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unser Hosentaschen um und fanden noch insgesamt 3,25 Dollar sowie eine angebrochene Schachtel Chesterfield. Wenn jemand vor dem Auslaufen des Schiffes fehlt, wird normalerweise Ausschau gehalten und wenigstens für eine gewisse Zeit gewartet. Irgendjemand an Bord weiß immer, aus welcher Hafenbar die jeweiligen Männer herauszuholen sind. Uns aber hatte die Liebe gefesselt, so dass wir erst am Hafen ankamen, als die anderen schon die Hoffnung aufgegeben hatten, uns zu finden.

      Etwas reuig kehrten wir zu den Mädchen zurück, die ihrerseits sehr froh waren, uns noch eine Weile behalten zu können. Und wir dachten, wenn wir schon einmal da sind werden wir jetzt nicht sofort zum zuständigen Agenten gehen, um uns zu melden, denn dann würde man uns sofort holen und dem Schiff hinterher schicken.

      Die folgenden Tage kamen wir gut über die Runden. An Bord der im Hafen liegenden Schiffe durften wir essen und lernten freundliche Menschen der unterschiedlichsten Nationalitäten kennen. Unter Seeleuten hilft man immer denjenigen, die ihr Schiff verpasst haben. In der Seemannssprache nennt man das achtern raus gesegelt.

      Auch in New Orkans kamen wir gut über die Runden und hatten am Ende zwei Koffer mit allen möglichen Sachen mit Spenden von anderen Leuten: Hosen, Hemden, Schuhe...

      Nach einem Monat endlich konnten wir an der Pier auf unsere BROOKTOR warten. Bei dem 1. Offizier Fiedler, der aus Loga stammte, und Kapitän Reents aus Westrhauderfehn sollten wir uns melden. Als wir schließlich vor den beiden standen, schlotterten uns doch etwas die Knie. Doch dann kam etwas Unerwartetes; Herr Fiedler sagte: „Als ich so alt war wie ihr, bin ich auch mal achteraus gesegelt. Mich haben sie nach sechs Monaten gekriegt.“

      Über diese Worte empfanden wir Erleichterung. Das Eis war gebrochen. Allerdings mussten wir in den folgenden Wochen jeden Tag zwei Überstunden machen, denn unsere Abwesenheit hatte für die Reederei 400 Dollar Kosten gebracht für Telegramme, die Bezahlung der Agenten, die uns suchen sollten und andere Leistungen.

      Ich habe noch viele Abenteuer auf See und in anderen Ländern erlebt. Schließlich blieb ich der Seefahrt verbunden. 1966 beendete ich meine Zeit bei der Handelsmarine und ging zur Bundesmarine. Und auch heute fahre ich gelegentlich als Passagier auf Containerschiffen durch die Welt.

      Das Jahr 1962 brachte einige Bedrohungen wie die Sturmflut an der Nordseeküste und die Kuba-Krise, die beinahe zum Weltkrieg eskaliert wäre. Der 66-jährige Hans-Georg Eurich aus der Logumer Straße 3 in Wybelsum erinnert sich. Er ist viele Jahre für Emder Reedereien zur See gefahren und hat Aufregendes erlebt.

      Plötzlich waren wir uns der Gefahr bewusst...

      Hans-Gerorg Eurich

      Die Berichte über eine Umbildung der kubanischen Regierung, in die sich auch der 2008 aus den Ämtern ausgeschiedene ehemalige Staatschef Fidel Castro einschaltete, haben bei mir einige Erinnerungen wach werden lassen.

      Kurz nach Fidel Castros gewaltsamer Machtübernahme kam ich nach Kuba. Von 1961 bis 1962 fuhr ich auf der MS „KLOSTERTOR“ der Emder Reederei Fisser & van Doornum. Wir sollten mehrere Reisen mit Zucker von Kuba nach Odessa ins Schwarze Meer durchführen.

      Nach einem vierzehntägigen Werftaufenthalt in Antwerpen fuhren wir zunächst nach Ventspils / Lettland. Mit dabei waren der Zimmermann Theo Ahlfs und der Matrose Wolfgang Ludewigs aus Emden. In Lettland luden wir Kunstdünger sowie Stückgüter im Auftrag der sowjetischen Armee. An Deck hatten wir Militärwagen und sonstige Armeeteile geladen.

      Nach einem etwa dreiwöchigen Seetörn erreichten wir Havanna. Die Militärgüter wurden sofort gelöscht. Der lose Kunstdünger wurde wohl nicht sofort benötigt, denn wir blieben erst einmal eine Woche an der Pier ohne Tätigkeit liegen. Natürlich gingen wir jeden Abend an Land. Wir befanden uns in einem der für Seeleute schönsten Häfen der Welt: hübsche Mädchen, viele Bars und Kneipen, überall Musik und nette Menschen – wenn nur diese ewige Ebbe im Portemonnaie nicht gewesen wäre. Als Matrose verdiente ich 415 Mark. Das waren gerade einmal rund 100 amerikanische Dollar. Damit konnte man keine großen Sprünge machen.

      MS KLOSTERTOR 1961/62 in Havanna

      Nach dem Löschen des Düngers und Säubern der Laderäume Luden wir den Zucker in mehreren Häfen rund um Kuba. Unter anderem lagen wir in Manzanilo, Santiago de Cuba, Mantanzas, Mariel und vielen anderen Häfen zeitweise vor Anker, wenn der Zucker mit Kähnen gebracht wurde. Oft blieben die Hafenarbeiter nach getaner Arbeit an Bord und schliefen in der Ladeluke. Einen eigenen Koch hatten die Leute auch dabei. Manchmal wurden wir zum Essen eingeladen. Es schmeckte alles vorzüglich, nur bei der Zubereitung durfte man nicht so genau hinsehen. Sie verarbeiteten Hühner mit Kopf und Krallen. Besonders gefragt war der Kaffee, wenn wir müde vom Landgang kurz vor Arbeitsbeginn zurückkehrten. Der kubanische Koch hatte einen Stofffilter mit rund drei bis vier Pfund Kaffee gefüllt. Unten heraus tropfte der Extrakt. Eine kleine Menge reichte, um sofort topfit zu sein.

      In dieser Zeit war bereits eine Wirtschaftsblockade durch die Amerikaner verhängt worden. Das machte sich im täglichen Leben der Kubaner sehr stark bemerkbar. Die großen Straßenkreuzer konnten nicht fahren, weil unter anderem keine Zündkerzen, sonstiges Autozubehör oder Benzin vorhanden waren, aber es wurde überall geschraubt und gebastelt. Die großen Chevrolets oder Buicks waren der ganze Stolz der Kubaner. Sehr zu unserem Leidwesen mussten wir unser Lieblingsgetränk, Cuba-Libre, warm und ohne Coca Cola trinken, da es keine Kühlflüssigkeit für die Eisschränke gab.

       Wir wunderten uns, dass leere Bierflaschen bei den Hafenarbeitern so begehrt waren. Der oberste Teil wurde entfernt, indem man das Ende des Flaschenhalses mit einem Bändsel, einem dünnen Tau, umwickelte, dann wurde das Band sehr schnell hin und hergezogen und mit Wasser übergossen. Dadurch platzte der obere Teil ab, und schon hatte man ein neues Trinkglas ohne scharfe Ränder. Viele Dinge wurden mit großem Geschick improvisiert.

      Amerikanische Zigaretten wie Chesterfield oder Pall-Mall waren bei den Kubanern heiß begehrt, was uns natürlich sehr gut passte, denn bei unserem ständigen und chronischen Geldmangel war der Schmuggel mit Zigaretten ein sehr einträgliches Geschäft. Wir kauften die Zigaretten bei unserem Steward pro Stange für 4,25 Mark und verkauften diese mit hohem Gewinn vorwiegend an die Zöllner. Der Gewinn war zwar nicht so hoch wie außerhalb des Hafens, aber dafür ungefährlicher. Für den Gegenwert der Zigaretten konnten wir manche Party mit den sehr hübschen Kubanerinnen feiern, nur leider wurden wir des Öfteren durch die Angehörigen der Miliz gestört, die dann wieder einmal eine Razzia durchführten, weil sie uns Westdeutschen allgemein nicht unbedingt trauten. Als wir alle Tabakwaren verkauft hatten, drehten wir unsere Zigaretten selber oder rauchten kubanischen Tabak, welcher sehr gewöhnungsbedürftig war.

      Die Kubaner begegneten uns recht freundlich. Sie waren nicht alle mit Fidel Castro einverstanden. Besonders die Barbesitzer beklagten entweder große Verluste oder mussten ihre Bars sogar schließen. Der Hafen von Havanna mit seinen Bars und Kneipen war zu Zeiten des vorherigen Präsidenten Baptista der größte Vergnügungsort der Amerikaner und ein sehr beliebter Ort für Seeleute aus aller Welt gewesen.

      In den Straßen von Havanna, vor den Regierungsgebäuden, waren nun mit bewaffneten Milizionären besetzte Sandsackstellungen errichtet. In die Zufahrtstraßen waren große Löcher gesprengt, um einen eventuellen Vormarsch feindlicher Truppen zu erschweren. Parolen wie „Cuba Si -Yankee No!" oder „Viva Fidel" sahen wir überall an Hausmauern und auf Plakaten geschrieben. In der Stadt bewegten sich viele kubanische Milizionäre und auch sowjetische Soldaten. Schon auf See war uns die große Anzahl russischer und ostdeutscher Schiffe aufgefallen. Die Milizionäre kamen des Öfteren an Bord, um sich günstig Zigaretten und sonstige Dinge zu besorgen. Es waren abenteuerlich aussehende Gestalten mit langen Haaren und Bärten. Mitstreiter der Guerilla, die mit Fidel Castro direkt im Dschungel gekämpft hatten, trugen Bambusketten um den Hals. Auch viele Frauen waren unter ihnen. Einige trugen Revolver wie in Wildwestfilmen. Es kam auch schon einmal vor, wenn sie bei uns an Bord zu viel Alkohol getrunken hatten, dass sie übermütig

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