Скачать книгу

Viele, fürchte ich. Meine Gedärme fühlen sich auf jeden Fall an wie eine ausgeleierte Murmelbahn.

      Ich schnuppere. Ist das wirklich Eau d’Éléphant? Oder habe ich nur vergessen, den Müll runterzubringen? Ziemlich sicher. Schließlich bringe ich den Müll nicht mehr runter, seit ich herausgefunden habe, dass sogar Plastiktüten und Schmelzkäse zu Kompost werden, wenn man nur lange genug wartet.

      Und wessen Kopfschmerzen sind das eigentlich? Ach so, das sind meine!

      Mir kommt ein großartiger Gedanke.

      Vielleicht habe ich mir die letzten Minuten nur eingebildet?

      Ich drücke nochmal den Knopf der Stereoanlage.

      »– spielen wir den Rest des Tages den gleichen Charthit in Endlosschleife«, quäkt es, »unterbrochen von Konsumbefehlen in doppelter Lautstärke. Saitenbacher! Saitenbacher! Studien zeigen: Wer Radio hört, wird nicht von eigenen Gedanken belästigt. Jetzt neu ohne Fleisch: Saitan-Bacher! Saitan-Ba–«

      Ich schalte ab. Alles wieder wie immer.

      Ich bin mir jetzt sicher, dass ich mir den Elefanten nur eingebildet habe. Fast sicher. Eigentlich fast sicher. Eigentlich fast eigentlich sicher.

      Ich trete entschlossen vor die Badezimmertür.

      Ich lege die Hand auf die Klinke. Hole tief Luft. Beginne zu zählen.

      Eins.

      Zwei.

      Dr–

      Da ertönen Geräusche von der anderen Türseite, die nur mit Vergleichen wiedergeben werden können. Eine Badewanne, die mit kochenden Himbeeren gefüllt wird. Mehrere Fehlzündungen eines Mopeds. Der Strahl eines Feuerwehrschlauchs, der gegen eine Lastwagenplane prasselt. Ein Nichtschwimmerbecken, das durch ein schwarzes Loch gesaugt wird. Ich kann sehen, wie die Haare auf meinem Unterarm sich weiß färben. Können Ohren wahnsinnig werden?

      Plötzlich ist es wieder still.

      Jetzt rauscht die Klospülung.

      Der Spülkasten gluckert einsam, als er sich wieder füllt.

      Dann wieder die Spülung.

      Erneutes Gluckern.

      Spülen. Gluckern. Spülen.

      Nach dem achten Mal höre ich auf zu zählen.

      Die Tür fliegt auf, der Elefant steht direkt vor mir. Er wirkt erleichtert. Ein Lächeln spielt um seine Stoßzähne.

      »Hätte mir fast die Cochonen ins Mousse au Chocolat gedippt«, sagt er.

      Hinter seinem Rücken kann ich die Überreste des Badezimmers erkennen. Es hat jetzt verblüffende Ähnlichkeit mit einem Schützengraben im Ersten Weltkrieg. Sogar Senfgas hängt in der Luft. Dann zieht der Elefant die Tür hinter sich zu.

      »Jetzt hätte ich etwas Appetit«, sagt er und klopft mit dem Rüssel auf seinen Bauch. Es klingt, als würde jemand gegen eine Öltonne wummern.

      »Wie war das vorhin mit dem Eierkuchen?«, fragt er.

      Stumm zeige ich in Richtung Küche. Doch der Elefant bewegt sich nicht.

      »Was ist Eierkuchen überhaupt?«, fragt er stattdessen.

      »Keine Ahnung«, sage ich und zucke mit den Schultern. »Ich komm aus Stuttgart. Da gibt’s nur Eierspätzle.«

      »Hm«, macht der Elefant. »Und wenn man die Eier und den Kuchen einfach getrennt voneinander isst? Nur vielleicht die Eier weglässt?«

      »Hab keinen Kuchen«, sage ich.

      »Hm«, macht der Elefant erneut. »Man könnte den Kuchen zur Not auch durch was anderes ersetzen. Flasche Pommes? Saitan-Bacher?«

      Stumm zeige ich in Richtung Küche. Der Elefant setzt sich wie eine enthusiastische Scheune in Bewegung. Ich höre, dass sich der Kühlschrank öffnet und ein paar Dinge zerbrechen.

       »Die Rohre im Haus müssen ziemlich alt sein«, sagt der Elefant aus der Küche. »Ihr Klo ist nämlich auch irgendwie verstopft.«

      Der Querufant

      Kaum ist die Tür hinter dem Elefanten zugefallen, atme ich auf.

      Hat da gerade ein polizeigesuchter Ausbrecher mein Badezimmer bestuhlt und meinen Kühlschrank geplündert?

      Ich öffne den Laptop und rufe den ›Paderborner Postboten‹ auf.

      »Der Elefant ist los«, steht da, darunter ein Bild von einer Überwachungskamera. Darauf eine unscharfe Riesenrosine. Ob es meine ist?

      Ich erfahre, dass der ausgebrochene Elefant eigentlich ein paar Monate im Heim für schwer erziehbare Rüsseltiere absitzen sollte. Zu denen er verknackt worden war wegen, Moment, »notorischer Obstruktion von Amtsangelegenheiten«.

      Was das wieder heißt?

      »Die Richter sahen es als erwiesen an«, lese ich, »dass der Elefantgeklagte der Verwaltung im letzten Jahr 3.500 Stunden unnötige Arbeit verursacht hatte, zusätzlich zu den 3.500 Stunden unnötiger Arbeit, die die Verwaltung sich selbst verursacht hatte.«

      Ich erfahre, dass der Elefant jedes offizielle Schreiben, das er bekam – Spoiler Alert: Es waren viele – eingeweicht und zu handgeschöpftem Klopapier verarbeitet hatte. Um es der Behörde anschließend als »Spezialwisch für Sesselfurzer und Amtsärsche« zurückzuschicken.

      Da steht, dass er im Schlosspark neben den Hundebeutel-Spendern verbotenerweise eigene Spender für Elefanten aufgestellt hatte. Mit 5-kg-Müllsäcken.

      Er hatte zeremoniell seinen Personalausweis verbrannt. Auf dem Marktplatz. In einer Grillschale, die er aus einem Aluhut gebastelt hatte.

      Er hatte jedem Mitarbeiter des Ordnungsamts »im Namen König Babars« den gefälschten Adelstitel »Comte von Celesteville« verliehen. Und der Stadt dafür 150.000 Euro in Rechnung gestellt.

      Er hatte sich in einer braunen Fantasieuniform als »Klolizei« verkleidet, Autofahrer angehalten und sie in seinen Rüssel blasen lassen.

      Er hatte dem Rathaus ein Fax geschickt. In Schriftgröße 256.000. Sodass stundenlang nur schwarze Seiten ankamen. Für den ersten Buchstaben, ein F. Als sich der zweite Buchstabe nach weiteren Stunden als ein I herausstellte, hatte das Amt das Faxen dicke und zog das Kabel.

      Er schickte dem Rathaus ein Rolle De-Motivationsposter, auf denen Menschen zu sehen waren, die sich einen Tacker an den Hals hielten, mit Brieföffnern fochten oder sich gegenseitig das Gesicht ins Stempelkissen drückten. Unter den Bildern standen demotivierende Sprüche wie »Gott hasst dich bis ins fünfte Glied«, »Buddha sagt: Du sollst jeden Tag leben, als wärst du das Letzte«, »Hinter deinem Rücken nennen sie dich Karlheinze« oder einfach »Versagen«.

      Er beantragte Kindergeld für »den Hurensohn von Bürgermeister«, Hartz IV für eine faule Socke (an den Antrag getackert), Rente für die Alte Brauerei und einen Reisepass für einen Wanderhoden.

      Er brachte ein »Hitzefrei«-Schild am Rathaus an, das die Verwaltung für einen Tag lahmlegte. Am 18. Dezember.

      Der Artikel nennt ihn »einen notorischen Querufant«.

      Ich klappe den Rechner zu. Dann ziehe ich Gummistiefel an.

       Ich muss nämlich ins Bad.

      Xaviers Alu-Club

      Bumm.

      Bumm!

      Bumm!!

      Es klopft an der Tür. Mit einem Tatsachenhammer. Wer mag das sein?

      Ich habe einen Verdacht. Eine Befürchtung. Angst?

      Vorsichtig öffne ich die Tür.

      »Guten Morgen«, sage ich durch den Spalt.

      »Es

Скачать книгу