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herbei; sie schlugen dem Leichnam einen Eisenhaken unter dem Kinn in den Kopf und schleiften den Toten hinaus. Andere Knechte gingen hinterdrein, die Blutspur mit frischem Sande zu verdecken und die triefende, breite Furche zu glätten.

      Aber schon drang von einer andern Stelle der Arena her jauchzendes Geschrei von Weiberstimmen. Ein neues, fröhlicheres Schaustück hob an. Der kaiserlichen Tribüne gegenüber sammelte sich ein Gewimmel vollkommen nackter Frauen und Mädchen. Mit schamlosen Gebärden belustigten sie die Menschenmenge, während die Ordner des Spieles sich mühten, einzelne Gruppen abzuteilen.

      Es sollte ein Wettrennen werden, dem dann ein Rennen zwischen den Siegerinnen der Einzelgruppen folgte. Fünfzig gänzlich entblößte, in der Sonne marmorn weiß leuchtende Leiber schoben sich durcheinander. Helles Kreischen und unzüchtige Redensarten schollen bis zu den Sitzplätzen hinauf. Kaum gelang es den Ordnern, sich der Zudringlichkeiten dieser entfesselten Mänaden zu erwehren und sie in bestimmte Gruppen zu bringen. Jede von ihnen wollte bevorzugt sein.

      »Habe ich mir darum mit Harzpflastern und glühenden Nußschalen alle Haare vom Körper entfernen lassen, daß du mich nun so zurückstellst?« schrie eine in ganz Rom als ungeheuerlich ausschweifend bekannte Frau mit Namen Catulla den Ordner an. Dabei hob sie die Arme und zeigte ihre entblößten Achselhöhlen.

      Cervia aber, eine sehr begehrte Hetäre, hing sich dem Ordner an den Hals und suchte ihn mit heißen Versprechungen zu gewinnen, auf daß er sie in die erste Gruppe nähme.

      »Ich werde Siegerin sein in dieser Gruppe, und dann bleibt mir Zeit zum Ausruhen, damit ich auch im Endkampf der Siegerinnen siege,« flüsterte sie dem Manne zu. »Sei klug, Varillus! Dann sollst du mich einen Monat lang täglich besuchen dürfen und auch nicht die kleinste Münze, noch nicht ein As bezahlen für alle Freuden, die ich dir bereite.«

      Ein hochgewachsenes, schönes Mädchen namens Polita löste sich aus dem Trubel. Sie trat näher an das Podium heran, zeigte ihren herrlichen Körper von allen Seiten und gab sich durch obszöne Stellungen allen Augen preis. Endlich die Hände unter die schneeigen Brüste legend, stand sie still und schrie zu Caligula hinauf:

      »Achte auf mich besonders, Herr! Siehe diese Kugeln aus Marmor. Du wirst deine Freude haben, wie sie gleich weißen Lämmern vor mir herhüpfen, wenn ich renne.«

      Der Kaiser lachte Tränen über diesen ihn köstlich dünkenden Witz. Zur Belohnung streifte er einen der Ringe ab, mit denen seine Finger über und über bedeckt waren. Er warf die Kostbarkeit der Polita zu. Doch das Mädchen verfehlte im Fange den funkelnden Ring. So verschwand er im Sande.

      Einige der Gefährtinnen hatten den Vorgang verfolgt. Nun sprangen sie herbei, sich der kaiserlichen Gabe zum Nachteil der Polita zu bemächtigen. Kaum gewahrten die übrigen Rennerinnen, um was es sich handle, als auch sie die Ordner beiseitestießen und sich am Kampf um den Ring beteiligten.

      So balgte sich unter schrillem Jauchzen und Lachen ein Gewirbel von nackten Weibern vor dem Podium, rollte in toller Lebensfreude auf dem Sande und stellte alle Geheimnisse entkleideter Glieder zur Schau.

      Caligula vergaß den voraufgegangenen Ärger. Er selbst gab das Zeichen zu einem Beifall, wie er an diesem Tage im Zirkus noch nicht gehört worden war. Der Kaiser strahlte. Die Zufallsszene da unten in der Arena bedeutete einen großen Moment, die Krönung der Zirkusvorstellung. Die Stimmung des Volkes loderte auf gleich einem Freudenfeuer. Die Gunst der Massen war wieder einmal gewonnen.

      Abalanda sah mit verfinstertem Gesicht auf diese Orgie der Leiber. Zwischen den Eltern hatte Valeria Messalina ihren Platz. Zu seinem Staunen gewahrte Abalanda, daß das junge Mädchen ohne jede Scham oder Scheu auf die Szene fesselloser Nacktheit blickte.

      Valeria Messalinas dunkle Augen hafteten staunend, eindringlich die Einzelheiten verfolgend, auf dem Strudel der Lebenslust, an dessen Oberfläche blankes Fleisch und bloße Haut zusammenschäumte zu einem Wust schillernder Leiber, bald auseinander sprühte in Flocken einzelner wirbelnder Körper, um immer wieder zurückzuwellen zum jauchzend verknäulten Durcheinander nackter Glieder. Sie war zum ersten Male im Zirkus. Eine fatale Absicht der Eltern hatte ihr diesen ungewohnten Besuch gestattet. Den blühenden Mund zu einem unbewußten Lächeln geöffnet, atmete Valeria Messalina wollüstig unbewußt den Duft von Balsam und Wohlgerüchen ein, der durch die Erhitzung der Katzbalgerei sich von den parfümierten Körpern der Frauen dort unten löste. Zwischen der Elfenbeinreihe der schönen Zähne des Mädchens erschien hin und wieder die feuchte Zungenspitze, als genieße sie einen köstlichen Leckerbissen. Die Nüstern der edelgeschnittenen Nase blähten sich und bebten, als wolle der hastig gehende Atem das aufsaugen, was dem Sinne der Augen entging.

      Betroffen senkte Abalanda das Haupt. Er war tief enttäuscht. Nicht Abscheu, wie er erwartet, sondern ein genußfreudiges Begehren durchzitterte das Mädchen, das er in der stillen, sich gern verbergenden Liebe verehrte, die den Männern seiner nordischen Heimat eigen war. Dort warb man um das Weib und mußte sich den Besitz erkämpfen. In diesem brünstigen Rom aber raste die Liebe nackt vor den Augen alles Volkes und warf sich jedem an den Hals, der ihrer, wenn auch nur flüchtig, begehrte.

      Messala hatte den jungen Mann beobachtet. Er kannte das Leben genau, war zu sehr Menschenkenner, als daß er nicht längst bemerkt hätte, wie es um das Herz seines Gastfreundes stand. Der Aënobarbus strich sich über den rötlichen Bart, der sich seit Lucius Domitius den meisten Männern der Familie vererbte.

      Man erzählte: zwei göttliche Jünglinge hätten vor Zeiten durch Berührung das dunkle Haupthaar und den Bart des Lucius zu rot schimmernder Erzfarbe verwandelt, um so ihre olympische Herkunft zu erweisen.

      Nachdenklich seinen »Erzbart« krauend, beugte Messala sich vor und musterte das stille Antlitz Abalandas. Er sann. Gewiß war es besser, den Kaiser zu bitten, den jungen Nordländer einem andern Hause in Rom als Gast zu überweisen. Caligula hatte durch die Einladung Valeria Messalinas zum Gastmahle dargetan, welchen Gefallen er an ihr fand. Noch immer war die Gunst der Cäsaren ungesucht den Aënobarbi zugefallen. Nur Caligula hatte bis jetzt gezögert. Aber jetzt, da der Imperator das unüberlegte, jugendlich abweisende Verhalten des Mädchens nicht übelgenommen, ja auch die ungehorsame Weigerung, an seiner Seite den Zirkusspielen beizuwohnen, weder sonderlich beachtet noch geahndet hatte, blühte neues ungeahntes Heil der Familie. Er, der Vater, würde Messalina schon lehren, ihr Glück zu begreifen. Zwar war ihr starker Selbstwille – der ererbte »Eisenkopf« als Familieneigentümlichkeit – nicht leicht zu brechen. Offenbar gefiel ihr auch die in Rom nicht bräuchliche und als fremdartig um so anziehendere stumme Verehrung des Gastes aus Germanien. Ehe aber hieraus ernstere Zuneigung sich entwickelte, mußte ein Riegel vorgeschoben werden. Eine Römerin und ein Barbar – unmöglich! ...

      Glücklicherweise gab Caligula gerade jetzt das Zeichen zum vorzeitigen Aufbruch. Er hatte sich satt gesehen an dem mänadischen Gebaren der Weiber in der Arena und versprach sich vom Wettrennen der nackten Schar nun keine gesteigerte Belustigung. Bevor er die Tribüne verließ, verharrte er noch einen Augenblick neben seinem Elfenbeinstuhle. Er suchte mit den Augen die Reihen der ihn grüßenden Vornehmen ab, einen Blick auf Valeria Messalina zu erhaschen.

      Messala trat rasch neben seine Tochter. »Dränge dich vor und grüße den Kaiser besonders zuvorkommend!« befahl er.

      Das Mädchen, noch im Banne des Erlebten befangen, gehorchte, fast ohne zu wissen, was sie tat. Auch die Mutter Lepida schob sie an den Schultern vorwärts. So hob Valeria Messalina beide Arme und winkte in kindlicher Gebärde, noch im Rausche der Erregung über die ungewohnten starken Eindrücke auf ihr junges, kaum erwecktes Gemüt.

      Befriedigt gewahrte der Vater, daß Caligula huldreich den Gruß erwiderte. Der Kaiser nickte mehrmals zu der Reihe hinauf und rief dann den Prätor zu sich, dem er eindringlich einen Auftrag erteilte. Unter den begeisterten Zurufen der Menge verließ er sodann den Zirkus.

      Wenig später kam Proculejus Gillo und sprach den Messala an.

      »Der Kaiser läßt dir sagen, du mögest es nicht als Ungnade auffassen, wenn er dich ersuchen läßt, statt dem von ihm gegebenen Gastmahle dem Gastmahle seines Günstlings Protogenes beizuwohnen,« bestellte der Prätor.

      »Ich

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