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hatte leider wieder etwas länger gedauert als, zuerst vorgesehen. Nun war große Eile geboten, wenn ich den Termin im Fitnessstudio noch rechtzeitig wahrnehmen wollte! Meine umfangreiche Einweisung an den neuesten Kraftmaschinen sollte unbedingt heute abgeschlossen werden. Mit geschärften Blicken eilte ich den Gehweg entlang und ärgerte mich etwas. Bei diesem Wetter hätte ich mich lieber im Freien aufgehalten, statt gleich im Kraftraum schwitzen zu müssen. Der Park rechter Hand war gut besucht. Es war wirklich schönstes Wetter und die Leute wollten jeden Sonnenstrahl in einer grünen Umgebung auskosten.

      Für einen Lidschlag lang streifte etwas Schwarzweißes mein Gesichtsfeld. Verwundert hielt ich inne und kramte wild in meinen Erinnerungen. Mit Verblüffung folgten derweil meine Augen einem Geschöpf, das täuschende Ähnlichkeit mit Mäxchen-Moppel hatte. Der drollige Kerl huschte flink über die Straße, direkt in den kleinen Park hinein und legte sich gemütlich ins Gras. Als ich mich umsah und keinen erwachsenen Begleiter bemerkte, schwante mir erneut böses. Niemand weit und breit zu sehen, der mit dem Hund spazieren ging, oder ihn bei seinem Ausflug begleitete!

      Unbeschreiblicher Zorn stieg in mir auf. Doch zuerst nahm ich mir die Zeit den kleinen Kerl zu beobachten, wie er sich in dem frisch gemähten Gras genussvoll hin und her wälzte. Keinen Zweifel, es war der derselbe Hund!

      Was es doch für unverantwortliche Menschen gibt! Besonders nach dem nächtlichen Vorfall, wenige Wochen zuvor. Ich schüttelte angewidert den Kopf – war sprachlos und entsetzt von dem Verhalten der Besitzer. Dieser Hund, der taub war und dadurch keine herannahende Gefahr wahr nehmen konnte, lief ohne Begleitung durch die belebten Straßen des Ortes. Es lag mir fern voreiligen Schlüsse zu ziehen. Zu Unrecht beschuldigen lag mir noch fern. Erst wollte ich mir sorgfältig Gewissheit verschaffen. Mit Sorge betrat ich den Rasen und näherte mich vorsichtig dem Hund. Dieser fläzte sich im Gras und spielte mit einem größeren Klumpen Grünschnitt herum. Die Grashalme blieben überall an seinem Körper kleben. Als er mich sah, drehte er geschickt um und stand, fertig zum Abtransport, auf den Beinchen. Ob er mich erkannt hatte, vermochte ich nicht genau zu sagen. Seine Art war zutraulich und lieb, fast schon familiär. Er war es wirklich, der Streuner von neulich Nacht!

      Ein flüchtiger Blick auf meine Uhr und somit war jetzt klar:

      „Der Termin zur Einweisung auf den neuesten Trainingsmaschinen war nun nicht mehr zu halten“!

      Also nahm ich mir wieder die Zeit und sammelte den Hund behutsam ein. Doch zuerst befreite ich ihn sorgfältig von allerlei störenden Grashalmen. Winselnd machte er es sich danach auf meinem Arm gemütlich. Sodann trieb mich mein Verantwortungsbewusstsein zu der wohlbekannten Adresse.

      An selber Stelle, auf der Terrasse, begrüßte mich ein junger Mann mit festem Händedruck und einem angenehmen Lächeln auf den Lippen. Er bot mir einen Sitzplatz an und reichte sogleich eine Erfrischung dazu. Seine Gastfreundschaft und die Offenheit überraschte mich schon sehr. Ich lehnte das Getränk dankend ab und kam sofort zu dem Grund meines erneuten Erscheinens.

      Als ich von meinen Erlebnissen mit dem freiheitsliebenden Vierbeiner berichtete, wirkt das blanke Entsetzten auf dem runden Gesicht des Jünglings. Womöglich war seine Besorgnis gespielt gewesen; meine Befürchtungen, was die Sicherheit des Hundes betraf, teilte er jedenfalls nicht.

      Ich blickte neugierig von der Terrasse in den Wohnbereich hinein, da sich der junge Mann für eine Minute mit dem Hund eingehender beschäftigte. Sehr ordentlich und sauber wirkte der Bereich – nicht zuletzt, weil der Fußboden weiß gefliest war und die Möbel in hellem Holzton wie unberührt dastanden.

      „Kein Paradies für einen Hund, der sich gerne im Grünschnitt wälzt“, dachte ich.

      Von der älteren Frau, die den Hund bei meinem ersten Besuch entgegennahm, war heute nichts zu sehen. Der junge Mann kümmerte sich weiterhin um den Hund und schien in seinem Verhalten größere Achtsamkeit zu besitzen.

      „Was machst du bloß für Sachen, Mäxchen“. Dabei schüttelte er ungläubig den Kopf und fing an zu grinsen. Das Verhalten eines pflichtbewussten Besitzers stellte ich mir aber anders vor!

      Einen Grund ernsthaft daran zu zweifeln, dass dieses Tier wirklich zur Familie gehört, hatte ich aber nicht. Im übrigen waren mir die Gefühle einzelner Familienmitglieder einerlei. Dieser erneute Besuch war schon Anstrengung genug. Somit hatte ich ein besonderes Interesse daran, dass es mein letztes Erscheinen ist. Da sich der Hund offenbar mit dem Mann verstand, hatte ich keine ernsthaften Bedenken ihn dort, in seiner Obhut zu lassen.

      Durch meinen verpassten Termin im Studio und die erneute Nachlässigkeit der Besitzer, war ich dennoch angespannt. Folglich war meine Aussprache im Verlauf des Besuchs etwas rüde und mein Verhalten leicht gereizt. Am Ende mahnte ich an, etwas umsichtiger zu sein. Schließlich, so ließ ich erkennen, habe ich nicht immer Zeit den Hund hier persönlich vorbeizubringen. Ich könnte nicht überall sein und hätte noch andere Sachen zu erledigen. Zustimmendes Nicken mit einem freundlichen Lächeln überzeugte mich, dass zukünftig keine weiteren Besuche und Hilfeleistungen meinerseits mehr nötig wären. Die Besitzer sind ab sofort umsichtiger mit ihrem kleinen, nach Freiheit drängenden Liebling!

      Ich empfahl mich der restlichen Familie und trottete, mit einem Pfadfinder - Gedanken im Kopf: „Jeden Tag eine gute Tat“, ab nach Hause. Für die nächsten Wochen, so meine Vorstellung, hätte ich wohl einen erheblichen Kredit auf meinem Pfadfinder Konto angesammelt!

      „Aller guten Dinge sind drei“, sagt ein Sprichwort!

      Scheinbar gilt es nur für die unangenehmen und schweißtreibenden Dinge im Leben! Ich bin zu der festen Überzeugung gelangt, dass angenehme Situationen und Lottogewinne sich nicht so häufig wiederholen! Aber das nur nebenbei.

      Wenige Wochen nach der zweiten Begegnung, lief mir das Tier erneut in einer misslichen Lage in die Arme. Hierbei trieb er sich herrenlos an der Straße herum. Erneut war es sein Herzenswunsch den kleinen Park, mit seinem satten Grün zu erreichen. Doch hierbei musste ich als Retter wirklich ohne zu Zögern herbeieilen!

      Während Mäxchen-Moppel nur noch Augen und Instinkte für die Grünfläche des Naherholungsgebiets hatte, ging die Welt des Straßenverkehrs, mit all ihren Gefahren und ohne Nachsicht weiter. Eine Kolonne von Autos näherte sich bedrohlich in seine Richtung. Der Hund ließ die Verkehrsregeln und seine eigene Sicherheit, beim sorglosen Überqueren der belebten Straße, völlig außer Acht. Es war wie in einem Albtraum und einem Actionfilm zugleich. Getrieben von dem Wunsch das Leben diese Hundes zu retten, brachte ich mein eigenes Leben und das der restlichen Verkehrsteilnehmer leichtfertig in Gefahr. Ich trat mit einem Bein auf die Straße und hielt den nächsten Wagen mit hektischen Handzeichen an. Das spontane, unerwartete Verhalten nötigte die nachfolgenden Fahrzeuge zu einer heftigen Vollbremsung. Die erzürnten Fahrerinnen und Fahrer trieb die verständliche Wut aus ihren Autos und diese begannen sogleich mich heftig zu beschimpfen. Die Schimpfworte prasselten ohne Unterlass auf mich ein. Ich stand da wie ein unvorsichtiger Schuljunge, der bei einem dummen Streich erwischt wurde. Ein Fahrer, der sich als professioneller Hundehalter erklärte, fing an mir gute Ratschläge zu geben.

      „Eine Leine für das zarte Hündchen und eine erhöhte Achtsamkeit im fließenden Straßenverkehr“, legten er mir als Halter ernsthaft nahe. Meine vergeblichen Versuche mich als Retter darzustellen, gingen in den ausufernden, nicht enden wollenden Zornausbrüchen kläglich unter. Das ich nicht der Besitzer war, wollte keiner der Beteiligten mir wirklich glauben – in dem allgemeinen Wortgemetzel interessierte es auch niemanden.

      Einige der aufgebrachten Verkehrsteilnehmer bereiteten sich lieber sorgfältig darauf vor, mich ausgiebig körperlich zu züchtigen. Jedoch abgeklärte Anwesende konnten diesen marodierenden Mob gerade noch von ihrem mittelalterlichen Strafvollzug abbringen. Als sich die Fahrer beruhigt in ihre fahrbaren Untersätze zurückgezogen hatten, zitterte ich am ganzen Leib. Mir war unwohl und Übelkeit regte sich in der Magengegend. Ich nahm kaum noch wahr, wie die wild hupende, mit aufheulenden Motoren, ewig lange Autokolonne an mir vorbeizog. Es war fast wie ein Karnevalsumzug – nur ohne Süßzeug. Dabei hielt ich den Hund krampfhaft fest, damit er nicht bei diesem Lärm das Weite sucht. In der Aufregung war mir jedoch entfallen, dass er gar nichts hört – sein großes Glück!

      Ich lief wie in

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