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grüßen dich, deine Weisheit und Güte!«

      Die Sänfte Caligulas hatte die Gasse der Prätorianer erreicht und bog nun ein auf den Platz. Da befahl ein kurzes Wort Halt. Der Kaiser ließ sich nahe herantragen an die Doppelreihe der Garden. Die zur rechten Seite der Lektika schreitenden Sklaven, zwei ungeheuere Neger, wußten, was nun ihres Amtes sei. Der eine hielt eilig seinem Herrn eine geöffnete silberne Schatulle hinauf, der andere hob einen schweren, goldverzierten Mahagonikasten auf das afrikanische Wollhaupt. So traten sie dicht unter die zugreifenden Hände des Kaisers.

      Caligula langte in die Silberschatulle und warf Münzen über die Köpfe der Prätorianer hinweg unter das Volk. Während sich nach jedem Wurf die Menschen, die kaum sich regen konnten, um die Geldstücke rauften, traten die Sänftenträger stets ein paar Schritte weiter vor. Ein neuer Münzensegen – ein neues Gebalge.

      Der Kaiser sah nun aufrecht und sah dem Toben zu. Da rann ein Grinsen des Wahnsinns um seinen breiten Mund. Die grausam heimliche Vorfreude an dem Erfolg eines nun zu vollbringenden Tuns, eine neue Ausgeburt seines kranken Hirns.

      Er griff diesmal in den Mahagonikasten, dem er einen glitzernden Gegenstand entnahm. In prüfenden Fingern hielt er einen nach vorn zu konisch verlaufenden Pfeil von etwa Daumengröße und Griffeldicke, dessen Spitze nadelgleich verlängert war. Am Hinterende zeigte dieses winzige, stählerne Wurfgeschoß vier aus dem Metall herausgearbeitete Flügelchen. Dieser Pfeil mußte infolge seiner Form senkrecht niederfallen, einerlei wie man ihn warf.

      Das Volk sah zu Caligula hinauf, erwartungsvoll schweigend, bereit zu neuem Jubelgeschrei. Denn was sollte das blitzende Ding in des Kaisers Hand anders sein als ein Schmuckgegenstand? Der große Mahagonikasten barg sicherlich noch mehr des Schatzes, den der wilde, aber gebefreundliche Cäsar nun an die Menge vergeuden würde. Es galt aufzupassen, daß man seinen Teil erwischte. Ein einziges der gleißenden Stücke war gewiß mehr wert, als eine Handvoll Münzen aus der Silberschatulle.

      Caligula ließ die Plebs harren, indem er mit der Linken gemächlich Stück für Stück aus dem Mahagonikasten entnahm, blinkende Reihen in die Spalten zwischen seinen Fingern fügend. Hin und her über die zu ihm heraufstarrenden Gesichter glitt der lauernde Blick. Keiner der Erwartungsvollen las in der Begier der Gewinnsucht die Tücke in des Spenders Augen.

      »So wirf doch, Cäsar!« rief endlich kühn eine hübsche junge Frau in ihrer Schmucklüsternheit und machte dem Kaiser vielverheißende Augen.

      Caligula musterte die durch die Rauferei um das Geld aus dem zerrissenen Gewande hervordrängenden weißen, prallen Brüste der Ruferin. Er nickte ihr zu. Langsam hob er den Arm und die, von der bereitgehaltenen Gabe funkelnde Hand. Plötzlich die Finger öffnend, warf er.

      Aller Blicke starrten dem in der grellen Sonne silberig niederflirrenden Regen entgegen. Dann mischte sich in das Heilrufen der Hintenstehenden das Jammergeschrei der Menschen, in deren Augen, Gesichter, Köpfe, Schultern sich die nadelscharfen Wurfgeschosse bohrten.

      Der Kaiser trieb seine Sänftenträger vorwärts. Gierig griff er in die Silberschatulle und streute Münzen aus. Und wenn die sich bückenden Rücken der um die Geldstücke Kämpfenden ein bequemes, unfehlbares Ziel boten, scharrte er wie ein Rasender in dem Mahagonikasten und verschleuderte händeweise die von seinem blutrünstigen Aberwitz ersonnenen Pfeile.

      Da hielten die Sänftenträger des Kaisers just neben einer Sella. Es war der Tragsessel der Valeria Messalina.

      Etwas im Blicke des jungen Mädchens hinderte den Tyrannen an der Fortsetzung seines scheußlichen Vergnügens. Doch da er wußte, wie wenig Gewalt er über sich hatte, sobald der Hang zur Grausamkeit ihm die letzte Regung der Menschlichkeit aus dem Marke fraß, scheuchte er durch Hiebe mit der Stachelpeitsche die beiden Bewahrer der Silberschatulle und des Mahagonikastens fort. Ein befehlendes Wort, und Caligula war dicht genug bei Valeria Messalina, um ihr die Huld einer Ansprache zu gewähren.

      »Wie alt bist du, meine Tochter?« fragte er mit schleimiger Freundlichkeit, während seine Blicke frech in die Verborgenheiten des jugendlichen Mädchenleibes einzudringen suchten.

      Valeria Messalina, innerlich erschauernd unter dem schamlosen Anstarren des häßlichen Menschen, lächelte verängstigt und erwiderte: »Zu jung, hoher Cäsar, um deiner erhabenen Beachtung würdig zu sein.«

      »Meine Schwester Drusilla – doch nein, Panthea Drusilla, die Allgöttin – war weit jünger als du, da ich, selbst noch ein Knabe, in ihrem Schoße dem Eros opferte,« gab Caligula geil grinsend zurück.

      »Wie kannst du mich, o Cäsar, mit deiner Göttin Schwester vergleichen!« entgegnete zaghaft Valeria Messalina und suchte den Faunsaugen des Kaisers zu entrinnen.

      Geruhsam weidete er sich an der bebenden jungen Gestalt, deren lieblichster Schmuck nicht die Schönheit war, sondern der Zauber der Unschuld.

      »Du bist noch unberührt?« forschte Caligula mit geheuchelter Sachlichkeit. Zu tiefster Empörung errötend, warf sie den Kopf in den Nacken.

      »Wärest nicht du es, Cäsar, der mich so verletzend fragt, ich würde in schweigender Verachtung meinen Trägern befehlen, mich aus deiner Nähe zu entfernen,« erwiderte sie in der Kühnheit gekränkter jungfräulicher Würde. Doch als sie sein von diesem Todesmute betroffenes, fast törichtes Gesicht bemerkte, setzte sie mitleidig stolz hinzu: »Man hat mir erzählt, es gebe in Rom kein unberührtes Mädchen. Das gibt deiner Frage ihr Recht. Aber wisse, Cäsar, seit ich, Valeria Messalina, erwachsen bin, strafe ich diese Behauptung Lügen.«

      Caligula kaute in nervöser Wut an der Unterlippe. Leise, schneidend, unheildrohend stieß er hervor:

      »Du wirst heute zum Gastmahl im Palatin erscheinen. In koischem Gewande.«

      Angstgeladene Stille herrschte ringsum. Die Eltern des tollkühnen Mädchens standen steif in sich zusammengesunken. Sie wußten, der Tod schwebte über ihrem Kinde und ihrem eigenen Haupte.

      Doch ahnungslos oder die Gefahr verachtend, rief Messalina erregt:

      »In koischem Kleide? Im durchsichtigen Gewand der leichtfertigen Weiber? Niemals, Cäsar!«

      Alles duckte die Köpfe. Jetzt mußte der zerschmetternde Blitz niederzucken auf das verwegene Geschöpf und seine Sippe.

      Aber zu allgemeinem Staunen sprach Caligula gelassen:

      »Wenn du nicht willst, daß ich dich auf der Stelle entkleiden lasse, so widerrufe deine Weigerung augenblicklich!«

      Statt einer Antwort befahl Valeria Messalina mit fester, heller Stimme ihren Sellaträgern, den Ort zu verlassen.

      Doch hier mischte sich der Vater Valerius Messala Barbatus endlich in die gefahrenstrotzende Debatte.

      »Sie wird erscheinen, wie du es befiehlst, o Cäsar. Verzeih einem törichten, unmündigen Kinde!«

      Er beugte flehend das Knie.

      Der letzte Blutstropfen war aus dem Gesichte des Kaisers gewichen. Mühsam beherrschte er seine zuckenden Züge. Er hatte anderes mit diesem Mädchen vor als ihren blutigen Tod im Zirkus. Zunächst! Daher winkte er nachlässig gewährend Valerius Messala zu, warf sich auf den Rücken und gab sich wollüstigen Vorstellungen hin.

      Die Pompa circensis setzte sich langsam wieder in Bewegung, dem Zirkus entgegen.

      Wagenrennen und kleinere Zirkusspiele waren beendet. Bis dahin hatte sich auf dem Sande der Arena nichts ereignet, was die verwöhnte Schaulust der Römer noch nicht gesehen hätte. Durch die Reihen der Sitze, die dem einfachen Volke dienten, lief ein vorsichtig leises Murren.

      »Bietet Caligula uns nach diesen großen Verheißungen nicht mehr, als was er bis zur Stunde bot, so wollen wir lieber im Schatten des Sonnensegels ein Schläfchen halten,« sagte der Gerber Fufidius. Er sprach laut genug, auch von anderen verstanden zu werden.

      »Schweig' doch, Unseliger,« warnte ihn sein Freund Verres und versetzte dem gelangweilt Gähnenden einen heftigen

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