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Patienten zu versorgen, die keiner Versorgung bedürfen. Wir sind als Facharztgruppe seit April 1999 offiziell als Diplom-Psychologen zur Psychotherapieausübung unter der Bezeichnung Psychologische Psychotherapeuten (PP) unter dem Dach der Kassenärztlichen Vereinigung zugelassen und werden in diesem Rahmen für die Gesetzlichen Krankenkassen tätig. Da bundesweit cirka die Hälfte der bis 1999 im Gesundheitswesen tätigen Diplom-Psychologen mit Fachgebiet Psychotherapie nicht zugelassen wurden, muss es andere Gründe als unsere Zulassung geben, die abgerechneten Leistungen bei der Krankenkasse zu begründen. Interessanter ist die Tatsache, dass der Psychotherapiebedarf und das Psychotherapieinteresse in der Bevölkerung gestiegen sind. Diesen Bedarf spürt jeder PP in seiner Praxis: Es müssen Wartelisten geführt werden, da wir dieser Nachfrage nicht prompt nachkommen können.

      Das Anliegen dieses Buches ist, Menschen in Deutschland über die berufspolitische Lage meiner Berufsgruppe, Facharztgruppe, aufzuklären: Dieses Thema sollte jeden Menschen in Deutschland interessieren. Niemand kann ausschließen, nicht vielleicht doch einmal Unterstützung und Hilfe von uns zu benötigen. Aber nicht nur aus dieser persönlichen Perspektive ist dieses Thema von Wichtigkeit. Es ist auch gesellschaftspolitisch, wie ich im Band 1-1.2 ausführlich darstellte, von existenzieller Bedeutung für Menschen. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang stichwortartig an Descartes Paradigma vs. Leibkonzept Nietzsches und die Marxsche Entfremdungsformel, in der sich Karl Marx zentriert der Frage zuwendet, wie der Mensch zum Menschen stehe. Der grundsätzliche Blick auf Menschen folgt in der Gegenwart der Gesundheitswirtschaft und ihrer Intention, Gewinn und Kapital aus dem Gesundheitswesen, sprich aus einerseits Patienten und andererseits Psychologischen Psychotherapeuten und Ärzten, zu erwirtschaften. Diese wirtschaftliche Intention und politische Praxis empfinde ich als Widerspruch zum Heilungsauftrag des Hippokratischen Eides und dies gab mir die Motivation, das vorliegende Buch zu schreiben – ebenso wie den Band 3, der sich dann vertiefend mit der Darstellung der Gesundheitswirtschaft in unserem Leben befasst. Nun forderte im Herbst 2007 die Psychotherapeutenkammer dazu auf, Patienten und Krankenkassen über die unmögliche Honorarsituation der psychologischen Psychotherapeuten zu informieren – dies traf ebenso ein eigenes wie das Anliegen meiner Berufskollegen. Insofern wird auch das Thema Honorare im vorliegenden Buch Darstellung finden.

      Wenn ich also einerseits die Dringlichkeit und Notwendigkeit von Behandlungen für Patienten und andererseits das allgemeine Interesse der Krankenkassen in Bezug auf unsere Berufsgruppe an den Anfang des Buches stelle, dann ist damit gleichzeitig gesagt, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass wir als Berufsgruppe überhaupt existieren. Aus dem Titel des Buches ist zu entnehmen, dass wir als „Psychologische Psychotherapeuten“ offiziell in die Kassenärztliche Vereinigung (KV) integriert wurden. Aber haben wollte man uns nicht – und das will man auch jetzt noch nicht – oder eben so, wie Rainer Richter es wie oben zitiert formulierte: Psychotherapie als Ergänzung der Medizin. Denn so kann man uns auch wieder weiter unterordnen, billige Psychologische Psychotherapeuten in ärztlichen Praxen und Kliniken anstellen und das heißt, vor allen Dingen an uns verdienen und zusätzlich ein modernes gesundheitspolitisches Verständnis als Feder an den Hut der Mediziner stecken. Gründe und Auswirkungen im Berufsalltag, Bedeutung unseres Berufsrechtes und das ausgeklügelte Vorgehen von Medizin und Ärzten im Fachbereich Psychotherapie und dem Gebiet der Psychosomatik lassen nur den Schluss zu, dass wir wieder abgeschafft werden sollen: wohl nicht formal als Psychologische Psychotherapeuten, aber bezüglich unserer Berufsinhalte und unserer Berufsrechte. Hinzu tritt die miserable Honorarsituation, wegen der wir seit 1999 klagen – letztendlich ohne Erfolg trotz Angleichung unserer Honorare auf den geforderten Ursprungswert von vor 10 Jahren. Es gibt immer wieder Fallen in den ausgeklügelten Honorarberechnungen und politischen Argumentationen, die das Gegenteil von dem verwirklichen, was wir einerseits für die Versorgung von Patienten und andererseits für unsere berufliche Existenz fordern.

      Nun steht im Rahmen der Gesundheitswirtschaft der Ausverkauf unserer Berufsfachgruppe in Medizinische Versorgungszentren (MVZ) aufgrund eines im Vergleich mit Ärzten eingeschränkten Berufsrechtes bevor. Ärzte können Psychologische Psychotherapeuten, aber Psychologische Psychologen keine Ärzte anstellen bzw. Psychologische Psychotherapeuten können MVZen nicht selbstständig und unabhängig von Ärzten gründen und leiten. Damit verliert unsere Berufsfachgruppe neben anderen Begleiterscheinungen ihre Eigenständigkeit – beziehungsweise wird auf Dauer stillschweigend in ärztlichen Hilfsdiensten und Modulen von der Bildfläche in der Gesundheitswirtschaft verschwinden. Denn zusätzlich wird, dem cartesianischen Paradigma folgend, für Störungsbilder symptomorientiert Modul-Medizin und Modul-Psychotherapie entwickelt: das bedeutet, die Geschichte eines Menschen und die Gründe, weshalb es zu Erkrankungen kommt und kam, fallen weg – es wird nur noch Pflaster-Medizin betrieben. Die Geschichte des Menschen wird dann auch im Gesundheitswesen reduziert bzw. ausrangiert. Symptome dirigieren Behandlung, Leben und Gewinne. Dokumentiert werden sollen auf der Gesundheitskarte aus Kostenersparnisgründen alle Symptome, Behandlungen und Medikamente. Mit diesen Daten werden weitere von Patienten zu bezahlende Tarife ersonnen, mit denen Fehler im Gesundheitswesen kostenmäßig aufgefangen werden. Für die Psychotherapie werden seit Januar 2008 Zulassungen davon abhängig gemacht, Nutzennachweise hinsichtlich verschiedener Störungsbilder vorzulegen – neben den bisher geforderten anerkannten Psychotherapieverfahren, können nun auch Psychotherapiemethoden, „die diese Bandbreite nicht aufweisen, sondern hochspezifisch für bestimmte Störungsbilder entwickelt wurden, GKV-Leistung werden.“ (Deutsches Ärzteblatt, PP, Heft 1, Januar 2008, S. 6) Das bedeutet Modul-Psychotherapie, die ähnlich wie in der Verhaltenstherapie, Symptome bekämpft und sich weder für generelle Lebenszusammenhänge noch individualgeschichtliche Zusammenhänge interessiert.

      Aber mehr denn je erscheint es im gesamtgesellschaftlichen Kontext von immenser Wichtigkeit und Bedeutung, geschichtlich allgemeine und individuelle Zusammenhänge zu verstehen und aus diesem Wissen heraus Menschen psychotherapeutisch und medizinisch zu behandeln. Das Symptom, die Krankheit ist Fingerzeig der Seele, aber nicht Ursache. Verstehen Menschen diese Zusammenhänge generell oder in ihrer persönlichen Entwicklung nicht, werden sie immer wieder krank werden und nicht verstehen, warum sie krank werden oder auf eine bestimmte Art und Weise reagieren und immer neue Symptome hervorbringen. Die Seele wird keine Ruhe geben, bis die Zusammenhänge, weshalb der Mensch krank wurde, emotional klar geworden sind – ebenso wird die Seele keine Ruhe geben, bis Menschen unter einer ethisch und moralisch klaren und allgemein verbindlichen Werteordnung gemeinsam leben werden.

      Generell gilt: Psychische Erkrankungen sind europaweit auf dem Vormarsch. Von daher kann jetzt schon festgestellt werden, dass Psychologische Psychotherapeuten bezüglich ihrer Tätigkeit in der Bevölkerung notwendiger denn je sind: Psychotherapeuten mit tiefenpsychologischen und psychoanalytischen, mindestens aber geschichtlichen und besser noch, einem sich offen haltenden Verständnis für das Wirken der Seele im Menschen. Eine Aussage wie „Psychische Erkrankungen sind europaweit auf dem Vormarsch“ muss zum Nachdenken hinsichtlich der Gründe über diese Faktenlage anregen – und nicht ausschließlich ein ökonomisch gesteuertes Denken wie reduzieren wir Leiden von Menschen ganz schnell auf Symptome und schaffen sie aus der Welt. Symptomreduzierung trägt nicht zur Kostensenkung bei – sondern ist nur als Informationsmaterial für Statistiken der Krankenkassen gut und stimmt die Versicherten gut lesbar auf Symptom- und Diagnoseorientierung ein. Der Mensch, der verschiedene Symptome nacheinander ausbildet, fällt dann in verschiedene Cluster der statistischen Berechnungen. Ein und derselbe Mensch taucht anonymisiert an verschiedenen Stellen in der Statistik auf: einmal als quasi geheilt, soll heißen, Symptom getilgt und einmal als Träger eines neuen Symptoms, dass in Folge auftritt, WEIL DER LEBENSZUSAMMENHANG UND DASS WAS DIE SEELE BERÜHRT, IN DIESEN MODUL-PSYCHOTHERAPIEN ODER MEDIZINISCHE BEHANDLUNGEN ERGÄNZENDEN PSYCHOTHERAPIEN NICHT BERÜCKSICHTIGT IST. Die Seele gibt keine Ruh’ auch wenn die Ökonomen der Gesundheitswirtschaft und die Politiker im Gesundheitswesen dies gern so hätten. Angemerkt sei vorweg, dass ich keinesfalls gegen verhaltenstherapeutisch tätige Kollegen im vorliegenden Buch anschreibe: Aber ich schreibe an gegen die Politik der Verhaltenstherapie im Fachbereich Psychotherapie – und ebenso gegen das standespolitische Denken der Medizin im Fachgebiet der Psychosomatik, die sowohl die tiefenpsychologischen und die verhaltenstherapeutischen Bereiche aus dem Fachbereich der Psychotherapie herausfallen lassen möchte.

      Ein Bündel Ruten

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