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weit überschritten. Dies hatte Folgen, die die Untertanen schmerzlich zu spüren bekamen.

      Die wirtschaftliche Lage war durch den anhaltenden Geldmangel der Fürsten, drohende und manchmal auch eintretende Staatsbankrotte sowie durch Inflation und Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Im heldenhaften Freiheitskampf der Niederlande gegen Spanien trug das wirtschaftliche Elend zur Verbissenheit des Wider-standes bei. Karl V. kämpfte sein Leben lang um Steuern und Kredite. Das ging so weit, dass einer seiner größten Geldgeber, der Augsburger Kaufmann Fugger, ihn in einem Brief unverblümt daran erinnerte, dass er niemals Kaiser geworden wäre, wenn dieser ihm nicht den Wahlkampf finanziert hätte. Die Steuerlast, unter der die Untertanen zu leiden hatten, war – auch aufgrund der mangelhaften Organisation – außerordentlich schwer.

      Das System der Verpachtung von Steuerquellen an Privatpersonen – selbstverständlich gegen Zahlung einer stattlichen Summe im Voraus – förderte das Aufkommen eines Systems der persönlichen finanziellen Tyrannei. Staatliche Macht und Privilegien wurden käuflich, und die Folgen dieser Entwicklung ließen nicht lange auf sich warten. Hinzu kam noch die Tatsache, dass die neuen Heere aus Söldnern bestanden.

      Durch die zunehmende Bedeutung der Feuerwaffen verschob sich der Schwerpunkt von der Kavallerie zur Infanterie. Diese Söldnertruppen waren nur aus einem Grund bereit, ihren Herren zu dienen: Sie wurden dafür bezahlt. Der Sold blieb aber oft aus. Das führte zu Meutereien und marodierenden Söldnerhaufen, die jeden, dessen sie habhaft wurden, bis aufs Hemd ausraubten, um auf diese Weise doch noch an ihr Geld zu kommen. Selbst der König von Frankreich, der keine Residenz hatte, sondern mit seinem Hofstaat durch das Land reiste, wäre mehrmals beinahe in die Hände soldatischer Räuberbanden gefallen. Die um ihren Sold geprellten Soldaten verbreiteten überall Unsicherheit und Gewalt. Mord, Totschlag, Überfall und Raub waren an der Tagesordnung, und die Obrigkeit stand dieser Entwicklung weitgehend machtlos gegenüber. Der Besitz von Waffen war weit verbreitet. Und die Soldatengaben ihre Waffen nicht aus der Hand, solange ihr Sold nicht ausbezahlt wurde.

      Für die Verwirklichung des Traumes von Karl V. von einer Vereinigung des Abendlandes unter einer Krone war die Zeit in psychologischer, technischer und finanzieller Hinsicht noch nicht reif. Als er 1555 in Brüssel enttäuscht und zermürbt abdankte, fiel sein Reich auseinander. Spanien, die Niederlande, Italien und die Neue Welt gingen an seinen Sohn Philipp über, die Habsburger Erblande an seinen Bruder Ferdinand, der außerdem deutscher Kaiser wurde.

      König Philipp II., Sohn Kaiser Karls V., herrschte über vier Jahrzehnte, von 1555 bis 1598, als absoluter Monarch in Spanien und den spanischen Besitzungen in Europa und der Neuen Welt. Als Vorkämpfer der Gegenreformation führte er zahlreiche Kriege und suchte den Protestantismus in seinen eigenen Landen mit Gewalt und mit Hilfe der Inquisition zu unterdrücken. In der Nähe von Madrid ließ er den Klosterpalast El Escorial errichten, den er schließlich zu seiner Residenz machte. Das Gemälde von Juan Pantoja de la Cruz gibt Philipp II. in bereits fortgeschrittenem Alter wieder (El Escorial).

      Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches war der europäische Handel zurückgegangen. Die mittelalterlichen Feudalstaaten stellten fast alle von ihnen benötigten Güter selbst her. Gute Straßen und stabile Währungen (wie im Römischen Reich) gab es nicht mehr. Die Kreuzzüge des 12. und 13. Jahrhunderts trugen jedoch zur wirtschaftlichen Entwicklung des Abendlandes bei. Der Handel blühte infolge der Kreuzzüge auf. Amalfi, Pisa, Genua, Venedig, Marseilles und Barcelona wurden Handelszentren. Die Teilnehmer der Kreuzzüge brachten von den Muslimen neue Technologien mit, z. B. die Windmühle. Andere asiatische Erfindungen wurden in der Seefahrt benutzt, z. B. Magnetkompass und Steuerruder. Geld kam wieder in den Umlauf. Das Material dafür lieferte das in den Kreuzzügen erbeutete Gold. Das neue Geld erleichterte den Handel. Auch das Bankwesen wurde wieder geboren. Die römisch-katholische Kirche hatte den Geldverleih gegen Zinsen geächtet und damit die Ausweitung des Handels jahrhundertelang blockiert. Jetzt gab es Kredite, Versicherungen, Akkreditive. Die erste moderne Bank entstand 1171 in Venedig. In Deutschland schlossen sich 1358 die Kaufleute einiger Dutzend Städte zur Hanse zusammen, um sich gegenseitig zu schützen. Die wichtigsten Handelsstraßen verliefen von der Ostsee und dem östlichen Mittelmeer bis nach Mittel- und Nordeuropa.

      Aus den Wäldern des Baltikums kamen Rohstoffe: Nutzholz, Teer, Felle und Häute. Aus dem Osten kamen Luxusgüter: Gewürze, Juwelen und Textilien. Im Austausch gegen diese Güter exportierte Westeuropa Rohmaterial und bearbeitete Waren. Die Engländer verkauften Wollkleidung, die Holländer boten Salzheringe an, Spanien produzierte Wolle, und Frankreich exportierte Salz. Südeuropa war auch reich an Wein, Obst und Öl. Die italienischen und deutschen Städte beiderseits dieser Straßen förderten und finanzierten den Handel. Dennoch war der Handel zwischen Europa und Asien während des Mittelalters eingeschränkt, denn der Transport über Land war teuer, und Europa besaß wenig Wertvolles für den Export in den Osten.

      Die Karte zeigt die wichtigsten Handelsrouten der Hanse und ihre bedeutendsten Mitglieder, Kontore

      und Niederlassungen.

      Die Entwicklung von Überseekriegsschiffen und leistungsfähigen Handelsschiffen im 15. und 16. Jahrhundert führte zu einer raschen Ausweitung des Handels. Als sich die Kosten für den Transport großer, sperriger Ladungen über lange Strecken verminderten, wurde in großem Umfang Getreide von der Ostsee in die Niederlande und andere Teile Europas importiert. Neue Meeresstraßen zwischen Europa und dem Osten gestatteten Importe aus Asien zu niedrigen Preisen und in größerem Umfang als durch die Überlandkarawanen. Die Entdeckung und Eroberung von Nord- und Südamerika schuf den Handel mit Gütern wie Tabak und tropischen Hölzern, später auch mit Sklaven. Der transatlantische Dreieckshandel zwischen Afrika, Amerika und Europa basierte auf der Sklaverei in Amerika und warf rund 300 Jahre lang enorme Gewinne ab. In Deutschland gelang es u. a. den Kaufmannsfamilien der Fugger und Welser, große Handelsimperien zu errichten; als Kreditgeber der Herrscher erlangten sie auch politischen Einfluss.

      Hamburger Hafen

      Hamburg war seit dem 13. Jahrhundert Mitglied der Hanse. Das Bild zeigt den Hamburger Hafen im 15. oder 16. Jahrhundert.

      Die Ausbeutung der reichen Gold- und Silbervorkommen in Mexiko und Peru durch die Spanier veränderte den Charakter des internationalen Handels.

      Mittelalterlicher Markt: Stadtluft macht frei

      Weinmarkt in Brügge auf einem Monatsbild aus dem Kalender von Simon Bening (um 1530)

      Europa besaß endlich ein Gut, für das große Nachfrage in Fernost bestand. Als Gegenleistung für asiatische Importe tauschte Europa Silbermünzen, die in Mexiko, Spanien, Italien und Holland geprägt wurden. Langfristig löste die Edelmetallschwemme in Europa eine inflationäre Entwicklung aus. Mit Hilfe von Technologien und Fertigkeiten, die sie bei der überseeischen Navigation entwickelt hatten, eroberten die Europäer den Seehandel in Asien. Europäische Schiffe transportierten japanisches Kupfer nach China und Indien, indische Baumwolltextilien nach Südasien und persische Teppiche nach Indien. Der Handel mit bestimmten Haupthandelsgütern erlebte einen wahren Boom. Die Importe von Tabak aus Virginia und Maryland nach England stiegen beispielsweise im 17. Jahrhundert um mehr als das Tausendfache.

      Während der Fernhandel weiterhin wuchs, tauchten neue Formen der Handelsorganisation auf. Zuerst wurden die informellen Vereinigungen abgelöst durch gesetzliche Personengesellschaften. In Holland war es nach 1500 nicht ungewöhnlich, dass eher Aktionäre als Kapitäne die Schiffseigentümer waren. Nach dem 16. Jahrhundert organisierten die Kaufleute ihre Geschäfte üblicherweise über Handelsgesellschaften.

      Diese großen Kompanien, die vom Staat gegründet wurden, aber im Besitz und unter Leitung von Privatleuten waren, besaßen nationale Monopole für den Handel mit bestimmten Regionen.

      Marktwirtschaft, Kapitalismus, Globalisierung – alles, was sich heute durchgesetzt hat, entstand in ersten Ansätzen im Europa des Mittelalters. Handelsdynastien wie die Fugger waren europaweit aktiv – auch mit Bestechungsgeldern für Kaiser und Fürsten.

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