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seiner weißen Lockenpracht, über seinem weißen Hemd mit hohem Kragen und feiner Rüschenzier trug er eine Weste. Im Wald angekommen ließen die Männer ihre Jagdhunde von der Leine und die Hunde rannten los.Sie wandten sich durch dichtes Gestrüpp, liefen leichtfüßig über das Laub der Erde, vorbei an Tannen und Laubbäumen.Wolken bedeckten den hellblau strahlenden Himmel. Schneller als der Wind, der in diesen Herbsttagen über das Land fegte, spannten die Hunde ihre schmalen Leiber. Aufgeschreckt schlugen Hasen ihre Haken, Hirsche und Rehe sprangen aus ihren Verstecken und Wildschweine suchten schnell das Weite. „Schlagt eine große Fläche kahl!“ kommandierte der Förster seine Männer, die mit ihren Äxten und Beilen auf die Baumstämme schlugen, bis die Bäume fielen und auf den Boden krachten. „Dieses Jahr soll das Stück die Richtstätte sein, um die Hirsche und Wildschweine zu erlegen. Sputet Euch! Der heilige Eustachius wird sich mit uns verschmelzen, denn er ist der Schutzpatron der Jäger. Also lasst uns beginnen!“ Gut gelaunt pfiff der Förster ein Lied. „Das Fleisch des Wildes verschmilzt mit uns und wir werden stark sein wie unsere Opfer, wenn wir sie verzehren.“ Friedrich Wilhelm Utsch lachte herzlich und guten Mutes. Er nahm seinen Dienst sehr ernst. Bereits einige Jahre zuvor schenkte ihm der Kurfürst für seine gute Arbeit ein Stück Wald. „Für Eure treuen Dienste“, so eröffnete Karl Theodor seine Rede, „schenke ich Euch das obere rechte Viertel des Waldes und eine Hütte dazu. Das soll neben Eurem Sold Eure Belohnung sein .“ Der Kurfürst und sein Erbförster besiegelten die Abmachung mit einem kräftigen Handschlag. Seit 1742 regierte er nun in der Pfalz, lebte jedoch die meiste Zeit in seiner Residenz in München. Einige Monate im Jahr besuchte der Fürst seinen Herrschaftssitz in der Kurpfalz. Das Raunen und Flüstern der Bauern gedieh zu einem gewaltigen Aufschrei. „Sind wir auf dieser Erde nur das letzte Stück Dreck? Für jede Fronarbeit unseres Fürsten sind wir gerade gut genug. Und was ist unser Lohn dafür? Wir haben nichts zu essen, doch dem Kurfürsten und dem Klerus müssen wir Steuern zahlen. Wir geben genug von unserer Ernte auf den Äckern und dann verlangt er noch von unserem Vieh! Selbst die Jagd verbietet uns der Fürst! Wir leiden Hunger und der Adel füllt sich die Bäuche auf unsere Kosten!“ Heinrich schüttelte seinen Kopf mit den verfilzten Haaren, der ständig juckte. „Dann ist es noch der Großzehnt und der Kleinzehnt, den der Adel von uns verlangt und den müssen wir erbringen, ob wir dazu in der Lage sind oder nicht. Das interessiert die hohen Herren nicht. Hauptsache, ihnen geht es gut“, meinte Anton. „Ja. Außer den Steuern sind es die Zölle und die Zinsen. Wir haben nichts mehr an Nahrung, da ich erst kürzlich meine Abgaben entrichtete. Sagt mir, wie soll es nur weitergehen?“ Ludwig schluchzte. „Ich weiß nicht mehr, was ich meinen Kindern zu essen geben soll.“ Zerrissen hingen die Lumpen an ihren Leibern herunter, die Beinlinge aus grobem Leinen und ihre Wamse. Die Männer standen in einer Gasse zwischen den Häusern und unterhielten sich. „Mit dem Pflug fahren wir Stunden über den Boden unserer Äcker und schneiden das Getreide, aus dem wir unser tägliches Brot backen könnten, doch es bleibt uns nichts übrig.“ Tränen rannen über die blassen Wangen Heinrichs. „Wisst Ihr was?“ begann Ludwig, „bei der Ernte des Korns bleiben immer Überbleibsel in meinem hölzernen Karren zurück. Manchmal ist das sehr viel. Die Körner und die kleinen Halme zermahle ich zu Hause zwischen zwei Steinen und lege mir davon einen Mehlvorrat an. Dieses gemahlene Mehl packe ich in kleine Leinensäckchen, die meine Frau aus Leinenresten näht und stelle sie auf ein Holzregal in der Küche. Diese Säckchen binde ich dann zu. So kann mein Weib selbst im Winter so dann und wann kleine Brotfladen backen und wir haben fast das ganze Jahr hindurch wenigstens das, was wir verzehren können. Oft ist das alles, was wir dann speisen können.“ Ludwig zwinkerte verschmitzt mit dem Auge. „Was gäbe ich darum, wenigstens zu den Festtagen mal ein Stückchen Fleisch zu essen oder auch Gemüse. Das fehlt und der Kurfürst lässt im Soonwald jagen. Das ist so ungerecht und er gibt uns nichts davon, obwohl wir das ganze Jahr hindurch für ihn arbeiten.“ Anton zitterte an seinem Leib.

      Am Hofe des Kurfürsten

      Heute morgen erst verließ die Jagdgesellschaft das Jagdschloss des Kurfürsten Karl Theodors. Erhaben lag es am Mühlenteich mit seinen majestätischen Erkern, auf denen die Kuppeln thronten. Lustig lachend saßen der Förster und seine Jäger mit dem Fürsten zusammen. Knechte und Mägde liefen emsig in die Lagerräume des Hofes mit den angrenzenden Ställen, in denen die Hühner gackerten, die Schweine grunzten und die Kühe ihre Laute von sich gaben. Die Bediensteten schleppten Holz und viele Eimer klaren Wassers, das sie aus dem Brunnen schöpften. Fleißig sputeten sie sich, legten Datteln und Feigen mit Äpfeln, Birnen und Pflaumen auf einen großen, schön bemalten Teller. Über einer Feuerstelle in der großen Küche baumelte ein großer eiserner Kessel an einer Kette von der Decke, in dem sie verschiedene Sorten Fleisch brieten und in einem anderen Erbsen, Bohnen und Meerkohl zubereiteten. Besonders schmackhaft war dieser Meerkohl mit seinen dicken und fleischigen Blättern. Das alles servierten sie der feinen Gesellschaft. Mit ihren Händen nahmen sich die Männer, sie füllten ihre leeren Teller bis zum Rand und schmatzten tüchtig. „Nur wem es auch schmeckt, der rülpset und furzet!“ forderte der Kurfürst lachend auf. Bier und Wein flossen an diesem Abend und der anbrechenden Nacht in Strömen. Die Männer hoben ihre Zinnbecher. „Prost!“ rülpste der Förster und trank seinen Wein in einem Zug. Nur Friedrich Wilhelm Utsch besaß das Recht, als Erbförster des Kurfürsten Karl Theodors, das Wild mit seinen Männern zu jagen. Die Sonnenstrahlen an diesem Tag vor der Jagd brachen sich ihre Bahn durch die hohen, mit zarten Sprossen versehenen Fenster mit ihren runden Bögen. Mit goldenen Figuren und Ornamenten verziert war die weiße Tür, vor der die eingeladenen Gäste tanzten. Gemälde von edlen Damen in verschiedenen Posen erstreckten sich an den Wänden entlang und eine breite Bordüre mit weißen wie goldenen Dekoren zog sich über all das. Kniebundhosen mit weißen Strümpfen und glänzend schwarze Schnallenschuhe, weiße Hemden mit schwarzer Fliege, darüber ein langes Wams und mit Gold verzierte Gehröcke, so kamen die Männer daher. Jeder von ihnen trug eine weiße Lockenperücke, Die Knechte blieben dort fern. Erst am nächsten Morgen würden sie sich mit dem Förster treffen. Die Edeldamen glänzten in bodenlang wallenden Kleidern mit einer breiten Schärpe und schönen Hochsteckfrisuren. Die Hofbläser im Ballsaal spielten auf ihren Flöten zum Tanz auf. Das liebte der Kurfürst. Die Röcke der Damen und Fräuleins flogen im Takt ihrer Füße, die mal zur Seite, nach vorn oder zurück wippten. Ein Reif in der Hüfte der adligen Damen ließ den Rock in Falten fallen. Gegenüber der Frauen tanzten die Männer. Die langen Hemden fielen über ihre Kniebundhosen, die Rüschen der Hemden schmückten ihre Handgelenke unter dem Gehrock. „Kommt mir bloß nicht mit leeren Händen zurück!“ lachte Karl Theodor. „Unsere Vorräte gehen zur Neige. Als Belohnung dafür dürft Ihr in dem Stück Wald, das Euch gehört, eigenes Wild schießen.“ Der Kurfürst schaute seinen Weidmann an. „Eure Durchlaucht, wie Ihr wisst, verstehe ich mein Geschäft. Seid ganz ohne Sorge. Bei unserer Jagd werden wir das Wild des Waldes an Euren Hof bringen.“ Der Förster lächelte erhaben. „Ihr seid nicht umsonst mein Forstinspektor. Ich weiß Eure Dienste zu schätzen, mein Guter. Ich freue mich bereits auf das viele Fleisch und das alljährliche Spektakel, was damit einher geht.“ Karl Theodor schaute ernst. „Seht in unserem Soonwald auch danach, ob gewildert wird. Ihr wisst ja, dass das gemeine Volk nicht jagen darf.“ Lustig saßen sie noch lange zusammen bis weit nach Mitternacht. „Auf Männer, morgen in aller Frühe machen wir uns auf zur Jagd. Jetzt wird es Zeit, Eure Schlafstatt aufzusuchen!“ Der Förster rieb sich müde die Augen. „Jeder Bauer baut ab sofort Kartoffeln an!“ kam der Befehl des Kurfürsten. „Sollte sich auch nur einer wagen, sich meinem Befehl zu widersetzen, dem droht eine harte Strafe! Ich schicke Soldaten hinaus, die alles überwachen!“ „Mein Gott!“ flüsterte Ludwig, „schaut Euch das doch nur an. Wenn der Kurfürst unsere Äcker schon überwachen lässt, muss die Frucht, die darauf wächst, doch etwas ganz Besonderes sein. Heinrich, lass uns doch, wenn die Soldaten heute Abend schlafen, einige der Knollen stehlen.“ „Ja, meine Kinder haben schon seit vielen Tagen nichts mehr gegessen. Ludwig, seid doch so gut, wenn die Jagd morgen vorbei ist, dass wir Hasen in diesen Tagen jagen.“ Heinrich schien erchöpft und ganz verzweifelt. „Mein Magen knurrt und ich habe nicht einmal eine Handvoll Korn für ein kleines Brot.“ „Ja, warten wir die Jagd ab und dann sind wir an der Reihe.Die Jäger können ja nicht alle Tiere töten. Außer dem zerriebenen Korn haben wir auch nichts mehr zu essen.“ Ludwig sorgte sich um seine Familie.

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