Скачать книгу

sich Sam White, sich in Sicherheit wiegend.

      John zeigte auf sich, um zu sagen, dass er ihn hängen würde.

      Sam White kicherte. »Dann wirst du auch gehängt. Ohne einen Richterspruch wärest du dann nämlich ein Mörder.«

      »Das bin ich schon«, erinnerte John, in Anspielung auf William Emerald, »aber siehst du mich in Ketten?«

      Sam White wurde ernst. Er versuchte, nach vorn zum City Marshal zu blicken, den engen Gang entlang, einige Yards Wegstrecke. »Woher weißt du, wer ich bin?«, wisperte er hibbelig.

      John tippte an seine Schläfe, die unter der Hutkrempe Licht aufsog. »Ich kenne die Bösen.«

      »Wüsste es der Marshal, wäre der Sheriff schon auf dem Weg«, zweifelte Sam White an der Streuung der heiklen Information.

      John ergänzte: »Morgen früh hole ich dich, entweder um dich zum Galgen zu bringen oder um dir ins Grenzland zu folgen.«

      »Soll mich Paradise City oder mein Bruder lynchen?«, sah Sam White keinen günstigen Ausweg bei den Optionen.

      John zuckte mit den Schultern und ging zurück zum City Marshal, wo er sich seinen Colt Thunderer samt Holster nahm.

      »Genug geturtelt?«, fragte Ed Five im Buch vertieft, mit den Stiefeln auf dem Tisch.

      Plötzlich donnerten Schüsse auf der First Street. Ed Five sprang auf, nahm sich sein Gewehr und rannte geduckt zum Fenster. Auch John bückte sich und zog seinen Colt Thunderer.

      Weitere Schüsse hallten. Einschläge schlugen durch Wände, Tür und Fenster. Porter Point kroch herein.

      »Verdammte Scheiße!«, schrie er und feuerte in die schummerige Dunkelheit hinaus.

      »Was soll der Mist?«, rief Ed Five.

      »Die haben Dave erwischt«, antwortete Porter Point, als er sich eine Deckung suchte. »Es ist der andere Kerl«, nickte er nach hinten zum Insassen. »Der Whiteman.«

      Neue Schüsse erschwerten die Kommunikation. Dazu hallten lallende Rufe von der Straße, man solle den Gefangenen herausrücken. Gelächter. Stiefelsporen, die über den Boden surrten. Flaschen, die zerbrachen. Eine Sause nach der Jause.

      »Sind es die White Horses?«, fragte Ed Five erschrocken.

      »Nein«, beruhigte Porter Point. »Nur der eine. Anscheinend hat der ein paar Dummköpfe angeheuert.«

      »Und Dave?«

      Porter Point schüttelte den Kopf.

      Ed Five schaute zu John, dann nach hinten, wo der Geforderte einsaß, dann zu den Einschusslöchern, durch die Patronenrauch von draußen hereinwaberte.

      »John«, sagte er, »willst du mein neuer Deputy sein?«

      John sah ihn skeptisch an. Daraufhin stand er auf, nahm widerstandslos den Zellenschlüssel, ging zu Sam White, sperrte ihm auf, erlöste ihn von den Fußfesseln, schubste ihn nach vorn zum Büro, steckte ihm seine Waffe in den Hosenbund, wickelte ihm sein Holster um und drängte ihn zur Tür, vor sich, wie ein Schutzschild.

      »Du bist ein Neger im Holzhaufen«, konnte Sam White nicht glauben, was ihm widerfuhr, und welcher Holzkopf es ermöglichte.

      »Was soll das?«, echauffierte sich Ed Five.

      »Ich rette uns den Wazoo!«, sagte John.

      Sam White grinste, obwohl er noch mit den Händen gefesselt war und John ihn wie Vieh vor sich hertrieb.

      Als John ihn durch die Tür schubste, stoppte der Beschuss. Die 3 Männer warteten und hofften, dass man sie weder ausräucherte noch durchlöcherte. Schließlich kehrte Ruhe ein. Das Gelächter entfernte sich. Pferdehufe trappelten davon. Zwar drang der Geruch von brennendem Petroleum herein, aber nur, weil die Beleuchtung heruntergeschossen worden war. Kleine Brandpfützen loderten auf der First Street und auf der schutzlasierten Veranda des Gebäudes des City Marshals.

      »Boss«, begann Porter Point, »erst wolltest du keinen Whiteman hier haben und dann willst du einen mit deinem Leben verteidigen?« Er rappelte sich auf.

      Ed Five wischte sich den Holzdreck und Pulverstaub von der Kleidung, den Schweiß von der Stirn und Rotze aus dem Schnauzbart. »Er diente unserem Schutz«, nörgelte er.

      Porter Point zeigte widerlegend auf die Einschusslöcher.

      »Jetzt haben wir nichts mehr, womit wir handeln können«, stöhnte Ed Five. »Wenn sie kommen, wird uns nicht einmal die weiße Flagge schützen. Sie werden alles niederreiten.«

      Er ging zur Tür, öffnete sie und inspizierte den toten Körper von Dave Star, perforiert von dutzenden Kugeln. Die zerschossene Whiskeyflasche hatte ihren Inhalt um ihn herum rieseln lassen.

      »Ich bin im Heaven Hell«, sagte er verdrießlich.

      »Sollten wir nicht einen klaren Kopf bewahren?«, fragte Porter Point, selbst noch blau.

      »Ich muss telefonieren«, klärte Ed Five auf und nickte zu Dave Star. »Sein Vater wird nicht erfreut sein.«

      Porter Point wusste, wovon der City Marshal sprach. »Er wird kommen.«

      »Ja. Und wir werden dann gehen.« Ed Five ging.

      Porter Point blinzelte zu John, der am Fenster ausharrte und in die junge Nacht schaute. »Du bist das Problem!«

      John erwiderte den giftigen Augenkontakt. »Soweit ich weiß, war ich die Lösung.«

      »Du bringst die White Horses in unser Städtchen. Ich sollte dich auf der Stelle erschießen.« Er richtete seinen Revolver auf ihn.

      John, immer wieder aus dem Fenster spähend, hob locker den Finger. »Ihr braucht jeden Mann.«

      Porter Point knurrte. »Du bist eine Schabe, kein Mann! Man sollte dich zertreten.«

      »Ja«, gestand John freimütig. »Aber noch bin ich hier. Bald werde ich weg sein. Bis dahin kannst du dich über meinen Witwenmacher freuen.« Er tippte erst auf seinen Colt Thunderer und nickte danach auf den Revolver des Deputys. »Bevor du einem Revolvermann drohst, solltest du dir sicher sein, dass du noch Patronen in der Trommel hast.«

      Porter Point stockte, lugte zu seinem 6-Schüsser und erinnerte sich, dass er 5 Schuss abgegeben hatte, um sich ins Gebäude zu retten. »Für dich habe ich noch eine.«

      John negierte wissend. »Gesetzeshüter lassen die Kammer am Bolzen frei, um sich nicht aus Versehen die Eier zu tranchieren.« Er zog seinen Colt Thunderer. »Gesetzlose laden die Kammern voll.«

      Der Deputy senkte seinen Revolver. »Ich werde dich höchstpersönlich hängen!«

      »Wenn ich hier fertig bin, kannst du alles mit mir machen.«

      John schritt hinaus, salutierte still dem Toten, achtete darauf, nicht auf den Whiskeypfützen und Blutlachen auszurutschen oder in die fackelnden Reste der Petroleumlampen zu latschen, trank den Restschluck Whiskey aus dem abgebrochenen Flaschenboden und folgte mit Abstand dem Tross pöbelnder Reiter, in deren Mitte 2 weiße Pferde ritten.

      Immer wieder musste John sich abstützen. Das Korsett saß fest, doch der Schmerz und der eingeschränkte Atemraum behinderten ihn. So schleppte er sich durch die halbe Kleinstadt, die man fußläufig in ein paar Minuten durchschreiten konnte, samt aller namenlosen Nebengassen. Eine neue Kaubohne linderte den Schmerz, trübte aber seinen Geist. Als der Tross vor der Kirche, nahe den Gleisen, haltmachte, die Pferde anband und offensichtlich die Nacht dort verbringen wollte, brach John, im Schatten der Petroleumlampen, ein paar Yards entfernt, zusammen und sackte an einer Hauswand herab.

      Die Farm

      »Man kann Ärger nicht vom Besuch abhalten,

      aber man muss ja keinen Stuhl anbieten.«

      *aus

Скачать книгу