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ich will Dir sagen, dass ich auch so ein halbes Brot in ebensolchem halben Tuch bei mir habe!"

      Damit zog er sein Frühstück heraus. Nun schaute der erste drein wie ein Bauer, auf dessen Reisfeld Kartoffeln gewachsen sind. Als sie die beiden Hälften des Tuches zusammengefügt hatten, wurde ihnen klar, dass beide Teile von einem Tuch stammen, genau wie die beiden Brothälften, die sie ebenfalls nebeneinander gelegt hatten, von einem Brot! Sie stützten den Kopf in die Hand und sahen einander einige Minuten lang ganz verblüfft an, wie zwei Ochsen, denen man das Heu aus dem Maul reißt. Der Nachtdieb fasste sich als erster und fragte forschend: "Was machst du, und wohin gehst du?" - "Ich will dir meine Arbeit nicht verraten", antwortete der Tagesdieb zögernd, "aber ich gehe nach Muan. Meine Frau hat zwanzig Lira von dem Schulzen dort zu bekommen, die will ich ihr zurückholen." Der Nachtdieb riss die Augen kugelrund auf: "Wie heißt deine Frau?" - "Sie heißt Gultschin!"

      "Mensch, das ist doch meine Frau!" rief der Nachtdieb böse zurück. "Und auch ich bin wegen des Geldes unterwegs!"

      Sie sprangen beide auf und starrten sich wie zwei Kampfhähne an. Es fehlte nicht viel, und sie hätten eine große Streiterei angefangen. Aber, besonnen, wie sie beide als Diebe waren, fanden sie einen Ausweg und beschlossen, Gultschin selbst zu fragen, wem sie nun eigentlich gehöre.

      Sie machten sich schnurstracks auf den Heimweg. Zu Hause angekommen, blieben sie vor der Tür stehen und riefen mit energischer Stimme: "Gultschin! Gultschin! Gultschin!" Jeder wollte sein Recht vor dem anderen beweisen. Sie riefen: "Komm heraus und sage uns, wer dein Mann ist!" Ihre Schnurrbärte zitterten dabei vor Aufregung.

      Die Frau stemmte die Arme in die Seiten und lachte: "Meint ihr, so eine angesehene Frau wie ich ist mit jedem Taugenichts zufrieden? Ich gehöre dem, der am tapfersten und ein Meister seines Faches ist!" Da blieb den beiden nichts übrig, als eine Probe ihres Könnens zu geben. Der Tagesdieb sprach zu seinem Gefährten: "Du, Kamerad, jetzt ist es Tag und gerade meine Arbeitszeit. Komm mit, damit ich dir meine Fähigkeiten zeigen kann!" Der Nachtdieb war einverstanden, und so gingen sie beide zum Basar.

      Es war gerade ein Freitag. Die jüdischen Geschäftsleute, die die Woche über ihre Waren auf Pump verkaufen, treiben an diesem Tag ihr Geld ein, um die Abrechnung für die nächste Woche zu machen. Einer von ihnen war als ein gutherziger Mann bekannt und sehr beliebt. Er trat gerade aus seinem Geschäft, als der Tagesdieb ihn erblickte und sich sagte, dass er sicher den wöchentlichen Gang tun werde, um sein Geld einzusammeln. Flugs heftete er sich an seine Fersen und beobachtete, wie der Jude in einem Geschäft zwei Lira, in einem anderen drei Lira bezahlt bekam. Jedes Mal steckte er den Betrag in einen kleinen Leinensack, den er sorgfältig unter seinem Gewand verwahrte.

      "Pass auf", flüsterte der Tagesdieb dem Nachtdieb ins Ohr, "ich komme trotzdem an das Geld!" Und wirklich, als der Jude wieder aus einem Haus heraustrat, wollte er die erhaltene Summe nachzählen und nahm das Säckchen in die Hand. Diesen Augenblick benutzte der Tagesdieb, riss es ihm schnell wie ein Tiger aus der Hand und verbarg es bei sich. "Bitte, gib mir doch mein Geld zurück!" jammerte der Bestohlene. Aber der Dieb antwortete frech: "Welches Geld? Du lügst! Ich hab dir doch nichts gestohlen!" Der Jude hörte nicht auf zu bitten, und bald hatte sich ein Kreis von Neugierigen um sie gebildet. Der Dieb blieb bei seinem unverfrorenen Leugnen, aber man schenkte ihm keinen Glauben, weil der Jude sehr beliebt war. Ein paar starke Burschen packten ihn fest am Gewand, und andere riefen die Polizei herbei.

      Die Schutzmänner betrachteten die beiden eingehend, strichen mit zwei Fingern ihre Bärte glatt, räusperten sich und baten den Juden zu sprechen. Er erzählte alles und schloss mit den Worten: "Bei Moses, ich bin bereit, dem Mann zu verzeihen! Wenn er mir nur mein Geld zurückgibt, so mag er straffrei ausgehen!" Der Tagesdieb bestritt jedoch eifrig den Diebstahl und fragte: "Hat jemand gesehen, dass ich ihn überfallen habe?" Da machte der Jude ein betroffenes Gesicht: "Ich habe keinen Zeugen, weil du mich so schnell und heimlich angegriffen hast!"

      "Gut", antwortete der Tagesdieb, "du hast also keine Zeugen, sehr schön! Aber wieviel Geld ist denn in dem Beutel?" Da musste der Jude zugeben, dass er keine Ahnung habe. Daraufhin richtete der Dieb einen langen und bedeutungsschweren Blick auf den Polizeimeister und sagte nach einer Pause: "Da seht Ihr, Herr, dass er lügt! Er weiß nicht einmal, wieviel Geld in dem Beutel, von dem er behauptet, dass er ihm gehört, ist! Bitte fragt ihn, ob i c h etwa das Geld gezählt habe!" Der Jude verneinte. Da rief der Spitzbube triumphierend aus: "Ich weiß aber, wieviel es ist!". Er nannte einen Betrag, und als das Geld gezählt wurde, stimmte die angegebene Summe auf Heller und Pfennig. Nun waren auch die Schutzleute von der Unschuld des Diebes überzeugt, und der Polizeimeister sprach: "Du hast recht. Der Jude hat selbst gestanden, dass du das Geld nicht gezählt hast. Also gehört der Beutel dir!"

      Aber der Jude gab noch nicht auf und bat: "Lieber Herr, glaubt ihm doch nicht. Alle Leute im Basar kennen mich und ....." - "Dieser reiche Jude will einem armen Mohammedaner sein Geld abgaunern!" empörte sich der Polizeimeister, und die Leute riefen zornig: "Macht ihm Beine, dass er verschwindet!" Da packten die Schutzmänner den Juden und versetzten ihm einen Stoß, so dass ihm nichts übrig blieb, als sich aus dem Staube zu machen.

      Selbstgefällig wandte sich der Tagesdieb seinem Gefährten zu: "Nun, wie findest du mich?" - "Sehr gut!" gab der Nachtdieb zu. "Aber warte nur, bis du mich gesehen hast heute Nacht!"

      Am Abend schlichen die beiden Diebe zum Palast des Paschas. Sie kletterten leise und flink wie die Eichhörnchen an einem Strick aufs Dach. Aber als sie sich von innen in den Hof hinuntergelassen hatten, kam schnatternd eine Gans, die das Amt des Wächters innehatte, angewatschelt. Zuerst erschraken die beiden sehr, dann fassten sie sich und versteckten sich im Dunkeln hintereinander. Als die Gans wieder vorbeikam, packte der Nachtdieb sie an der Gurgel und drehte ihr blitzschnell den Hals um. Dann gab er sie dem Tagesdieb und sagte: "Geh in die Küche und brate sie!" Der Tagesdieb verschwand, und der Nachtdieb blickte sich erst einmal in alle Richtungen um, dann schlich er an dem verschlafenen plätschernden Brunnen vorbei durch die weiten Höfe. Er sah im Mondlicht die bunten Kacheln schimmern mit der immer wiederkehrenden Schrift: "Allah ist groß." Nach einer Weile kam er zu einer Treppe, stieg hinauf und sah einen hellen Schein. Da wusste er, dass sich dort das Gemach des Paschas befand. Er erblickte den Herrscher, der auf weichen, zartfarbenen Polstern lag. Neben ihm auf dem Boden saß ein Märchenerzähler, der gerade die Geschichte von Sultan Mahmoud und Hajasi Khas vortrug. Der Mann blickte sehr schläfrig drein, und jedes Mal, wenn der Pascha einschlummerte, fielen auch ihm die Augen zu. Dann wachte der Pascha durch die plötzliche Stille wieder auf und gebot: "Hama, erzähle weiter!" Und Hama schreckte hoch und murmelte wieder einige Sätze.

      Der Nachtdieb beobachtete dies alles eine Zeitlang. Dann holte er einen großen Korb, band einen starken Strick daran und befestigte das andere Ende des Strickes an der Zimmerdecke. Als nun Hama wieder einnickte, hob er ihn flink und vorsichtig in den Korb und zog an dem Strick, bis der Korb mitsamt seinem schlummernden Inhalt unter der Decke schwebte. Dort würde er eine Weile seelenruhig schlafen.

      Der Nachtdieb indessen ließ sich auf Hamas Platz nieder. Alles war sehr geschwind geschehen. Nach der üblichen kleinen Weile erwachte der Pascha wieder und sagte schlaftrunken: "Erzähle weiter, Hama!"

      Der Nachtdieb hatte sich genau gemerkt, wo sein Vorgänger stehen geblieben war und fuhr mit der Geschichte fort. Inzwischen hatte er den lieblichen Geruch der gebratenen Gans in die Nase bekommen und rief leise nach seinem Kameraden, dem Tagesdieb. Der Pascha fragte im Halbschlaf unter seiner Decke: "Hama, was für eine Gans?" Der falsche Hama war nicht faul und antwortete sogleich: "Pascha, man hat damals eine herrliche Gans für Sultan Mahmoud gebraten!" Da schlief der Pascha beruhigt wieder ein. Nun schlich der Nachtdieb herum und sammelte alle kostbaren Dinge im Palast, deren er habhaft werden konnte, ein. Dann stahlen er und sein Kamerad sich mit der reichen Beute und dem köstlichen Braten dazu schleunigst davon und kehrten nach Hause zurück.

      Der Tagesdieb war nun sehr begeistert von den Künsten seines Gefährten, schlug ihm einmal über das andere auf die Schulter und erkannte neidlos seine Meisterschaft im Stehlen an. Am nächsten Morgen erwachte der Pascha und rief nach seinem

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