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Augen waren gerötet. „Wenn es Dir schlecht geht, geht’s mir auch nicht gut“, flüsterte er mir ins Ohr und sah mich mit seinen blauen Augen versöhnlich an. „Der Grund, warum ich so traurig bin, hat ja nicht nur mit gestern zu tun. Mich macht auch der Gedanke fertig, dass heute hier unser letzter gemeinsamer Tag ist.“ Nachdem ich meinen Satz beendet hatte, drückte er mich umso fester an sich und gab mir das unbeschreibliche Gefühl, geliebt und verstanden zu werden.

      Ein paar Tage später hatte ich wegen einer Reparatur an meinem Auto in Neuenhagen zu tun. Nachdem ich das Auto abgegeben hatte, lief ich in den Nordring, um Denis einen Blitzbesuch abzustatten. Denis Oma aus Berlin hütete inzwischen das Grundstück. Ich wurde ihr als guter Freund vorgestellt. Denis verspeiste gerade sein Abendbrot, was U. E.{26} ihm zubereitet hatte.

      Nun saß ich bereits einem Mitglied seiner Familie gegenüber und musste ständig darüber nachdenken, ob seine Oma etwas ahnen würde. Ihr blieb nicht verborgen, dass ich die ganze letzte Woche hier verbracht hatte. Wir unterhielten uns heiter und mochten uns auf Anhieb.

      Nachdem sich U. E. zur Nachtruhe begeben hatte, verzog es Denis und mich in sein Zimmer. Er legte sich auf sein Bett. „Lass uns ein wenig kuscheln!“...

      Nun sollte ich Cora, eine enge Freundin meines Freundes, kennenlernen. Denis hatte sich zuvor bei ihr geoutet. Nach seinem letzten Arbeitstag in jener Woche war er zwar recht müde und trotzdem entschieden wir uns für einen Discoabend im Tollhaus.

      Cora und ich tanzten den ganzen Abend. Bei Modern Talking{27} begann die Stimmung zu explodieren. Das war auch nötig, denn die Musik, die Stunden vorher gespielt wurde, war unerträglich. Denis hatte sich in eine Ecke verzogen und verfolgte mürrisch unser Treiben. Erst im Morgengrauen brachen wir nach Hause auf.

      Am nächsten Abend waren wir zu einem Fondueessen bei Dunja und Christian in Berlin-Reinickendorf eingeladen. Dort trafen wir auch wieder auf Lena und Nico.

      Dunja arbeitete ebenfalls bei P&C. Christian war auf der Polizeischule und dort im zweiten Lehrjahr. Die Wohnung der beiden war im IKEA-Stil eingerichtet.

      Im Fernsehen wurde gerade ein WM-Fußballspiel aus Frankreich übertragen. Dunja war wütend, denn ihr Freund hatte nicht die Muße sich von dem Spiel zu lösen.

      Drei Pärchen saßen später am großen Esstisch und hatten Vergnügen beim Zubereiten der Fonduespeisen. Ständig kam man sich mit den Stäbchen ins Gehege. Heute war Denis ganz lieb, ging bewusst auf mich ein und blinzelte mir auch vor den anderen zu.

      Als wir später gemütlich bei einem Glas Wein zusammensaßen, erzählte ich die Geschichte von Denis und meinem ersten Rendezvous. Lena und Dunja berichteten mir von Denis Gefühlsreigen, den er zu jener Zeit hatte. Sie erzählten, wie begeistert er von mir war und wie gern er sich auf das nächste Treffen freute. Ich fühlte mich geschmeichelt.

      Erst spät beendeten wir den Abend. Wieder hatte ich neue und interessante Leute kennengelernt, die ganz auf meiner Welle lagen. Lena gab mir sogar zum Abschied einen Kuss.

      Mein letzter Tag bei der Bundeswehr stand auf dem Plan. Das Auto musste ich bereits im zivilen Bereich parken, da die Parkberechtigung für das Kasernengelände bereits abgelaufen war.

      Im Kompaniegebäude empfingen mich bereits die Kameraden Hilde und Börni, um ein letztes Mal gemeinsam zu frühstücken. Da wir bereits ausgekleidet wurden, schritten wir zivil durch das Gelände. In der Kantine trafen wir die anderen Kameraden. Jeder hatte ein bedrückendes Gefühl in sich. Ab dem Nachmittag sollten wir nun wieder in alle Richtungen verweht werden.

      Den ganzen Tag saßen wir in unseren Stuben und warteten auf die Ausschleusung. Ich genoss noch einmal jeden Augenblick, denn niemals wieder würden wir in dieser Konstellation zusammenkommen.

      Denis hatte Berufsschule. Wir hatten uns am späten Nachmittag mit seiner besten Freundin Ina verabredet. Nachdem Denis sich auch vor Ina geoutet hatte, wollte sie mich kennenlernen. Als wir hinter dem Kino Kosmos{28} einparkten, bemerkten wir Ina bereits hinter uns.

      Ina begrüßte mich herzlich. Während Denis die Kinokarten zu Eine Hochzeit zum Verlieben kaufte, unterhielten wir uns über unsere Jobs. Ina arbeitete in einer Filiale des TUI Reisecenters in Berlin.

      Der Film war für diesen Abend genau richtig. Süß, rührselig und Musik der achtziger Jahre verhalfen uns zu knapp zwei Stunden guter Unterhaltung. Anschließend besuchten wir eine Cocktailbar. Ina berichtete dort von den Schulzeiten und anderen Anekdoten mit Denis.

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      Ina und Denis (1995).

      8. Entschlüsse

      Einen Tag später traf ich mich mit Daniela. Nachdem ich meine schönen Erlebnisse mit „Denise“ erzählt hatte, fing sie an mir finstere Geschichten zu erzählen. Ihr Partner schien ein Persönlichkeitsproblem zu haben.

      Er mochte keine eigenen Fotografien, hasste Videos und Briefe. Oft setzte er Daniela unter Druck: „Wenn Du noch zehn Kilo abnimmst, erst dann kann ich Dich ernsthaft lieben.“ Sie beendete die Beziehung kurz darauf.

      Jennifer war in Eggersdorf, um ihren dreiwöchigen Urlaub hier zu verleben. Schnell trafen wir unsere erste Verabredung. Wir bezogen Daniela in unsere Pläne ein, die bei ihren Eltern Trost und Ablenkung suchte.

      Ganz direkt sprach ich Jenne auf ihre endgültige Rückkehr an, die ja in wenigen Wochen stattfinden sollte. Sie druckste herum. Sofort begriff ich, dass sie einen anderen Entschluss gefasst hatte.

      „Ich habe einen Jahresvertrag in einer Kita in Bielefeld bekommen, den ich unmöglich ablehnen konnte. Wenn ich diese Chance nicht ergriffen hätte, wäre ich zwar wieder hier, doch wohnungs- und arbeitslos.“

      Etwas enttäuscht war ich nun schon, doch für Jennes Zukunft war es schon das Beste. Außerdem hatten wir bereits ein Jahr überstanden, ohne das unsere Freundschaft gelitten hatte. Wir planten bereits für die achte Staffel Familienportraet einen EUROtrip nach Amsterdam und einen weiteren Besuch in Bielefeld.

      Daniela schien sich über Jennes Entschluss überschwänglich zu freuen. Das hatte einen Grund. Sie sah in Jennifer eine Rivalin. Jenne stand mir persönlich immer näher. Das konnte Daniela schwer ertragen, besonders wenn sie mich nicht für sich allein hatte.

      Wieder saßen wir, diesmal ohne Daniela, gemütlich beisammen und leerten gemeinsam eine Flasche Lambrusco{29}. Wir liebten diesen Wein. Jenne und ich unterhielten uns über meine Beziehung mit „Denise“.

      Ich hatte ihr davon erzählt, dass die vorigen Beziehungen immer nur wenige Monate, maximal drei, hielten. Wir waren im dritten Monat und das machte mir Sorgen. Ich hatte das Gefühl, dass meine Liebe inzwischen stärker war und ich sie auch öfter zum Ausdruck brachte. Stand ich etwa vor einem ähnlichen Schicksal wie meine Vorgänger? Jenne riet mir, mich nicht verrückt zu machen. Zu viele Gedanken könnten die viel schöneren Gefühle herunterspielen. Sie plädierte zu etwas mehr Zurückhaltung in allem.

      Ich beschloss, mich Denis nicht mehr ganz so sehr aufzudrängen. Es fiel mir sehr schwer, denn die neue Erfahrung mit der Liebe war überwältigend.

      An einem Sonntag, wo das Wetter recht ungemütlich war, blieben wir einfach den ganzen Tag im Bett. Da war Nähe vorprogrammiert. Ich genoss die kuschelige Geborgenheit, vermisste aber auch mal liebe Worte. Er zeigte mir zwar seine Liebe, aber ich wollte es auch mal verbal empfangen. Da ich das Thema angesprochen hatte, schrieb er mir abends von dem Fax seines Vaters: „Auch wenn ich nicht sehr oft die drei bestimmten Wörter sage, so hoffe ich, dass Du trotzdem weißt, dass ich Dich liebe. Ich freue mich schon sehr auf unseren gemeinsamen Urlaub.“

      Wir hatten ein Hotel in Göhren auf der Insel Rügen gebucht. Es sollte unser erster gemeinsamer Urlaub werden. Die Vorfreude war auf beiden Seiten groß.

      Doreen kehrte auf einen Blitzbesuch in heimische Gefilde zurück. Mama Monika brachte sie direkt zu mir nach Strausberg. Seit meinem Krankenhausaufenthalt hatten wir uns nicht mehr gesprochen. Inzwischen befand sie sich in der 13. Schwangerschaftswoche.

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