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Der Fisch verschmilzt mit dem Tigerkopf und dem Geier zugleich, der sich soeben in den Tigerkopf krallte. Alle drei werden eins.

       Und dort, wo eben noch drei Tiere aus verschiedenen Welten waren, die alle dieser einen Erde entsprangen, dort sitzt nun Manfred der Magier im Lotos - in Menschengestalt. Dann wandelt er sich in Nadeln und Wind und spricht:

      Werde nicht Vogel, doch wirbelnder Wind und mehr, nicht Blatt, weder grün noch rot noch bunt, sondern gefallenes Nadelmeer. Wehe empor, dem Ende zu. Treibe davon.

      Jetzt ist’s aber genug! Es reicht! Ich öffne meine Augen. Schluss mit Gemälden, Fata Morganen und Halluzinationen! Aus! Rückkehr in die Realität ist angesagt. Also - springe ich in den Felsenabgrund, stürze mich in den Strom der warmen, hier aufsteigenden Luft, schraube mich kreisend empor. Welch ein Aufstieg im wahrsten Sinne des Wortes: vom geistumnebelten Menschen zum Mönchsgeier. Ich fliege nach Os- ... Südwesten, den Bergen entgegen. Unter mir und hinter mir liegt nun die Wüste.

      Ich lande am Abend auf Geiersfüßen und erhebe mich als Mensch.

      Hier am Fuß der Berge sammle ich nun trockenes Holz und entzünde ein Feuer - ich hauche es an, aus einem Mund, der sich in den eines Drachen verwandelte. Dann sehe ich dich, Moyo, in den Flammen. In Liebe entflammt, denke ich und bin auch schon bei dir, dort, wohin mein Körper niemals gelangen kann. Doch Körper sind eine Sache, Geist und Seele eine andere. Ich bin bei dir.

       Nun hatte Manfred die Wüsten hinter sich gelassen. Stadt und Wald und Gräsernes Meer und Wüsten-Weite , alles war Vergangenheit.

       Und doch, alles, was geschah, ist immer bei uns. In unseren Träumen kommt es wieder.

       Und doch, alles, was geschah, kann niemals ungeschehen werden.

       Manfred hatte die fernsten Ausläufer, die Füße der Höchsten Berge erreicht. Weit oben sollte er seinen letzten Kampf auf Erden ausfechten. Doch noch war es nicht so weit. Noch hatte er die Gipfel nicht erklommen. Noch lag ein weiter Weg vor ihm.

      Moyo bei den Pyramiden

      

       Achet - Ankh – Benu

      Achet, ein Rechteck, in dessen Mitte sich oben ein Kreis befindet, der Horizont, wo der Sonn am Morgen nach seiner Reise durch die Unterwelt der Dämonen aufgeht.

      Ankh ist das Henkelkreuz, das göttliche Auge, der Spiegel aus Kupfer, der das Licht einfängt - Leben.

      Benu ist der wahre Name des Phoenix, der sich einst auf die Kuppe des Urhügels setzte, welcher am ersten Weltenmorgen aus den Gewässern ragte.

      Sonn - Erde - Wasser - Leben.

      Überall ist hier und jetzt von Sand bedecktes Land. Doch nicht fern fließt der große Fluss ins Meer.

      Du schließt deine grünen Leoparden-/braunen Men­schen­augen, während deine Lippen die alten Worte murmeln, die niemand mehr seit 5 000 Jahren sprach.

      Dir gegenüber sitzt Bastet in ihrem Katzenkörper.

      Du schaust ihr in die Augen. Du versinkst in ihnen. Du bist in ihr. Du träumst es. Du siehst es. Du erlebst es. Du bist dort.

      Du siehst den Menschen, der dort so winzig vor der großen Drachin steht. Du siehst und spürst, wie sie seinen Körper in ihrem Feueratem zerbläst, so wie es einst und noch immer Sachmet in dieser großen Wüste mit ihrem heißem Atem tut. Du siehst deine große Liebe Manfred in seiner Drachenmutter und ihn selbst zum Drachen werden.

      Alles fällt dir wieder ein, was du längst vergessen glaubtest. So also war es, wie sonst!? Drachenmagie rief deine Seele aus dem Jenseits auf die Erde zurück, auf dass du neu geboren Moyo wurdest.

      Nun bist du hier. Leopardin und Menschenfrau zugleich.

      Es ist Nacht. Du denkst an den Tag. Rê – Atum – Aton, Sonn und Sonnengott, der uns allen das Leben gab und gibt. Du schließt die Augen und fühlst die Wärme am Morgen auf deiner Haut. Du atmest ihn ein.

      Stimmen flüstern in dir: „Ra/Rê/Ria ist der Sonn, wir verehren ihn in On. Dort trägt sein Menschenkörper einen Falkenkopf. Vater ist er den Pharaonen. In seiner Barke überquert er mit Thot und seiner Tochter Maat den Him­mels­ozean. So ist die Ordnung aller Dinge. Seth beschützt ihn auf seiner Fahrt durch das Nachtreich vor der Apophis­schlange. Pharao, dein Körper sei Rê, dein Auge ist Rê dort oben über unseren Köpfen. Jetzt am Morgen schaust du uns an und deine ersten Strahlen treffen die goldene Spitze deines Obelisken.“

      In der Ferne leuchten die Sterne. Und du blickst auf in der Schwärze der Nacht. Sirius ist der Name dieses einen hellen Sterns im Großen Hund. Jetzt geht er in deinen Augen, deinem Geist und deiner Seele auf. Das ist das Zeichen dafür, dass der Nil über seine Ufer treten wird. Einmal im Jahr bricht aus dem ersten Katarakt die sommerliche Flut und schenkt dem Land die Flusstaloase - Fruchtbarkeit und Reichtum. So ist es in Ägypten seit Tausenden von Jahren.

      Tenere heißt die Leere, die große weite Wüste aus Sand, Sahara auch genannt. Dort reitet ein vermummter Mensch auf einem Esel durch flirrende Luft, nicht weit entfernt. Oder ist er doch nur eine Fata Morgana, eine Luftspiegelung, die die Fee Koralle in unseren Sinnen erzeugt? Wie auch immer, dieser Vermummte dort ist weder Manfred noch ER, sondern einfach nur ein Mensch, der dort reitet - zu irgendeiner Zeit von irgendwo nach irgendwoanders hin.

      Hier aber siehst du sie von außen und erinnerst dich, zugleich ein Teil der Karawane gewesen zu sein. Alle sind wir auf Gedeih und Verderb dem Ortssinn und Gedächtnis dessen ausgeliefert, der uns führt. Wenige Menschen begleiten diese nicht enden wollende Reihe von Wüstenschiffen, die schwankend majestätisch schreitend durch die Wüste gleiten. Einst waren es nur Esel, jetzt sind es einhöckrige Kamele - Dromedare.

      „Jetzt sind es Hier Oben sind es Automobile. Gehmaschinen werden es in Zukunft sein, derer sich Menschen der neuen Art bedienen. Dann werden sie eins mit ihnen sein“, flüstert die Stimme in dir.

      Du stehst einfach nur staunend da und glaubst dich zu erinnern, dass an der Spitze der Karawane ein paar dicht vermummte Menschen wankten, Wesen wie du in weißen Gewändern. Jetzt siehst du nur die schwer bepackten Dromedare vorüberziehen.

      Und wohin gehe ich?, fragst du dich und schließt die Augen und siehst nichts außer dieser einen Karawane. Sie ist es, mit der du hierher kamst, mit der du weiterziehen wirst. Denn du bist die schwarze Frau, so hoch gewachsen und jung und stolz, die vor langer Zeit nicht zu ihrem Volk und den Herden - „deren Nachkommen irgendwann in ferner Zukunft der Dürre zum Opfer fallen werden“, flüstert Er Dort Oben wieder -, zurückkehrte, die alleine durch das Gräserne Meer im Süden auf ihrem Weg nach Norden auf zwei Beinen schritt und auf vier Pfoten lief.

      Die Zeiten haben sich geändert: Jetzt bist du hier. Jetzt bist du eine unter vielen. Jetzt trinkst du nicht mehr Rinderblut, sondern frische Ziegenmilch. Jetzt bist du nicht nackt, sondern eingehüllt in Tücher, verborgen ist dein Körper nun den Männerblicken. Jetzt bist du eine von vielen in dieser großen Karawane, die von Oase zu Oase auf ihrem weiten Weg nach Ägypten zieht. Jetzt bist du eine Sklavin der mächtigen Frau, die niemals selbst den Kochtopf rührt.

      Und so geschah es, dass sie dich fanden und dein Leben retteten:

      „Imuhar“ nennen sich die Tuareg, Imuhar – die Freien. Und Tamaschek ist ihre Sprache, voller Poesie. Selten wurde sie aufgeschrieben. Schwarze Sklaven und Sklavinnen halten sie sich. Ihre Frauen sind reicher als die Männer, suchen sich diese aus und können sich wieder scheiden lassen. Von der Kamelzucht, dem Karawanenhandel und dem Obstanbau in den Oasen leben die Imuhar.

      Wüstenschiffe – Dromedare - Reitkamele und mit Lasten bepackte, alles wird im Dorf vorbereitet. Frauen entkernen die Datteln und bereiten den Hirsebrei,

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