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Insel der Vergänglichkeit. George Tenner
Читать онлайн.Название Insel der Vergänglichkeit
Год выпуска 0
isbn 9783750279124
Автор произведения George Tenner
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Sind Sie Günner, Remy Günner?«
Der Mann nickte.
»Ich kann nichts hören«, sagte Jürgen Schulz bestimmend.
»Ja.«
»Wohnt Frau Suzanne Makowski bei Ihnen?«, fragte Funke.
»Ja.«
»Wir möchten mit ihr sprechen.«
Als der Mann sich nicht bewegte, setzte Funke nach: »Wir möchten mit ihr sprechen, jetzt.«
Sie hörten, wie der Mann die Kette, die die Eingangstür sicherte, löste. Dann öffnete sich die Tür einen Spalt. Im Flur war es dunkel, Günner hatte kein Licht gemacht. Sie versuchten, in den Flur hineinzuschauen. Doch es blieb dunkel. Vor ihnen stand ein Mann im Unterhemd und einergrauen Jogginghose. Sein Haar hing ihm wirr im Gesicht.
»Rufen Sie Frau Makowski«, sagte Polizeimeister Jörn Schulz. »Und machen Sie endlich Licht.«
Günner regte sich nicht.
»Holen Sie Frau Makowski«, drängte Schulz wieder.
Funke hatte gleich das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte. Der Mann benahm sich einfach sonderbar.
Günner hatte Licht gemacht. Die beiden Polizisten betraten die Wohnung und schlossen die Eingangstür hinter sich.
»Ich kann Suzanne nicht holen.«
»Wieso denn nicht?«, fragte Funke ungeduldig. »Wo ist sie denn?«
Günner deutete auf einen großen Koffer, der vor dem Spiegel im Flur stand. »Im Koffer.«
»Hören Sie mit solchem Mist auf«, sagte Schulz unwirsch, »uns ist nicht zum Spaßen zumute.«
»Ich habe sie getötet, und jetzt ist sie im Koffer.«
Günner ging die wenigen Schritte zu dem Koffer und öffnete ihn.
Die Männer starrten auf die Leiche, die sicher nicht ganz einfach in diesen Koffer hineingepasst hatte. Aber irgendwie war sie hineingekommen, und sie fragten sich, wie. Gleichzeitig machte sich ein aufdringlicher Verwesungsgeruch breit.
Polizeimeister Schulz hatte seine Dienstwaffe in der Hand.
»Sie werden die Waffe nicht brauchen, ich habe Sie schon lange erwartet. Und ich bin froh, dass ich jetzt nicht mehr mit ihr allein sein muss.«
Funke nahm sein Handy und rief die Zentrale an.
Es meldete sich jemand, es war nicht die Stimme von Iris.
»Strela vier, Polizeihauptmeister Funke. Geben Sie mir bitte Iris Sellin.«
Kurz darauf meldete sie sich. »Leo, habt ihr die Frau?«
»Ja, in einem Koffer. Verständige den KDD.«
»Was?«
»Frau Makowski ist seit mehreren Tagen tot. Der KDD soll übernehmen.«
Nachdem er das Gespräch beendet hatte, sagte Funke: »Sie setzen sich jetzt auf den Stuhl an den Tisch. Ich möchte, dass Sie die Hände auf den Tisch legen und sie dort liegen lassen.«
Jörn Schulz hatte seine SIG Sauer P225 wieder ins Halfter gesteckt. Er ließ Günner jedoch keine Sekunde aus den Augen.
Der Mann hatte seinen Kopf zwischen die Unterarme auf den Tisch gelegt, so wie er es nach dem Säubern des Tisches gemacht hatte. Manchmal aber hatte er den Kopf gehoben, mit offenen Augen stundenlang in dieser Position verharrt. Sein Blick war dabei auf eine gerahmte Fotografie an der Wand fokussiert gewesen, die ihn und Suzanne in glücklichen Tagen am Strand auf der Insel Rügen zeigte. Längst hatte er keine Tränen mehr gehabt, sondern nur noch Angst. Angst, dass man ihm nicht glauben würde und er für eine Sache büßen müsste, die er nicht begangen hatte. Vor allem aber vor der Schande, wenn man ihn abführte. Und ein ohnmächtiges Gefühl des Verlustes traf ihn an der empfindlichsten Stelle seiner Seele. Er hatte Suzanne geliebt, wenngleich auf seine Weise.
»Sie haben gesagt, Sie hätten schon lange auf uns gewartet. Warum in Gottes Namen haben Sie uns nicht gleich angerufen?«
»Ich habe es mehrfach versucht«, sagte Günner leise.
»Und? Es ist bei dem Versuch geblieben?«, fragte Jörn Schulz.
»Nein, ich hatte einmal sogar den Notruf dran. Habe dann aber aufgelegt, weil ich Angst hatte, man würde mich einsperren.«
Polizeihauptmeister Funke mischte sich ein. »Was haben Sie eigentlich erwartet?«
Günner hob den Kopf. »Ich habe sie nicht umgebracht. Wir hatten wohl einen Streit, dennoch habe ich sie nicht umgebracht. Ich habe sie sehr geliebt.«
»Eben haben Sie etwas anderes gesagt«, sagte Jörn Schulz.
»Ich bin durcheinander, habe einen starken Schock.«
»Einen Streit? Worum ging es in dem Streit?«, fragte Funke.
»Suzannes Schwester ist einige Jahre zuvor um diese Zeit verstorben. Immer dann wird sie schwermütig.«
»Schwermütig?«
»Ja, schwermütig aber auch streitsüchtig.«
Funke schaute aus dem Fenster. Offensichtlich hatten sich schon einige Zuschauer eingefunden, die von dem ungewöhnlich geparkten Polizeifahrzeug angezogen wurden. Als wüssten sie, dass es in den nächsten Minuten hier etwas zu sehen gäbe, warteten sie wie die Aasgeier, die über einem sterbenden Rind kreisten.
»Woran ist die Schwester von Frau Makowski verstorben?«, fragte Funke übergangslos.
Schulz sah ihn verständnislos an, sagte aber nichts.
»Sie hatte wohl Hepatitis.«
»Aha«, sagte Schulz nur.
Es klingelte an der Tür. Funke sah aus dem Fenster und den Einsatzwagen der Kriminaltechnik. Es klapperte an der Tür, jemand schien durch den Briefschlitz zu schauen. Funke ging in den Flur und öffnete.
»Hallo Kollegen. Willkommen in der Hölle.« Er zeigte auf den offenen Koffer mit der Leiche.
»Die Frau muss aber schon einige Tage tot sein«, stellte Hauptkommissar Marcel Schroder, der leitende Beamte der KT, fest.
Durch das Fenster zuckte für einen Augenblick das blaue Licht des Einsatzwagens der Kripo auf.
Kurze Zeit später tauchte hinter Schroder, der noch einmal hinausgegangen war, um seine Kollegen zu instruieren, Kriminalhauptkommissar Jürgen Reiniger, der Stellvertreter Harald Verstappens, auf. Funke machte Meldung.
»Hat er schon was gesagt, außer dass er es nicht gewesen ist?«, fragte Reiniger.
Funke musste lächeln. Es war der Standardsatz, den Reiniger in jeder ähnlichen Situation anbrachte. Funke schüttelte den Kopf.
»Dann bringt ihn ins Kommissariat in die Barther Straße.«
Die Gruppe der Voyeure vor der Tür war angewachsen. Da war eine ältere Frau, die genau aus diesem Haus kam, um ihren Müll wegzuschaffen. Sie hielt die zwei Tüten noch in der Hand. Doch die Männer der KT waren gerade dabei, alles abzusperren, auch den Platz für den Müll. Sie untersuchten bereits den Inhalt eines Containers und fanden blutbefleckte Kleidungsstücke.
Weitere Menschen waren stehen geblieben, hatten dem Treiben mit Interesse und Erschrecken zugesehen.
Zwei Halbstarke schauten fasziniert zu, redeten ungeniert miteinander. »Der sieht aus wie ein Dealer.«
»Meinst du wirklich? Eher wie ein Penner, der irgendetwas geklaut hat. Sonst würde man ihn nicht in Jogginghose und offenem Hemd rausschleppen.«
»So etwas sieht man sonst nur im Fernsehen«, sagte die Nachbarin mit dem Müll