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ein ungeheuerlicher Skandal. Denn soll solch eine Quote erfüllt werden nimmt man zumindest sehenden Auges in Kauf auch Kunden zu sanktionieren bzw. zu schädigen, die sich nichts zu Schulden kommen lassen haben. Das ist großes menschenverachtendes Unrecht, das umso schwerer wiegt, wird es von staatlichen Institutionen ausgeübt, noch dazu in einem Land in dem permanent Menschenrechte und Freiheit gebetsmühlenartig als das Höchste in den Himmel gejubelt werden. Offenbar geht es hier weniger um die mehr oder weniger berechtigte Verfolgung von tatsächlichen Verfehlungen der sog. Kunden, sondern vielmehr um die Erfüllung niederer politischer Vorgaben, u. a. um weitere Einsparungen und vor allem aber darum, der Öffentlichkeit vorgaukeln zu können ein erhöhter Missbrauch von Sozialleistungen läge vor um ein noch härteres Vorgehen gegen die Menschen rechtfertigen zu können. Zu all dem wird hier sehr viel kreative Energie in die Konstruktion von vermeintlichen Verfehlungen der Kunden und von Fallen und Fallstricken verschwendet, die doch eigentlich der Unterstützung der Kunden zukommen sollte. Letztendlich jedoch wiegen hier die Interessen weniger aber sehr einflussreicher Akteure (der Global Player) mehr als die der sog. Kunden und der übrigen Gesellschaft, worauf in den folgenden Kapiteln näher eingegangen wird.

      Sehr unwahrscheinliche Fehler

      Offenbar sind Fehler und fehlerhafte Bescheide nicht die Ausnahme, sondern alltäglich, wenn nicht sogar häufiger als korrekte Bescheide und dies in aller Regel zulasten der sog. Kunden. Stichproben des Landesrechnungshofes Thüringen, deren Ergebnisse im Jahr 2012 veröffentlicht wurden, ergaben, dass 78 Prozent der Bescheide von den Jobcentern fehlerhaft waren. Dabei handelte es sich vor allem um Mängel, die im Zusammenhang mit Mieten und Nebenkosten für Wohnraum stehen. Nach Überprüfungen durch die „Solidarische Hilfe e. V.“ in Bremen waren in der Anfangsphase von Hartz IV 70 Prozent der überprüften Bescheide für das ALG II z. T. mit „gravierenden Fehlern“ zulasten der Leistungsempfänger behaftet (vgl. www.labournet.de). Daher kann es nicht verwundern, wenn die Sozialgerichte kaum noch der Klageflut Herr werden, die durch die Umsetzung der Hartz-Gesetze verursacht wurden und werden. So gingen z. B. allein am Sozialgericht Berlin im Jahr 2012 rund 29.000 Hartz IV-Klagen ein, „Das Heißt im Klartext: Alle 18 Minuten klagt ein Berliner gegen sein Jobcenter. Tag und Nacht. 365 Tage im Jahr“ (Aus der Ansprache der Präsidentin des Berliner Sozialgerichtes, Frau Sabine Schudoma, anlässlich der Jahrespressekonferenz vom 10.01.2013, S. 3). Wollte das Berliner Sozialgericht alle Klagen abarbeiten, die sich seit Beginn der Hartz-Reform auftürmten, so müsste es nach eigenen Angaben für rund ein Jahr schließen. Mit einer Verdopplung des Fachpersonals sei es inzwischen gelungen, den Berg der Klagen gegen die Jobcenter nicht weiter anwachsen zulassen. Bezeichnend ist, dass es in keinem anderen Rechtsgebiet eine annähernd so hohe Erfolgsquote der Klagen gibt, wie hinsichtlich Hartz IV. Allein das ist schon bemerkenswert, auch vor dem Hintergrund, dass die Sozialgerichte den bedürftigen Klägern traditionsgemäß nicht unbedingt immer so gewogen waren und sind, was zu denken geben sollte. Offenbar ist die Rechtslage häufig so eindeutig, dass die Richter gar nicht anders können als zugunsten der Kläger bzw. der sog. Kunden zu entscheiden. Nach der internen Statistik des Berliner Sozialgerichtes waren im Jahr 2012 immerhin 54 Prozent der „Jobcenter-Streitigkeiten“ berechtigt.

      Wenn man nun gutgläubig davon ausgeht, die Jobcenter würden einfach nur Fehler machen, aufgrund von Unfähigkeit und Inkompetenz, weil sie es nicht besser könnten, dann müsste man jedoch nach allen Regeln der Wahrscheinlichkeit zwingend davon ausgehen, dass sich diese Fehler ebenso häufig zugunsten, wie zuungunsten der sog. Kunden auswirken würden, weil es ebenso wahrscheinlich ist einen Fehler zugunsten, wie zuungunsten der sog. Kunden zu machen. „Verrechnet“ sich das Jobcenter z. B. bei der Anrechnung von Arbeitseinkommen auf Transferleistungen, so geschieht dies in den seltensten Fällen zugunsten der sog. Kunden. Das bekannte Beispiel einer gewöhnlichen Münze mit ihren zwei Seiten bzw. Möglichkeiten auf den Boden zu fallen, die den o. g. zwei Möglichkeiten entsprechen zugunsten und zuungunsten der sog. Kunden einen Fehler zu machen, mag das Problem noch einmal verdeutlichen: Würden Sie eine Münze mit ihren zwei Seiten (Kopf und Zahl) oft genug werfen, würden Sie feststellen, dass sich die Zahl der Würfe von Kopf und Zahl immer mehr angleichen, je öfter Sie werfen. Nach z. B. 1000 Würfen würden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit beide Seiten der Münze gleich häufig geworfen worden sein, voraus gesetzt beide Seiten der Münze sind gleich schwer, womit also gleiche Ausgangsbedingungen gegeben wären. D. h. also 500 Mal Kopf und 500 Mal Zahl. Ähnliches gilt z. B. auch für den ungezinkten, idealen Spielwürfel, der sechs Flächen bzw. Möglichkeiten hat, auf dem Boden oder Spieltisch zu landen. Auch hier gilt: Jede Fläche bzw. Augenzahl hat die gleiche Chance geworfen zu werden, was zur Folge hat, dass der Wurf einer Eins ebenso wahrscheinlich bzw. letztendlich so häufig ist wie der Wurf einer Sechs oder der einer Drei usw. Probieren Sie es einfach mal aus. Man könnte nun noch weiter mit statistischen Testverfahren ins Detail gehen, wie z. B. mit dem sog. „Chi-Quadrat-Test“, mit dem zu erwartende Häufigkeitsverteilungen untersucht werden, aber mit Rücksicht auf Leser, die weniger an Statistik interessiert sind, soll es an dieser Stelle genug damit sein.

      Wie aber eingangs beschrieben, erfolgen sog. „fehlerhafte“ Bescheide und Entscheidungen der Jobcenter fast ausschließlich zulasten der sog. Kunden und nicht etwa in einem ausgewogenen Verhältnis zugunsten oder zuungunsten dieser, so wie dies den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit nach zumindest annähernd zu erwarten wäre. Demnach kommen wir gar nicht darum herum, feststellen zu müssen, dass es bei den meisten „fehlerhaften“ Bescheiden und Entscheidungen der Jobcenter nach allerhöchster Wahrscheinlichkeit nicht mit rechten Dingen vor sich gehen kann. Damit ist jedoch nach landläufiger Meinung leider noch nicht bewiesen, das hier manipuliert bzw. betrogen wird. Es geht hier „nur“ um Wahrscheinlichkeiten, die eine Ausflucht der andern Möglichkeit offen lassen, wenn auch nur die unwahrscheinlichste, angesichts der erdrückenden Zahlenverhältnisse wie hier, die aber nicht völlig auszuschließen ist. Dennoch offensichtlich wird also zulasten der sog. Kunden manipuliert, wobei sich nur fragt, wie hoch dabei die Anteile sind, die auf interne Weisungen der Behörden und der darüber liegenden Ebenen der Politik zurück gehen, oder auf übereifrige und Karriere bewusste Mitarbeiter in den Behörden, die ihrem voraus eilenden und gewissenlosen Gehorsam folgen.

      Ein-Euro-Job – Gestohlene Lebenszeit, Energie und Chancen

      Im Frühjahr 2005 wurde dem Autor ein sog. Ein-Euro-Job, eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung zugewiesen; sechs Stunden am Tag, fünf Tage die Woche und für 1,50 Euro die Stunde als Mehraufwandsentschädigung zum ALG-II hinzu, Sozialversicherungsfrei (vgl. u. a. Kap. 5.2.1). Der Träger dieser Maßnahme bzw. die sog. Beschäftigungsgesellschaft erhielt vom Jobcenter pro Teilnehmer und Monat 550 Euro. Der Autor war unmittelbar nach diesem Ein-Euro-Job bei o. g. Beschäftigungsgesellschaft als Projektleiter tätig, weshalb ihm u. a. diese Zahlen zugänglich waren. Von diesen 550 Euro bekamen die Teilnehmer der Maßnahme bei voller Anwesenheit maximal 180 bis 190 Euro im Monat als Mehraufwandsentschädigung erstattet. Tatsächlich war dies häufig weniger, da Krankheit und jegliche andere Fehlzeiten, auch gesetzlicher Urlaub, von der Arbeitszeit abgezogen wurden.

      Mit gut einem Dutzend zumeist anderen Akademikern aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen, unter denen sich auch zwei Doktoren befanden, wurde ich in einem Projekt eingesetzt, dass sich Umwelterziehung nannte. Unser Projekt lief in Kooperation mit einer Grundschule, die sich in einem gut situierten Ortsteil Neuköllns (Rudow) – auch das gibt es – am Rande der Stadt befand. Mit dem prekär beschäftigten Projektleiter zerbrachen wir uns zunächst die Köpfe darüber, wie wir uns überhaupt in dieses Projekt einbringen können, wobei zunächst einmal die ziemlich konfusen Vorstellungen des jungen Projektleiters und des Trägers zutage traten, nach dem Motto: Hauptsache der Rubel rollt. Schließlich wurden Gespräche mit der besagten Schule geführt, wobei sich herausstellte, dass sie einen Schulgarten hatte, um den sie sich aber infolge von Mittelkürzungen nicht mehr wie früher kümmern konnte. Also kamen wir auf den Gedanken aus dem Schulgarten einen ökologischen Muster- und Lehrgarten zu gestalten. In der Tat war das ein sehr kreativer Prozess, der uns ebenso viel Spaß bereitete. Was wir dort machten war nichts anderes als eine landschaftsarchitektonische und gärtnerische Umgestaltung

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