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war auch mit von der Partie, als wir eines Tages auf Wache den Steuermann veranlassten, Ausweichmanöver zu fahren, obwohl weit und breit kein Schiff in Sicht war. Wir hatten vorher seinen Kieker (Fernglas) mit einem kleinen Insekt präpariert. Als der Alte uns deswegen zur Rede stellte, nahm unser Doktor die Schuld auf sich.

      Über diesen gelungenen Streich haben wir an Bord noch lange gelacht. Übrigens sind mit einem dünnen Faden präparierte Fernglaser seit eh und je fester Bestandteil einer jeden Äquatortaufe an Bord deutscher Schiffe. Altgedienten Fahrensleuten zufolge soll es in der Vergangenheit nicht wenige Täuflinge ge­geben haben, die nach einem Blick durch ein solches Fernglas allen Ernstes behaupteten, die magische Äquatorlinie mit eigenen Augen gesehen zu haben.

      In Barcelona verabschiedeten sich unsere Gäste, um mit dem Auto die Heimreise nach Old Germany anzutreten. Wir aber fuhren weiter nach Alicante. Voll abgeladen mit Erz nahmen wir dann ein weiteres Mal Kurs auf Stettin. Meine Fahrzeit auf ELIZA NÜBEL endete dort, wo sie angefangen hatte: in Kiel-Holtenau.

      In der Folgezeit traf ich erste Vorkehrungen, den Hafen der Ehe anzulaufen. Vorbei war es nun mit meiner Freiheit auf den Weltmeeren. Aus dem Weltenbummler zur See wurde nun ein Seemann, der darauf bedacht war, in Küstennähe zu bleiben. So arbeitete ich eine Zeitlang als Matrose auf dem Kabelleger und Bergungsschiff „OTTAR HARMSTORF 3“. Wir verlegten Post- und Bundesbahnkabel im Emder Hafen und vom Festland nach Norderney. Bevor ich 1956 hei­ratete, heuerte ich ein letztes Mal auf einem Seeschiff an. Mit der „JOACHIM HENDRIK FISSER“ fuhren wir im Liniendienst von Hamburg nach Nordspanien. Wir fuhren in Charter der OIdenburg-Portugiesischen-Dampfschiffs-Reederei, deren Kürzel „OPDR“ (Ohne-Proviant-durch-Russland) sicherlich allen Fahrensleuten noch heute ge­läufig ist.

       26 Jahre bei der EHUG

      Nach meiner Heirat erwarb ich an der Seefahrtsschule in Leer das A1-Patent und fuhr dann mehrere Jahre als Schiffsführer auf Tankschiffen der Reederei Schulte & Bruns, die an der Kü­ste und im Emder Hafen im Einsatz waren. Es folgte eine 26jährige Tätigkeit bei der Emder Hafenumschlagsgesellschaft (EHUG), bevor ich mit 58 Jahren in den Vorruhestand eint­rat. Fünf Jahre lang war ich noch Museumsführer auf dem Seenotrettungskreuzer „GEORG BREUSING“. Heute bin ich nur noch als Handharmonikaspieler bei den Transvaaler Musikanten aktiv.

      Frerich Schüler schrieb ein inzwischen antiquarisches Buch über den Bombenkrieg mit dem Titel: „Als Emden in Schutt und Asche fiel

      Hans-Gerorg Eurich – Seefahrtserinnerungen

       Plötzlich war das Schiff weg

      Vor wenigen Wochen habe ich mit großem Interesse in einer Serie der Emder Zeitung die Erzählung von Jakob Kromminga gelesen, der als Seemann auf den Weltmeeren unterwegs war. Besonders, weil ich 1958/59 ah Moses mit ihm zusammen für ein Jahr auf der „HARVEY S. MUDD“, dem damals modernsten Schiff der Reederei Fritzen, unterwegs war. Mit „Jacky“ habe ich die Äquatortaufe und vieles mehr erlebt. Als ich am 17. März in der 548. Folge dieser Serie seinen Bericht gelesen habe, kamen mir wieder viele eigene Erlebnisse in den Sinn, die sich zum Teil wie Seemannsgarn anhören, aber dennoch wahr sind...

      Mein Vater war Tischlermeister und hatte eine Tischlerei in Aurich, wo ich auch zur Welt gekommen war. Die Jungen in unserer Nachbarschaft hatten sich nach und nach abgemeldet, um zur See zu fahren. Damals erwachte auch in mir der Wunsch, die weite Welt der Ozeane kennenzulernen.

      Als 13jähriger Junge schrieb ich einen Brief an den Schulschiffverein Bremen, denn ein Vorausbildungslehrgang war Voraussetzung für das Deckspersonal, um an Bord eines Handelsschiffes zu kommen. Handelsschulschiffe liefen in der Terminologie der Schiffsleute unter dem Begriff „Mosesfabrik“.

      Bereits 1957 bewarb ich mich bei dem Verband deutscher Reeder um einen Ausbildungsplatz für die seemännische Arbeit auf dem Segelschulschiff „DEUTSCHLAND“. Nach Durchführung aller notwendigen Untersuchungen zur Erlangung des Gesundheitspasses wurde mir mitgeteilt, dass ich mich am 12. Mai 1958 an Bord melden sollte. Voraussetzung war die Überweisung von 480 Mark für Verpflegung und für die Anschaffung einer seemännischen Ausrüstung sowie ein Taschengeld von fünf Mark pro Woche. Das Geld ging auf ein Konto des Ausbildungsträgers.

      Damals war ich 14 Jahre alt. Mitnehmen durfte ich nur die erlaubten Dinge, wie Unterwäsche, eine Hose, Hemd, Jacke, Waschzeug und andere notwendigen Sachen.

      Zunächst wurde uns gezeigt, wo wir die nächsten drei Monate leben würden. An Bord waren 120 Schiffsjungen, die auf drei Räume verteilt wurden. Zum Schlafen befestigten wir Hängematten an der Decke, die tagsüber in Hängemattenkästen verstaut wurden. Unter der Decke gab es einen Tisch und lange Bänke, deren Befestigung zum Essen bei Bedarf gelöst werden konnte, so dass alles herabgelassen wurde. So dienten die Räume als Schlafraum, Speisesaal und Unterrichtsraum.

      Sehr viel wert legte man auf Sauberkeit. Jeden Morgen war um fünf Uhr Wecken angesagt. Als erstes wurde die Hängematte gezurrt. Es wurde uns gesagt, dass die Hängematte schon manchem Seemann als Schwimmkörper bei Schiffsuntergang das Leben gerettet hätte und es sehr wichtig wäre, diese richtig zu zurren. Also wurde jeden Morgen die Hängemattenmusterung durchgeführt.

      Besonders wurde auf den richtigen Sitz des Kreuzknotens geachtet. Bei 40 Jungen, die in einem Deck schliefen, war es nur natürlich, dass Unfug gemacht wurde. Der diensttuende Bootsmann scheuchte uns dann mit gezurrten Hängematten an Deck, um dort mit uns sportliche Übungen durchzuführen.

      In den nächsten Tagen lösten sich Unterrichte und praktische Seemannschaft ab. Um in der Takelage klarzukommen, ließ man uns aufentern, was anfänglich vorsichtig und langsam stattfand. Man bedenke, dass der Großmast 52 Meter hoch war. Besonders unangenehm war das Klettern in der Takelage. Einmal fielen zehn Jungen – mit mir - aus etwa zwölf Metern Höhe ins Wasser. Zum Glück landeten wir zwischen den unten festgemachten Booten, und es passierte nichts.

      Der Lehrgang dauerte drei Monate und schloss mit einer Prüfung ab. Zu jener Zeit wurde die Stammbesatzung des Segelschulschiffes der Marine „GORCH FOCK“ an Bord ausgebildet.

      Da ich mich schon frühzeitig bei der Reederei Fritzen in Emden beworben hatte, konnte ich sofort anmustern. Das geschah am 31. Juli 1958 auf der HARVEY S. MUDD. Als Decksjunge ging ich in Rotterdam an Bord. Es war ein Bulkkarrier von 32.000 Bruttoregistertonnen. Unsere Reise sollte nach San Juan in Peru gehen. Dort sollten wir Erz für Baltimore und Philadelphia laden. Mein Arbeitsbereich war die Mannschaftsmesse. Alle Decksjungen fuhren das erste Jahr in der Messe. Meine Heuer betrug 60 Mark im Monat.

      Morgens um fünf Uhr wurde ich geweckt. Ah erstes musste ich die Becher, Teller und anderes von der Nachtwache benutztes Geschirr abwaschen. Schnell fegte ich die Böden, wischte die Backen nass ab, bereitete Brot und Kaffee vor. Um 7:30 Uhr erschienen die ersten Leute, die bedient werden mussten. Leider nörgelten immer dieselben Männer über irgendetwas. Ohne Meckerei verging kein Tag.

      Schon im englischen Kanal ereilte mich die Seekrankheit. Sobald ich nur etwas Essbares roch, hing ich wieder über der Pütz. Trotzdem musste ich meine Arbeit durchführen und die Mahlzeiten vorbereiten. Als ich einmal dabei war, die Treppenstufen zu schrubben, war mir so übel, dass ich ständig in den Putzeimer spucken musste. Die ersten Male wechselte ich noch das Wasser, aber dann war es mir irgendwann egal, und ich arbeitete mit der Brühe weiter. Es waren schlimme Tage. Und nachts bekam ich keinen Schlaf, weil der Dampfer so stampfte. In der Koje rollte man ständig hin und her. Und dann dieser ständige Brechreiz. Auch blieben die dummen Sprüche der älteren Seeleute nicht aus. Sie sagten zum Beispiel, ich solle mir einen Salzhering auf den Bauch legen, dann werde es besser. Doch alle Ratschläge

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