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und überspitzt mindestens 350,00 bis 500,00 Euro (ohne Abzug der Fahrtkosten aufgrund der Steuergesetzgebung – man wohnt in Praxisnähe) am Ende einer probatorischen Sitzung auf dem Praxistisch liegen: Denn in unsere Leistung fließen das jahrelange Studium, die zusätzlichen psychotherapeutischen Ausbildungen, die Vielfalt an bereits behandelten Patienten, die erst eine Differenzierung durch Praxis, Erfahrung und Fähigkeit im Psychotherapeuten hervor bringen, in jedem Augenblick des Gesprächs mit dem Patienten mit ein. In unserem Bereich hieße das: Je mehr Berufsjahre, desto teurer die Sitzung, desto wahrscheinlicher der Erfolg im Behandlungsfalle – Ausnahmen bestätigen auch hier wie immer die Regel. In dieses Honorar würden selbstverständlich die Ausstattung der Praxis mit und ohne Sekretariat einfließen und die Anfahrtswege zur eigenen Praxis, um Patienten behandeln zu können, mit einbezogen. Und selbstredend müssten die Leistungen auch von der Krankenkasse in Urlaubs- oder Krankheitszeiten übernommen werden, wie es in früheren Zeiten bei Psychoanalytikern Gang und Gäbe war: Patienten zahlen durch – so, wie es bei vielen Musik-, Hausaufgabengruppen- und Nachhilfelehrern selbstverständlich akzeptiert und geregelt ist.

      Die Zeit der Regeneration, um diesen Beruf ausüben zu können, muss bezahlt werden. Die Krankenkassen und die KVen haben nicht nur eine offizielle Fürsorgepflicht ihren Versicherten, sondern auch ihren Leistungserbringern, nämlich uns, gegenüber.

      Gleichzeitig sind nun endlich die von Patienten aus unterschiedlichen Gründen nicht wahrgenommenen Sitzungen (Thema "Durchzahlen") abrechnungsfähig zu stellen: Es ist ein Unding, dass man uns zumutet, Menschen einen Therapieplatz, und damit Zeit, zur Verfügung zu stellen, die dann nicht bezahlt wird, wenn die Sitzung nicht stattfindet! Patienten bekommen auf lange Zeit wöchentliche Termine von uns, die auch dann für diesen Zeitraum von den Krankenkasen zu finanzieren sind. Und nicht, so wie gegenwärtig, dann nicht abrechnungsfähig sind. Denn wir haben den Druck, sozusagen aus dem Stand täglich für eine volle Praxis zu sorgen, die im Falle von nicht wahrgenommenen Sitzungen, eine leere Praxis und zusätzlich, leere Konten und ggf. Abmahnungen der KVen nach sich ziehen: denn aus der Abrechnung sind dann lediglich die stattgefundenen Sitzungen ablesbar.

      Mein Vorschlag wäre also der, dass Kollegen die Leistungen, wie sie in probatorischen Sitzungen automatisch und reflexartig erbracht werden, auflisten, sammeln und als Einzelleistungsziffern zusammenstellen und mit Honoraren, wie sie in einer probatorischen Sitzung erbracht werden, abrechnungsfähig aufgeführt an den entsprechenden Stellen vorlegen.

      Wir leben alle in einer Leistungsgesellschaft – weshalb wir sekündlich bis stündlich fachspezifisch Leistungen erbringen sollen, die nicht bezahlt werden, entbehrt jeglicher Grundlage und ist nicht nachvollziehbar: Zumal wir als Facharztgruppe überall in unserer Kultur, ob beim Bäcker, bei Servicefirmen, Autowerkstätten oder Sanitärbetrieben fast ein Sauerstoffzelt bei Präsentationen der Rechnungen benötigen, wie eine Verkäuferin bei Karstadt dies formulierte: „Passen Sie auf, ob Garantiezeiten in ihrem Kaufvertrag vereinbart sind, sonst benötigen sie ein Sauerstoffzelt, wenn Sie die Rechnungen von Handwerkern bekommen!“ Greift man Lieferungs- und Montagekosten für Möbel auf, wie ich sie mir im Juli 2008 bei Ostermann anlässlich des Kaufes eines Bettes mitgeteilt wurden, baut man es besser selbst auf. Bei Anlieferung innerhalb des Ortes werden 50 Euro fällig. Die Montage kostet 100 Euro, „weil es sich um eine qualifizierte Fachleistung handelt“, so die Erläuterung des Verkäufers. Kauft man ein Luxusauto, sollte man es unterlassen mit dem Verkäufer über den Verkaufspreis zu verhandeln, auch bei Mercedes Benz, weil sie ausschließlich über Provisionen verkaufter Automobile verdienen! Das würde man bei einem international tätigen Automobilhersteller nicht vermuten. Geht man in den Hellwegmarkt, findet man Verkäufer, die einem Rosen, die an Stöcken angebunden sind, als Stockrosen verkaufen wollen, wenn man überhaupt einen Verkäufer in den großen Hallen ausmachen kann! Als Kunde hat man ein Knöpfchen zu drücken, das als Klingel fungiert, damit der Verkäufer von einer Halle zur nächsten eilen kann, weil Personalkosten eingespart werden. Service? Hat man zu bezahlen! Freundlichkeit? Hat nichts mit dem sachlichen Vorgang im Verkaufsvorgang zu tun! Wer also den Standort nicht verlagert, spart am Orte an Personalkosten. Fachwissen? Darf man nicht verlangen! Ausbildung bekommt der Verkäufer von den Käufern, die ihn aufklären, was „Stockrosen“ sind! Diese Betriebe interessieren sich auch nicht dafür, ob Bürger das Geld für die Produkte besitzen. Wenn wir also alle in einer Leistungsgesellschaft gemeinsam leben und arbeiten, dann gilt dies ebenfalls für Honorare in unserem fachärztlichen Bereich der psychologischen Psychotherapie. Psychologische Psychotherapeuten wurden jahrelange gezwungen, mit einer Mindestanzahl von Kassenpatienten zu Honoraren in oben genannter Höhe zu arbeiten. Ihnen wurde mit Entzug der Kassenzulassung gedroht, wenn sie es nicht taten. 2006/2007 waren 45 Zulassungen von Psychotherapeuten vom Entzug durch die KVWL bedroht – undifferenziert nach den Gründen, warum es zur Androhung des Entzuges kommt, kann gesagt werden, dass dieser gesamte Vorgang einmalig in Deutschland war. Weder durch Klagen noch durch vermittelnde Gespräche wurden unsere Honorare bis März 2009 auf eine akzeptable Höhe gebracht.

      Ende Oktober 2006 berichtete die Financial Times Deutschland, Kassenzulassungen sollten nur noch befristet vergeben werden und Verlängerungen nur erfolgen, wenn Kassenpatienten zügig Termine bekommen. Dazu ist nur sarkastisch anzumerken: Da spricht offenbar ein mit absoluter Unkenntnis Geschlagener. Denn die Wartezeiten kommen nicht zustande, weil man in der Praxis säße und Däumchen drehte. Das Gefüge der Wartezeiten ist komplexer angelegt, wie aus dem vorliegenden Buch an verschiedenen Stellen deutlich werden wird. Offenbar fängt man bei den Psychologischen Psychotherapeuten mit der verschärften Politik zur Arbeitsverpflichtung zu völlig indiskutablen Honoraren an.

      Steht ein unentgeltlicher Arbeitsdienst für Psychologische Psychotherapeuten bevor, der durch die KVWL unter Androhung des Zulassungsentzuges durchgesetzt werden soll?

      Der KV-Empfehlung, Praxiseinnahmen über die Behandlung von Privatpatienten anzuheben, damit man überhaupt noch über die monatlichen Runden kommen kann, stehen öffentliche Verurteilungen und Verteufelungen seitens der Ärzte gegenüber: Sie bekommen den schwarzen Peter, als „Zweiklassenmediziner“ zu arbeiten, zugeschoben. Diese Empfehlung für Ärzte soll offenbar keine Gültigkeit für Psychologische Psychotherapeuten haben: Denn, wenn sie verpflichtet werden, Kassenpatienten zügig Termine unter Androhung des Entzugs der Kassenzulassung zu vergeben, werden sie weder durch einen anderweitigen Nebenjob noch durch Privatpatienten ihre Honorareinnahmen steigern können – und gehen pleite. Folgt man der Information der Financial Times, so kann dies als ein Weg zur Abschaffung der psychologischen Psychotherapeuten verstanden werden: es gibt noch weitere Wege, die Berufsausübung zu verunmöglichen. So klagen Psychologische Psychotherapeuten seit 1999 auf angemessene Sitzungshonorare. Nichts Wesentliches passiert. Zusätzlich erbringen alle Psychologischen Psychotherapeuten genauso wie die Ärzte für Psychotherapie zahlreiche Leistungen kostenlos – weil sie nicht abrechnungsfähig sind. Sprich, es gibt keine Leistungsziffern zur Abrechnung.

      Zu Anfang des Jahres befragt man in verschiedenen Kulturen ein Orakel, wie das Jahr wohl werde. Das deutsche Ärzteblatt aus dem Januar 2008 erspart den Gang zum Orakel gleich zweimal:

      Es geht um die Honorare 2009 – 2008 wird gleich übersprungen und man kann direkt daraus schließen, dass es sowieso zu keiner Erhöhung der Honorare in meinem Berufsfachbereich kommt. Der mitgeteilte Inhalt klingt delphisch und widersprüchlich.

      Hören wir Dieter Best, Mitglied im Beratenden Fachausschuss Psychotherapie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): „Mit dem EBM 2008 kann man leben“ – das freut uns zu hören, wäre hier zu entgegnen.

      Weiter: 2009 würde die regional unterschiedliche Honorarsituation beendet – dann bekommen alle gleich hohe Honorare. Das sei positiv, bewertet Dieter Best – wobei noch unklar ist, durch welche Richtung die Gleichheit der Honorare, ob nach unten oder nach oben, erzielt wird.

      Weiter, und jetzt wird es interessant: „’Von 2009 an sehen wir aber auch ein Riesenproblem auf uns zukommen’, ergänzt Best. Zwar ist er überzeugt, dass die Politik Ärzten und Psychologischen Psychotherapeuten insgesamt mehr Honorar zugestehen will. Doch wir sind in Sorge, dass sich das für unsere Berufsgruppe nicht positiv auswirkt.’ Bisher liegt der Punktwert der Psychologischen Psychotherapeuten bei rund 5,1 Cent. Der

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