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Raetia. Melissa Jäger
Читать онлайн.Название Raetia
Год выпуска 0
isbn 9783847610748
Автор произведения Melissa Jäger
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Euprepes nickte eifrig. Er schien erleichtert, dass ihm zunächst nicht alleine die Verantwortung übertragen wurde.
Caius wandte sich wieder Marianus zu. „Ich schicke einen Boten los, um deine Frau und natürlich den Procurator von deinem vorzeitigen Einsatz hier zu unterrichten.“
Man konnte förmlich sehen, wie Caius‘ Gehirn auf Hochtouren arbeitete. Er spielte alle Möglichkeiten im Kopf durch. Schließlich drehte er sich zu Iustinius um und gab ihm den Befehl, bereits am kommenden Morgen nach Augusta Vindelicum aufzubrechen und die Nachrichten zu übermitteln. Er selbst wollte noch in der Nacht einen kurzen Bericht an den Procurator verfassen.
Dann trat der Beneficiarius Legati an die Rückwand des Officio, an der ein Stock und diverse Fußfesseln angebracht waren. Er nahm den Stock von der Wand und forderte die Soldaten auf, ihm zu folgen.
Im Wohnraum saß Fuscinus neben dem schlafenden Lucius Attius. Dieser war gegen die Wand gelehnt eingeschlafen und zur Seite gekippt. Er lag wie ein Fleischberg neben der Feuerstelle. Caius gab dem Wachsoldaten einen Wink, ihn zu wecken.
Der stand auf und rüttelte den Schläfer unsanft. „Attius! Wach auf, Attius! Der Beneficiarius Legati will mit dir reden!“
Attius grunzte nur unartikuliert und versuchte, sich erneut wegzudrehen, doch der Wachsoldat setzte nach. Er trat den am Boden Liegenden in die Seite. Der Mann schrie auf, schien aber nicht wirklich wach geworden zu sein. Er drehte sich erneut weg und versuchte weiterzuschlafen. Fuscinus griff nach einem Krug mit Wasser, der neben ihm auf dem Boden stand, und goss den gesamten Inhalt über Attius aus. Da endlich kam Leben in den verdreckten Mann. Er blickte verwirrt in die Runde, die sich vor ihm aufgebaut hatte. Ohne weiter abzuwarten zerrten zwei Soldaten den schweren Mann in die Höhe.
Caius kochte vor Wut, als er den desolaten Zustand des Soldaten betrachtete. Eine Schande war dieser für die römische Armee! Caius reichte Fuscinus den Stock und befahl: „Acht Stockhiebe für Trunkenheit im Dienst! Die weiteren Strafen für die Versäumnisse während der Dienstzeit wird der Procurator festlegen. Du bist festgenommen, Attius! Morgen trittst du mit mir die Reise nach Augusta Vindelicum an, wo du im Carcer auf deine Verurteilung warten wirst.“
Er gab den Männern ein Zeichen, ihm mit dem Gefangenen in den rückwärtigen Garten der Statio zu folgen. Dort entkleideten die Soldaten Attius und banden ihn an einen Holzpfosten, der das Dach einer kurzen Veranda trug.
Der Beneficiarius jammerte und stammelte Entschuldigungen. Er flehte den Vorgesetzten an, ihn zu schonen, appellierte an Achilleus‘ edle Herkunft und seine bekannte Güte. Doch dieser blieb ungerührt. Er nickte Fuscinus zu, mit den Stockschlägen zu beginnen.
Gellende Schreie tönten durch die hereinbrechende Abenddämmerung. Caius beobachtete zunächst die Bestrafung mit Genugtuung. Mit jedem Streich dachte er an den Ärger, den Attius ihm bisher beschert hatte und an den noch ausstehenden Wutanfall, den der Procurator bekommen würde, wenn er von der Sache erfuhr.
Nach kurzer Zeit jedoch konnte Caius die Schmerzensschreie und den Anblick des geschundenen Körpers nicht mehr ertragen. Seine Wut war verraucht. Er drehte sich zu Marianus um und gab ihm die letzten Befehle des Tages. „Ich gehe jetzt in die Therme und anschließend zu meinem Schwiegervater. Dort verfasse ich einen Bericht für den Procurator. Legt den Kerl hier in Fesseln und versorgt euch mit einer Abendmahlzeit in der Mansio! Dann teilt ihr die Wachen ein für die heutige Nacht und sorgt dafür, dass Attius nicht entkommen kann! Ihr könnt in der Mansio oder hier in der Statio nächtigen. Morgen früh soll einer von euch den Bericht bei mir abholen und sofort nach Augusta Vindelicum aufbrechen. Wir reisen um die dritte Stunde ab und bleiben über Nacht in der Mutatio auf halbem Weg in die Stadt. Marianus, du bleibst mit Euprepes hier und informierst mich, sobald du das Chaos beseitigt hast und zur Abreise bereit bist!“
Marianus nickte zustimmend. Caius legte Clodius aufmunternd die Hand auf die Schulter.
„Ich zähle auf dich, Marianus! Es soll sich für dich auszahlen, wenn du deine Aufgabe hier zu aller Zufriedenheit erledigst.“
Dann drehte er sich um und verließ die Statio in Richtung Therme.
Monat August, am V. Tag vor den Kalenden des Septembers, Festtag der Göttin Victoria
Am kommenden Morgen wurde Caius Iulius Achilleus nur mühsam wach. Er war erst spät zum Haus seiner Schwiegereltern zurückgekehrt. In der kleinen öffentlichen Therme von Brantananium hatte sich der Beneficiarius nicht wirklich entspannen können. Wieder und wieder war er die Formulierungen für seinen Bericht an den Procurator durchgegangen.
Erst als Alpina ihm das Essen vorbeigebracht hatte, und er zu den frischen Produkten von Lasthe und Pertha auch noch einen Becher gemischten Wein genießen durfte, hatte er sich besser gefühlt.
Caius hatte nur eine kurze Nachricht auf einer klappbaren Wachstafel verfasst und diese anschließend mit einem Siegel verschlossen. Sie händigte er dem Boten aus und ließ ihn sofort losreiten. Iustinius bestieg sein Pferd und trabte davon in Richtung Augusta Vindelicum.
Nach einem leichten Frühstück, das aus dem typischen Getreidebrei und einem Becher Schafsmilch bestand, trieb Caius seine Familie an, ihre Sachen auf dem Reisewagen zu verstauen. Lasthe half die Pferde einzuspannen.
Pünktlich wie verabredet, erschienen die Begleiter des Beneficiarius Legati, Sacrus und Fuscinus mit dem gefesselten Attius. Der Mann sah bemitleidenswert aus. Er trug dieselbe schmutzige Tunika wie am Vortag, nur dass zusätzlich zu den Weinflecken nun auch noch Blutflecken die Rückenpartie überzogen. Cnaeus Turbonius Fuscinus führte sein Pferd am Zügel. Am Sattel des Pferdes war der Strick befestigt, mit dem Attius‘ Hände gefesselt waren. Der Strick war lang genug, dass der Gefangene hinter dem Pferd hergehen konnte.
Der Beneficiarius Legati gab Lasthe einen Denar als Opfergabe für den Gott Merkur. Lasthe sollte dafür Räucher- und Trankopfer darbringen. Caius hoffte auf den Beistand des Gottes und auf eine gute Reise.
Schließlich verabschiedeten sie sich herzlich voneinander, und Pertha machte der überraschten Alpina noch ein wunderbares Abschiedsgeschenk. Sie überreichte ihr das Schaffell, das sie beide zum Dank für ihre Geburtshilfe bekommen hatten.
Der Reisewagen holperte über den groben Kiesbelag der Fernstraße in Richtung Augusta Vindelicum. Vormittags saß der Adiutor Sacrus auf dem Kutschbock und steuerte die zwei Pferde mit langen Leinen. Fuscinus ritt die meiste Zeit, doch immer wieder stieg er ab, um sein Pferd zu entlasten und sich die Beine zu vertreten. Dann führte er das kleine, ausdauernde raetische Pferd. Auch Elvas und Alpina gingen am Vormittag zumeist neben dem Reisewagen. Der holprige Straßenbelag machte das Fahren ungemütlich. Durch den Gefangenentransport kam der Reisewagen ohnehin nicht sehr schnell voran. Attius stolperte hinter dem Pferd des Wachsoldaten her und bildete den Abschluss des Trosses.
Nach der Mittagspause tauschte Caius mit Lucius Nunadus Sacrus und übernahm die Leinen. Die Frauen hatten sich in den Wagen zurückgezogen. Elvas lag im Wageninneren ausgestreckt und versuchte ein wenig zu dösen.
Es waren noch etwa zwei Meilen bis zu der Mutatio, in der sie die Nacht verbringen wollten, als ein lautes Krachen die müden Reisenden aus ihren Tagträumen riss. Der Wagenaufbau war auf der linken Seite abgerutscht. Die gesamte Ladung im Inneren des Wagens polterte durcheinander. Es knackte noch einmal vernehmlich, dann blockierten die Räder des Wagens. Die Pferde wurden nervös. Sie waren jäh zum Stehen gebracht worden und das blockierte Fahrwerk hinderte sie an der Vorwärtsbewegung. Mit Tänzeln und Kopf schlagen quittierten sie ihren Unmut. Caius hielt die Leinen fest in den Händen und sprach beruhigend auf die Tiere ein. Sacrus war sofort vom Kutschbock gesprungen und nach vorne zu den Pferden geeilt.
„Elvas, Alpina!“, schrie Caius, während er alle Hände voll zu tun hatte, die Pferde ruhig zu halten. „Ist alles in Ordnung? Seid ihr verletzt?“
Alpina antwortete prompt. „Ich bin