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der Kurfürst seinen Erbförster an. „Ein Mädchen aus dem Ort unten am Soonwald brachte Euch einen Karren Kartoffeln, Eure Durchlaucht. Euer Knecht kümmert sich darum.“ Ich sah ihn um die Ecke des Hofes kommen.“ Der Förster lächelte.

      Der Kurfürst und sein Erbförster

      „Also, habt Ihr Euren Helfern Anweisungen gegeben, keinen Raubbau mehr mit dem Holz zu betreiben?“ Der Kurfürst wartete auf eine Antwort. „Ja, das habe ich. Wir teilen den gesamten Wald in kleine Abschnitte, vermessen alles und setzen hauptsächlich Nadelbäume. So ist unser Vorgehen in der nächsten Zeit.“

      Lene

      Die Gedanken des Försters schweiften ab. Er sah Lene vor sich stehen, dieses unschuldige Mädchen mit den roten Wangen. Die weiße Haube und ihr rotes Kleid untermalten das alles. „Ich will sie wiedersehen.“ Lene rieb sich müde die Augen. Mit nackten Füßen stand sie auf dem lehmigen Boden der Hütte, in der sie mit ihrem Vater lebte. Ihr Kleid rutschte von den Schultern und die Schürze hing in Falten an ihrem Kleid aus beigem Linnen herunter. Hasso, der Hund des Bauern Franz schlawenzelte um Lene herum und beschnupperte sie ausgiebig. Mit weiten Augen sah er sie an. Wasser plätscherte aus einem Rohr in der Wand in einen Holztrog. Eine dunkelgraue Decke legte sich über das kleine Dorf. „Ach Mutter, würdet Ihr doch noch leben“, schluchzte sie. „Legt Euch schlafen, Lene! Macht Euch das Lager zurecht!“ rief ihr Vater, der vor der Hütte noch Holz hackte. Schnell legte sich Lene ein Bündel Stroh in eine Ecke der Küche, in der das Feuer noch nicht erloschen war. Darüber breitete sie ein Laken aus und legte sich zur Ruhe. Rasch schlief sie ein. Die Sichel des Mondes stand genau vor dem Eingang des Hauses am dunklen Himmelszelt. Bei der Geburt ihres zweiten Kindes starb Lenes Mutter, ihr Vater heiratete nicht mehr. Leise schichtete er das Holz zu einem Haufen, das Lene am Morgen darauf brauchen würde. Dann legte auch er sich schlafen. Bereits nach dem ersten Hahnenschrei stand Lene von ihrem Lager auf und gähnte. „Fängt das alles wieder von vorne an!“ kommentierte sie, holte das kleine Jutesäckchen vom Regal in der Küche und stellte es auf dem Tisch bereit. Darauf lief sie barfuß zu den Holzscheiten, nahm und legte diese auf die Feuerstelle. Von einem der Scheite riss sie einen Span ab, wetzte zwei Steine solange aufeinander und hielt sie ganz dicht an das Holz, bis es glühte. Dann eilte Lene zurück zum Tisch, griff nach einem Tongefäß und schüttete ein wenig Wasser hinein. Aus dem Säckchen füllte sie eine Handvoll Mehl in das Wasser und knetete das zu einem Teig. Diesen Klumpen brach die fünfzehnjährige in zwei Stücke. „Diesen Ballen mache ich fertig, wenn die Sonne im Süden steht“, sinnierte sie. Den anderen Teigklumpen warf Lene in das nun prasselnde Feuer. „Jetzt dauert es nicht mehr lange, dann steht auch Vater auf“, dachte Lene. „Ich muss mich sputen!“ Das Mädchen zuckte zusammen, denn in diesem Augenblick wälzte sich Franz im Schlaf auf seinem Lager und stöhnte. Darauf schlief er weiter. Lene schaute zuerst nach ihrem Vater, dann nach dem Brot im Feuer. „Das braucht noch etwas. „Als nächstes hole ich ein wenig Milch unserer einzigen Kuh im Stall.“ Lene berührte sanft die Euter der Kuh und so ergoss sich etwas Milch in einen hohen Holzbecher. Auf diesen steckte Lene einen Deckel. Sie schüttelte kräfig. Schnell huschte Lene auf und ab und stellte den Holzbecher auf den Tisch.Auf leisen Sohlen schlich sie sich zum Kessel und goss Wasser aus einem bereitstehenden Eimer hinein. „Nun noch einige Minzblätter und gleich ist das Mahl für den Morgen fertig.“ In der Küche breitete sich ein würziger Duft aus, der den gesamten Raum erfüllte. Lene betete ganz leise vor sich hin, während sie arbeitete. „Würde Mutter doch noch leben, könnte ich schlafen. Ach Mutter!“ „Wir jagen nur Hasen, Füchse und Dachse. Mit ein wenig Glück erwischen wir vielleicht auch noch ein Reh“, säuselte Ludwig zur gleichen Zeit, als sich Lene zum Schlafen legte. „Ihr wisst ja, dass uns die Jagd verboten ist.“ „Die Hauptsache ist doch, dass wir endlich mal wieder unsere Bäuche voll bekommen“, wisperte Heinrich. „Von meinem Vater liegt noch eine alte Falle in der Ecke dort hinten“, hauchte Ludwig und zeigte auf eine kleine Holztruhe mit eisernem Riegel. „Und ich habe ein kleines Netz, mit dem wir jagen können“, redete Heinrich leise weiter. „Über andere Jagdgeräte verfüge ich leider nicht, verdammter Mist!“ fluchte Ludwig. „Wäre das gut, hätte ich noch eine Schlinge oder eine Leimrute.“ „Nutzt ja alles nichts. Nehmt Eure Falle und dann machen wir uns auf den Weg. Vergesst Euer Messer nicht, Ludwig. Das brauchen wir. Die Nacht lag über dem Tal, die brennenden Kerzenstummel in den wenigen Hütten erloschen. „Laufen wir in den Wald hinein und hinauf auf das Bergmassiv, Ludwig, schaffen wir es unter Umständen, das Wild in einen Abgrund zu treiben. Das ist zwar beschwerlich, doch wir brauchen Nahrung. Macht Euch da mal keine Gedanken. Wir können auch Vögel jagen, Falken zum Beispiel.“ Heinrich kannte sich sehr gut mit den Jagdmethoden aus. Sein Vater hatte neben der Landwirtschaft noch eine Anstellung als Jäger. Manchmal nahm er seinen Jungen mit zur Jagd. „Außerdem, was haltet Ihr davon, Ludwig, eine Grube zu graben, um Wild zu fangen? Nehmt Euch noch ein Werkzeug mit!“ Über Felder und Wiesen näherten sich die Männer dem Soonwald. Der volle Mond schien vom nachtschwarzen Himmel. Eine Eule stieß ihr „huhuu“ aus, Vögel zwitscherten und raschelten in den Blättern der Bäume. „Rehe könnten wir ganz in der Nähe des Berges finden, wo auch die Laubbäume stehen. Lass uns dort eine Grube graben, Ludwig“, sagte Heinrich. Der Ort lag weit hinter ihnen, Heinrich und Ludwig waren ungestört. Sie liefen über raschelndes Laub hin zum Bergmassiv. Der Mond stand direkt über dem Gebirge. Zuerst nahm Ludwig den Spaten und trat mit seinen Schnürstiefeln darauf und grub ein Stück Erde nach dem anderen aus und warf es in den Wald hinein. Als er nicht mehr konnte und eine Pause brauchte, übernahm Heinrich diese Arbeit. Der Boden löste sich durch den Regen der letzten Tage sehr leicht heraus, bis ihnen die Grube tief genug erschien. „Eure Falle, Ludwig, stellen wir an den Rand des Waldes in die Nähe des Feldes. An diese Stelle halten sich gerade in der Nacht Hasen auf.“ Heinrich überlegte genau. „Kommt Ludwig,verstecken wir uns im dichten Dickicht!“ Sie legten sich auf die Lauer. Lange Zeit rührte sich nichts. Plötzlich hörten sie ein scharrendes Geräusch. „Ludwig, das kann nur die Falle sein. Schauen wir einmal nach.“ Die Männer verließen ihr Versteck. Ein Hase lag in der Eisenfalle. „Durchtrennt dem Tier die Gurgel vorsichtshalber. Dann packen wir den Hasen in den Sack.“ Wies Heinrich an. „Stellt die Falle wieder auf!“ Dann horchten Ludwig und Heinrich erneut auf. Ein Fiepen, Schreien und Klagen durchdrang den Wald. „Was war das denn?“ fragte Ludwig. „Gehen wir doch den Lauten nach, Ludwig“, riet Heinrich und ging voraus. „Wir nähern uns der Grube, Heinrich, wenn mich nicht alles täuscht. Heute Nacht meint der Herrgott es wirklich gut mit uns!“ Ludwig betete inbrünstig. „Seht nur, Ludwig, hier zappeln Rehe und ich glaube, auch ein Rehbock ist dabei. „Wir machen es so, dass Ihr in die Grube steigt und dem Wild die Kehle durchschneidet, einem nach dem anderen. Ich reiche Euch von hier oben einen Strick nach unten, womit ihr die Tiere fest verknotet und ich ziehe sie nach oben. Beeilt Euch, denn wir müssen die Grube wieder verschließen.“ Noch vor dem Morgengrauen kamen die Männer in ihren Hütten an und versteckten das Wild in der Truhe Heinrichs. „Kommende Nacht kümmern wir uns um das Ausnehmen und Zerteilen. Jetzt gehen wir erst einmal schlafen.“

      Das Utschhaus am Rhein

      Wunderschön mit grauen Schieferplatten bedeckt ragte der Giebel hoch hinauf. Ornamente zierten den unteren Teil des Daches und die einzelnen Abschnitte des schieferbedeckten herrschaftlichen Hauses mit dem Fachwerk. Die weiß gerahmten Fenster mit den Sprossen und der vordere herausstehende Erker machten das Haus des Försters zu etwas ganz Besonderem. Die Jagd war zu Ende. Erst nach dem Wochenende würde Friedrich Wilhelm Utsch wieder in die Pfalz reiten. „Johann, sattelt mir mein Pferd!“ rief Utsch seinen Knecht. Hurtig eilte er in den Stall und hängte den schönen Sattel von einem Nagel an der Wand. Mit rosa Samt überzogen und goldenen Fransen, Nähten und Knöpfen verziert, streichelte Johann über diesen edlen Stoff, bevor er den Stall verließ und den Gaul sattelte. Danach verschwand er wieder. Utsch stieg auf sein braunes Ross. In Windeseile, angetrieben von seinem Reiter, fegte der Gaul mit seinen Hufen über das Gras der Wiesen, suchte sich einen Weg über das Getreide der Felder und durch das Laub des Waldes an den Orten Gensingen und Bingen über Lorch nach Bacharach. Dort stieg Utsch von seinem Pferd ab, den

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