den Kopf verloren habe; aber man male sich aus, was ich empfinden mußte, als ich folgende Worte las: ›Da Dein Vater verreist, so brauchst Du nicht, wie sonst, die Türe offen zu lassen. Wenn wir von Tische aufstehen, werde ich
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