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Hardcore. H. C. Schwarz
Читать онлайн.Название Hardcore
Год выпуска 0
isbn 9783753193229
Автор произведения H. C. Schwarz
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
wie es kommen musste. Am Ende seines ausgedehnten Höhenfluges, stürzte der goldene Reiter ab.
Als ich nach dem brutalen Aufprall zu mir kam, wusste ich nicht mehr, wo oben und unten war. Um Selbstmordkandidaten wie mich wieder in die Spur zu bringen, hatte die Psychiatrie verschiedene Instrumentarien auf Lager. Einige davon basierten auf Routinen, sich wiederholende Abläufe, um die kein Weg herum führte.
Als Nichteingeweihter würde man es nicht vermuten, aber auch in der hermetischen Welt der Irren gab es so etwas wie einen Alltag, gab es Strukturen, die als Orientierungshilfe dienen sollten. Die Klapsmühle wartete mit jeder Menge Leitfäden auf, an denen wir Spinner, die die Bodenhaftung verloren hatten, uns zurück in das ganz normale Leben hangeln sollten.
Eine besondere Rolle in diesem künstlich erzeugten Wirrwarr aus sich überkreuzenden Leitfäden spielte der Morgenkreis, der jeden Morgen direkt im Anschluss an das Frühstück stattfand. Ein Ritual, in dem gelabert wurde bis zum Abwinken und bei dem niemand fehlen durfte.
Und so saßen wir wie jeden Morgen nach dem Frühstück im Kreis und ließen uns die selbstgestrickten Problemchen aus der Nase ziehen. Eine chronisch übermüdete Therapeutin und wir, die Idioten aus der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie. Professionelles Ringen um Verständnis und Aufmerksamkeit traf hier in zuverlässiger Regelmäßigkeit auf sture, bleichgesichtige Verweigerungshaltung.
„Mit einem fröhlichen Guten Morgen begrüßen wir diesen wunderschönen Tag. Willkommen, liebe Bewohner der Station B1 zu unserem Morgenkreis!“
Station B1. B wie bekloppt, irreparabel und unwiderruflich. 1 wie die oberen Zehntausend, das dreckige Dutzend der besonders Bekloppten.
„Ihnen auch einen ganz besonders wunderschönen, guten Morgen, Frau Doktor Hansen-Meyer.“
Nach der Begrüßungsformel kehrte meistens erst einmal Grabesstille ein. Alle starrten betreten auf den Boden und mieden den Augenkontakt mit Hansen-Meyer, weil uns ihr ellenlanger Rundumblick total auf den Keks ging. Er sollte so etwas wie Mitgefühl suggerieren. Kam bei uns aber nur extrem klebrig und künstlich an und gab uns das Gefühl, nichts wert zu sein. Ihr Mitleid war echt das allerletzte, definitiv nichts, was wir haben wollten.
Konnte die bescheuerte Kuh das nicht aus unserer Reaktion ablesen? Die war hochgebildet, hatte während ihres Studiums jedes nur erdenkliche Feintuning bekommen, um mit Kapeiken wie uns zu arbeiten, checkte aber eigentlich gar nichts.
„Ja, wie geht es uns denn heute? Nur frei von der Seele weg!“
„Uns geht’s ganz wunderbar, Frau Doktor Hansen-Meyer.“, nuschelte, murmelte der vielstimmige Chor der Sedierten. Und dann ging es los. Auf dieses Stichwort hin öffnete sich die Büchse der Pandora und alle legten los wie irre. Jeder wollte am liebsten eine Stunde lang pausenlos sabbeln und dieselbe Story wie am Tag zuvor erzählen. Jeder wollte am liebsten ganz allein auf der Bühne stehen und den Rest der Mannschaft mit immer demselben Scheiß zu Tode langweilen. Aber dann mussten sich alle damit abfinden, dass das Interview, wie Frau Hansen-Meyer den morgendlichen Smalltalk vornehm titulierte, wie immer nach strengen Richtlinien ablief. In hohem Bogen warf sie einem in der Runde das sogenannte Quasselkissen zu, wobei man, wie beim Hochzeitsstrauß vorher nie wusste, wer diesmal den Anfang machen durfte. Dann stellte sie die Eieruhr, deren lautes Uhrwerk einen ständig daran erinnerte, dass andere auch noch ein Wörtchen mitzureden hatten.
Ich hielt mich meistens kurz. Mein Redebedarf tendierte ohnehin gegen Null. Am liebsten hätte ich einfach nur immer denselben Text abgespult:
Danke der Nachfrage Frau Hansen-Meyer. Ja, heute ist wirklich ein wunderschöner Tag. Ein schöner Tag, um zu sterben.
Meinen aktuelles Lieblingszitat entstammte der total abgegriffenen Ausgabe eines Wildwestromans, den ich mir in unserer kleinen Bücherei hier auf dem Anstaltsgelände ausgeliehen hatte. Im Gegensatz zu dem tapferen Indianerkrieger, dessen würdevolle Abschiedsworte mir in diesem Moment durch den Kopf schossen, sprach ich mein Wort zum Montag natürlich nicht aus, Pokerface.
Wenn SIE erfahren hätten, was in mir vorging, wäre ich bis an mein Lebensende hier eingesperrt geblieben. Und nichts hasste ich mehr, als nicht mehr Herr meiner selbst, ein Gefangener des feindlichen Systems zu sein.
Ein irrer Drogenfreak, eine Gefahr für sich selbst und andere, lautete ihr Urteil. Dabei hatte ich doch einfach nur versucht, mir das Leben zu nehmen. Kein halbherziges, dilettantisches Schmierentheater, kein jämmerlicher Schrei nach Aufmerksamkeit, nein, ich wollte tatsächlich sterben.
Aber das war eigentlich kein Wunder. Selbstmord war doch eigentlich nur das konsequente Finale meines Lebensmottos.
Life like fucking suicide!
1.2 Abort
Ungefähr einen Monat,
bevor ich ins Irrenhaus eingeliefert wurde, saß ich bereits am frühen Vormittag bis obenhin zugedröhnt mit Koks in der beengten Kabine einer öffentlichen Herrentoilette und schrieb folgenden Satz in mein Tagebuch:
Wenn man das Gesamtwerk der Drehbücher erotischer Filmkunst oder passender formuliert, die Fick- und Gebrauchsanweisungen aller Pornos analysieren würde, wäre das öffentliche Klo, also eine dieser Hundehütten, die einen eher zu klaustrophobischen Angstzuständen als zum Kacken animieren, zumindest der zweithäufigste Drehort.
1.3 Porno
Die Location
war winzig, die Luft zum Schneiden. Die Gluthitze der Scheinwerfer brachte das ekelerregende Gemisch aus Gleitmittel, Schweiß und anderen Körperflüssigkeiten so richtig schön zum Kochen.
Den ganzen Vormittag hatten wir schon in den Katakomben einer nach abgestandenem Rauch und verschüttetem Fusel stinkenden Dorfdisco verbracht, ohne auch nur eine einzige, vollständige Szene im Kasten zu haben. Erst hatte die Darstellerin keinen Bock auf Analverkehr und dann war ihr Partner plötzlich völlig abgetörnt und kriegte keinen mehr hoch. Aber die Leute von der Produktion hatten in solchen Fällen ihre bewährten Methoden. Sie bekam mehr Gage und er eine Spritze in den Schwanz.
Schließlich kam das Traumpaar also doch noch in die Gänge. Er hämmerte volles Rohr drauf los und schielte dabei beifallheischend in die Kamera, während das arme Mädel die Zähne zusammenbiss und gleichzeitig krampfhaft versuchte, möglichst vorteilhaft rüber zu kommen. Aus meiner Perspektive hinter dem Monitor wirkte ihr verkniffener Gesichtsausdruck jedoch weder besonders geil noch fotogen. Sichtlich gequält stöhnte sie mit den unbeholfenen Stößen ihres übereifrigen Stechers um die Wette. Mit ihrem vor Anstrengung knallrot angeschwollen Kopf und den aufgepumpten, an ihrem dürren Body reichlich überproportioniert wirkenden Kunsttitten ähnelte sie einer aufblasbaren Bumspuppe, die jeden Moment platzten konnte.
Extrem unerotisch das Ganze. Ich drehe mal wieder eins dieser Bilder, die die Welt nicht braucht, gestand ich mir ein. Aber was soll ich machen, auch einem Pornoking sind manchmal die Hände gebunden.
Während der Kameramann kniend und mit gequältem Gesichtsausdruck auf den schmierigen Fliesen herum rutschte und sich nach Kräften bemühte, den Hintereingang der Darstellerin und dass rasende Glied darin möglichst ungewöhnlich durch eine extrem untersichtige Perspektive in Szene zu setzen, verdrückte ich mich unauffällig in das benachbarte Herrenklo.
Die Kamera kannte das Spiel inzwischen ja in- und auswendig, wusste quasi im Schlaf, welche Einstellungen man brauchte, damit der Fick nachher geschnitten möglichst flüssig und authentisch wirkte. Als Regisseur war ich in dieser Phase des Drehs relativ überflüssig. Mein Amt waren eher die schauspielerischen Einlagen zwischen den koitalen Highlights, die allerdings trotz etlicher Wiederholungen und arbeitsintensiver Proben mit den, meist leicht unterbelichteten Darstellern,