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unverwandten Blick, der für den Bruchteil einer Sekunde Verstehen und dann doch wieder nur dunkle Verwirrung ausdrückte. Darauf hauchte ER Kurt verführerisch ins Ohr und machte diesem darauf das unmoralische Angebot. ER brauchte Kurts 'Ja' nicht abwarten, um zu wissen, dass der Junge, ohne darüber nachzudenken, einwilligen würde. ER zog den Slip aus, legte ihn in Kurts verschwitzte Hand, drehte sich um und verschwand. Doch davor übergab ER Kurt noch dessen nächste Prüfung. ER hoffte, der Junge würde langsam verstehen. Es wurde allmählich Zeit, dass der Junge sein Schicksal verstand und akzeptierte.

      6

       Das Leuchten schwand. Jen schüttelte kurz benommen den Kopf und ging den Gang weiter runter.

       Planlos und noch nervöser rannte Kurt weiter durch das ganze Gebäude auf der Suche nach seinen Kleidern, bis er irgendwann den Hof und den unübersehbaren Wäscheberg erreichte, den seine Schulkollegen gebaut hatten.

       Als er endlich nicht mehr neugierigen, amüsierten oder wütenden Blicken anderer Schüler und Predigten empörter Lehrer über seine freizügige Art, hier herum zu laufen, ausweichen musste, suchte er nach einer Gelegenheit, den Direktor, Mr. Malcolm Whitfield, ein wenig auf sich aufmerksam zu machen, um Jens Bedingung zu erfüllen.

       Er hörte Gekicher und Schreie von beiden Seiten des Gangs, der vom Schulhof ins Hauptgebäude führte, während er sich – so schnell dies öffentlich möglich war – umzog. Er hatte nicht die Zeit, zur Turnhalle zurück zu rennen und sich um zu ziehen, außerdem war die Umkleide sicher bereits von der nächsten Klasse besetzt. Während er nachdachte, zog er sich auch gleichzeitig um und achtete nicht auf den Kreis aus Lehrern, die alle um ihn herum standen und auf ihn einredeten, was er da eigentlich tue. Er hörte sie nicht einmal.

       Kurt überlegte, was er Außergewöhnliches anstellen konnte, um ihren Direktor so richtig auf zu rütteln. Da kam ihm eine Idee. Mr. Whitfield war ein Sport-Fan...

       Fünfzehn Minuten später saß er mit einem merkwürdig unpassenden Ausdruck der Zufriedenheit und Vorfreude im Büro desselbigen neben Billy Johnson, dem perfekten, gut aussehenden, beliebten Football-Captain der Schulmannschaft.

       Beide hatten jeweils ein blau umrandetes Auge und ein paar Schrammen im Gesicht und taten so, als würden sie ihm auch wirklich bei seiner Moralpredigt über ordentliches Verhalten in der Schule zuhören. Von wegen.

      7

       Aber zuerst müssen wir uns ansehen, was vorher geschah: Malcolm Whitfields ganzer Stolz war das Footballteam seiner Schule, trotz ihres nur mäßigen Erfolges in den Meisterschaften. Kurt war – nachdem er wieder vollständig angezogen war - auf den Sportplatz raus gelaufen und hatte mit Billy vor allen Zuschauern eine wilde Schlägerei ohne erkennbaren Grund angefangen, welche von dem cholerischen, frustrierten Sportlehrer – Mr. Dick Roberts, Sir, ja, Sir – frühzeitig beendet wurde und mit einer schallenden Ohrfeige für jeden belohnt wurde. Roberts war übrigens nach Kurt und Ms. Hoover der drittgrößte Schullacher, offensichtlich ebenfalls seines Namens wegen.

       Geschafft! Wenn das nicht das Blut ihres Direktors zum Kochen bringen würde, dann wusste Kurt wirklich nicht mehr weiter …

       Nach der Ohrfeige wurden sie beide grob an den Armen gepackt und von ihrem Sportlehrer persönlich bis vor's Direktorat geschleift, während wütende Schimpf- und Brüllorgien durch die Gänge des Schulgebäudes hallten, die durch Mr. Dick Roberts – Sir, ja, Sir – verursacht wurden.

       Beide mussten für den Rest des Schuljahres nachsitzen, bei Kurt dachte man sogar über eine Suspendierung nach. Diese wurde jedoch nie durchgeführt, da dies Kurts Noten ja nur weiter in den Keller gedrückt hätte.

       Am Nachmittag desselben Tages sah er Jen überraschend wieder, die, ihn mit einem wissenden Lächeln am T-Shirt packte und in die nächste Mädchentoilette zerrte.

       Sie wollte, wie versprochen, ihre Schuld einlösen und machte ihm darüber hinaus ein fragwürdiges Kompliment, dass sie sich, als sie von dem Zwischenfall gehört hatte, halb krank gelacht hätte.

       Doch als Jen begann, ihrer Haut ein wenig frische Luft zu zu führen, in BH und Höschen in einer engen WC-Kabine stand und in Kurts Hose fasste, geschah das, wovor Kurt sich immer am meisten gefürchtet hatte.

       (Verdammt, nicht genau jetzt, bitte nicht jetzt, nein! Komm schon, bitte nicht!)

       In seiner Hose herrschte Funkstille. Die geheime Schulschönheit und sogar der heimliche Schwarm von Kurt stand halbnackt vor ihm und er saß da, vor ihr, schlaff und hilflos.

       Als dieser Zustand sich auch nach Minuten harter Arbeit von Jen nicht beheben ließ, konnte sie schließlich den bereits lange unterdrückten Lachkrampf nicht mehr zurück halten (was Kurts Selbstbewusstsein nicht gerade steigerte), zog sich an und verschwand - immer noch kichernd - wortlos aus der Tür, ihn allein am Mädchenklo sitzen lassend.

       Irgendwie hätte er es ja kommen sehen müssen. Es wäre ja wirklich ein Wunder gewesen, wenn er einmal im Leben Glück gehabt hätte.

      Nachdem ihm nun nichts Anderes übrig blieb, als sich so unbemerkt wie möglich aus dem Mädchenklo raus zu schleichen, öffnete er also langsam die Tür einen Spalt weit, lugte hinaus und bemerkte ein paar Schüler, die quatschend und lachend vorüber gingen. Er riss die Tür krachend zu und betete (was er sonst nie getan hätte), dass sie ihn nicht gesehen hatten.

       Eine Minute später versuchte er es noch einmal, diesmal war der Gang leer. Zumindest der Teil, den er aus dem Spalt heraus sehen konnte. Er drückte die Tür auf und stürmte raus. Natürlich rutschte er aus, knallte längs mit dem Gesicht auf den Boden und gab ein grunzendes Geräusch von sich.

       Aber es hätte nicht einmal einen Unterschied gemacht, wenn er nicht hingefallen wäre, denn auf der anderen Seite des Ganges lehnte eine Gruppe von Mädchen an der Wand, die sich ebenfalls unterhielten. Als sie Kurt aus ihrer eigenen Toilette rauschen sahen, prusteten sie lauthals los, wobei sich ihr Gelächter noch steigerte, als er hinknallte und sich langsam vom Boden aufrappelte.

       Er war gleich darauf nach Hause gelaufen und hatte sich in sein Zimmer eingesperrt, das er bis zum nächsten Tag nicht verlassen würde.

      8

       Am Tag darauf wusste es - wieder einmal - bereits die ganze Schule. Es war wie ein Lauffeuer.

       Kurt war mehr denn je zuvor der legendäre Schulclown. Tag für Tag musste er sich blöde Kommentare anhören, sich auslachen lassen und erwartete erst gar keinen sozialen Kontakt mit anderen mehr. Nicht, dass sich dadurch dramatisch etwas geändert hätte, aber immerhin wurde es unerwarteterweise noch extremer, was Kurt umso mehr zu schaffen machte.

       Als logische Folge darauf, dass sich nichts an seinem Status als Witzfigur geändert hatte, schlug sich dieses Image bald auch bis zu den Lehrern vor. Dies brachte ihm die Freude ein, noch mehr als alle anderen amerikanischen Schulkinder auf militärisch-harte Weise auf das Graduieren – das ruhmvolle Abschließen der Schule –, das für ihn in zwei Jahren stattfinden sollte, gedrillt zu werden.

       Ihm wurde (propagandistischer als alle Jahre davor) eingebleut, dass, wenn er diese Schule nicht schaffen sollte, er für den Rest seines Lebens ein Verlierer bleiben würde, dass seine Zukunftsaussichten tiefschwarz aussähen, ihn keiner in der Gesellschaft mehr akzeptieren (sondern nur noch auf ihn spucken) würde und dass er sich dann eigentlich gleich erhängen könnte, denn viel Schöneres würde ihn danach wohl nicht mehr erwarten.

      9

       Wie wohl jeder, der vor solche Aussichten gestellt und diesem Druck ausgesetzt wird, versagte Kurt. Die offizielle Version und Rechtfertigung war, dass er bis zu diesem Tag keine einzige Prüfung der Senior High School positiv bestanden hatte und ein Irrtum in der Verwaltung vorgelegen sei; die reale Version, dass er mit geheimer Unterstützung der Lehrerschaft gerade genug Prüfungen positiv bestanden hatte, um aufzusteigen, Jen jedoch bei ihrem Onkel sowie Direktor derart heftige und ausgeschmückte Lügen über ihn erzählt hatte, dass es verwunderlich war, dass Kurt nicht auf 'vorsätzliche Vergewaltigung' verklagt worden war.

      

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