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Richie gepflegtem Luxus abgeneigt war. Seine Fenster zeigten nach Norden. Wenn er hinausschaute konnte er links drei Stockwerke tiefer die Glaskuppel der exotischen Entspannungsoase sehen, die trotz der geschätzten Entfernung von fünfzig Metern noch gewaltig wirkte. Dahinter befand sich, durch eine Wand von Bäumen verdeckt, noch ein großes Haus. Richie nahm an das es sich um das Gästehaus der Zenders handelte. Eine identische Glaskuppel erhob sich auch rechts des gewaltigen Gebäudes. Laut Lagebroschüre befindet sich unter der zweiten Glaskuppel der Abstell- und Landeplatz des Helikopters. Richie nahm sich vor das Gelände noch gründlich zu erforschen, hielt jedoch im Moment ein Gespräch mit Dr. Strobel für wichtiger. Doch wo suchen? Er verließ sich auf seine Intuition. Die Lagebroschüre wies den zweiten Stock als Bürokomplex aus. Also versuchte er es da. Die Tür des Aufzuges hatte sich noch nicht geschlossen, als Strobel aus einer Tür des langen Ganges getreten war.

       „Sie wollen zu mir Herr Zender? Dann kommen Sie rein und entschuldigen Sie die Unordnung, aber ich bin gerade beim Um- bzw. Einzug und bin weder auf Besuche eingestellt, noch vorbereitet.”

       „Wie kommen Sie darauf dass ich zu Ihnen will Doktor?”

       „Weil ich im Moment der einzige in dieser Etage bin. Sie können natürlich Ihren Spaziergang durch das Gebäude fortsetzen. Ich halte Sie nicht auf. Wenn Sie aber etwas auf dem Herzen haben, dann kommen Sie rein, und nehmen Sie Platz.” Richie schob sich an ihm vorbei und lies sich auf dem einzigen freien Stuhl nieder. Strobel setzte sich in einen Sessel der gegenüber Ric’s Stuhl stand.

       „Leider kann ich Ihnen hier nichts anbieten, da ich noch unzureichend eingerichtet bin”, entschuldigte er sich nun schon zum zweiten Mal. Zender winkte ab.

       „Also wo drückt denn der Schuh?”

       „Ich möchte noch mal auf unser Gespräch im Auto zurückkommen, wo Sie mich über meinen Auftrag fragten. In groben Zügen dürfte Ihnen ja bereits bekannt sein um was es bei dem missglückten Beschattungsversuch ging.”

       „Ja den Werdegang Ihres Unternehmens habe ich mitbekommen, ebenso ihre Situation in Dessau. Und Sie zerbrechen sich jetzt den Kopf über den Russen und meine Rolle, die ich bei der ganzen Sache spiele?” Richie blinzelte mit dem linken Auge und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare.

       „Nicht nur…”, gab Richie wahrheitsgetreu zu.

       „Sie haben sich sicherlich gefragt warum ich gerade hier bei Ihnen auftauche, wie ich überhaupt hergekommen bin, wie ich den Kontakt hergestellt habe und was ich außer Koffern voller Geld zu bieten habe. Natürlich Aljonow nicht zu vergessen. Wie sie sich bestimmt denken können, darf ich auf verschiedene Fragen keine Antwort geben, aber so viel. Ich wurde Anfang der achtziger Jahre in ein Team berufen das die Aufgabe hatte eine länderübergreifende Polizeiorganisation zu schaffen. Ähnlich von Interpol aber auf die RGW-Länder bezogen. Das brachte ein riesiges Paket von Verhandlungen und Gesprächen mit den einzelnen Staaten und deren Sicherheitsorganen mit sich. Und mir eine große Anzahl von Kontakten. Es war ein sehr zäher Verhandlungsmarathon der sich dann Ende der achtziger Jahre mit der Wende in Wohlgefallen auflöste. Danach war ich mehr oder weniger freischaffend tätig oder als Berater. Irgendwann kam der Kontakt mit Ihrem Bruder Reinhard, wo ich auf Ihre Aktivitäten aufmerksam wurde. Das heißt Sie sind in gewissen Kreisen sowieso bekannt, vor allem Ihre Erfolge. Und nun bin ich hier und hoffe auf eine gute Zusammenarbeit. Bitte machen Sie Reinhard keine Vorwürfe, dass er im Vorfeld nicht mit Ihnen über mich gesprochen hat. Es lag alles unter dem Verschwiegenheitssiegel. Und er hat sich nur an die Abmachung gehalten. Eigentlich wissen Sie doch wie das in der Branche läuft. Was ich zu bieten habe ist neben meinen Kontakten auch die Möglichkeit an Zusammenhänge heranzukommen, die Ihnen auf dem normalen Weg verschlossen bleiben. Ich denke wir werden sehen wie fruchtbar unsere Zusammenarbeit ist. Aber ich glaube wir sollten die Möglichkeiten ausleuchten und nach den ersten Ergebnissen neu ordnen und weitere Ziele abstecken. Fakt ist, dass ich solch ein Projekt wie dieses schon lange gesucht habe. Und da habe ich meine Zeit nicht groß mit Abwägungen verbracht, die zu nichts führen. Wenn Sie, nun ja die Spende genauer betrachten, so werden Sie feststellen, dass ein großer Teil des Geldes aus meinem Privatvermögen stammt. Ich bin überzeugt, dass es hier am besten angelegt ist. Ach und noch was. Die Zukunftsanalyse geht eindeutig von mehr Sicherheitsbedürfnis im Einzelnen und der Tatsache des Heranwachsens einer ganz neuen Form der Kriminalität aus. Das vereinte Europa stellt in der grenzenlosen Variation eine ganz neue Größenordnung in der Bekämpfung des organisierten Verbrechens dar. Und ich habe mein Leben irgendwie dieser Sache verschrieben und freue mich auf unsere Zusammenarbeit. Dieser Ex-Oberst Aljonow war in Zerbst in der Zeit von 1987-92 stationiert. Er hielt sich da bei der 126. Jagdfliegerdivision auf. Welche Aufgaben ihn da genau zugeteilt waren ist mir nicht bekannt. Ich werde noch Informationen beschaffen. Ich hoffe das Ihr Wissensdurst wenigstens zum Teil gestillt ist, Richie.“

       „Hatten Sie zu dem Oberst persönlichen Kontakt?“

       „Ja zweimal.“ Richie entschied sich es dabei zu belassen. Er bedankte sich für die Auskünfte. Verabschiedete sich und verließ die Etage, wo Doktor Strobel mit dem Einräumen seines Zimmers fortfuhr. Zender schwankte zwischen einer weiteren Forschungstour in dem großen Gebäudekomplex oder seiner Rückkehr in die Zentrale. Er hielt das Letztere aber dann für den wichtigeren Schritt im Moment. Die Gebäude würden ihm nicht weglaufen und auch in den nächsten Tagen noch da stehen. Schließlich hatte Benno ihm ja angeboten eine Führung durch das Haus mit ihm zu unternehmen. Also ging er in die Zentrale zurück. Dort herrschte geschäftiges Treiben. Edson ließ den Drucker heiß laufen, während er schon nach weiteren Informationen im Internet suchte und Benno beendete gerade ein Telefonat.

       „Hallo Ric, ich habe gerade mal bei deinem Team von gestern durchgerufen. Nur Daniela habe ich nicht erreicht. Hartig und Wollmer sind noch in der Nacht hier in Dresden angekommen. Mike sagt, dass wir uns wegen Daniela keine Gedanken zu machen brauchen, da sie eine Oma in Dessau hat. Bei der wird sie sich nach dem Funkproblem sicherlich eingefunden haben. Warum soll man nicht die Gelegenheit nutzen, wenn man schon mal in der Gegend ist, meinte Hartig.“ Richie schüttelte missbilligend mit dem Kopf und noch bevor er etwas zu Benno sagen konnte, fügte dieser hinzu: „Er hat noch einmal gesagt, dass ihr euch wie verabredet morgen früh in deinem Büro trefft. Vielleicht meldet sich Daniela bis dahin auch noch?“

       „Habt Ihr schon was über den Audi herausgefunden?“

       „Ja“, antwortete Edson und sah von seiner Arbeit auf. Indem er Richie ein Blatt mit Daten reichte sagte er: „Ist auf eine Mareike Schmand zugelassen, die in Grepin, einem Ortsteil von Bitterfeld wohnt. Steht aber alles noch mal hier mit beigefügter Karte.“ Ed, der sich wieder seiner PC-Arbeit widmete sah nicht den erstaunten Gesichtsausdruck von Richie als dieser die wenigen Zeilen überflog. Gerade als Richie das gefaltete Blatt einstecken wollte kam Cassandra Fischer angerauscht und sagte zu Ric.

       „Die ersten Einschätzungen zur Überprüfung der Bodenprobe liegt vor.“

       „Schön dass du Zeit gefunden hast zu unserer Arbeit etwas beizutragen“, warf Richie ein. Cassandra ging darauf nicht ein und fuhr unbeirrt fort.

       „Die Probe setzt sich aus vier Bestandteilen zusammen.

       1. Sand vermengt mit Schmutzpartikeln, typischer Schmutz von Fahrbahnrändern

       2. Humus

       3. Öl – Getriebeöl W 5 – 30

       4. und Blut

       Bei dem Blut kann ich auf die Schnelle nicht sagen ob es tierischen oder menschlichen Ursprungs ist. Das erfordert noch einige Tests. Allerdings vermisse ich bei den Blutbestandteilen Knochensplitter, oder Gehirnmasse. Das sind aber typische Spuren bei einem Kopfschuss. Das sage ich nur, weil ich von einer Art Hinrichtung hörte. Sie machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: „Ich denke dass ich morgen Mittag das Ergebnis vorlegen kann. Jetzt kommt der Kracher.“ Sie legte eine weitere Pause ein, um sich der Aufmerksamkeit der Zuhörer sicher zu sein und fuhr in dem Moment fort, als Doktor Strobel mit einer kleinen Mappe unter dem Arm eintrat.

       „Bei dem Motoröl handelt es sich zweifelsfrei um reines, unbenutztes Öl das noch nicht verwendet wurde.“

       „Kann es sein, dass ein Fahrer Öl bei seinem Fahrzeug nachgefüllt hat und ein paar Tropfen danebengingen, die dann zu der Verunreinigung

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