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      Es klingelte. Meine Aufregung war so gut wie verflogen. Ich hörte seinen Atem, seine Fußstapfen und doch konnte ich ihn noch nicht sehen. Seine ersten Worte „Diese Treppen…“, werde ich nie vergessen.

      Dann stand er in seiner jugendlichen Person vor mir. Ein süßer Kerl. Viel hübscher noch als auf dem Foto, welches er mir vor einigen Wochen bei einem unserer ersten Briefwechsel mitgeschickt hatte. Mir rutschte das Herz quasi in die Hose – jener Augenblick, in dem man glaubt, die Welt würde stehen bleiben. Jenem Bruchteil der Sekunde, der dem eigenen Leben die entscheidende Wendung gibt. Und letztlich heißt er dann doch Liebe auf den ersten Blick.

      Nachdem er seine Sachen abgelegt hatte, machten wir einen Wohnungsrundgang. Sie schien ihm zu gefallen.

      Danach nahmen wir im Wohnzimmer auf dem Dreisitzer Platz. „Darf ich Dir was zu trinken anbieten?“, fragte ich ihn. Es sollte ein Kirschsaft sein, den ich immer im Hause hatte.

      Beim Essen blieb mir vor Aufregung der Appetit weg. Denis aß alles auf. Und dass, obwohl sich in der Pasta Rindfleisch{12} befand. Es schien ihm dennoch geschmeckt zu haben. Oder es war Freundlichkeit? Oder Liebe?

      Wir sprachen darüber, warum gerade wir schwul geworden waren und ob es genetisch bedingt sei oder andere Einflüsse schuld daran seien.

      Nach dem Essen zogen wir uns ins Wohnzimmer auf die Couch zurück. Denis hatte einen Stapel Fotografien mitgebracht, um mir seine Welt näher zu bringen. Sein Vater, der oft auf den Bildern zu sehen war, wirkte wie Denis älterer Bruder. Ich hatte es oft schwer, ihn von Denis zu unterscheiden. Zwischendurch war er näher an mich herangerückt und hatte seinen Arm hinter mich gelegt.

      Als die Bilderschau vorbei war, spürte ich plötzlich Denis Lippen auf meinem Mund. Sie fühlten sich so warm, bestimmt und gekonnt an. Er entschuldigte sich für den spontanen Überfall und ich staunte, wie schnell ich mich auf ihn einlassen konnte und wie schnell ich ihn begehren würde. Denis küsste zärtlich meinen Hals und saugte sanft daran. Das Gefühl war so überwältigend. Auf beiden Seiten entstanden saftige Knutschflecke.

      Es wurde immer später und ich hatte von Minute zu Minute das Gefühl nur noch Belanglosigkeiten zu erzählen. Irgendwann war ich so verunsichert, dass ich Denis mit den Worten „ich beende das Ganze jetzt hier“ zum Gehen aufforderte. Ohne Abschiedskuss oder andere Nettigkeiten beförderte ich ihn aus meiner Wohnung.

      Bereits in den Minuten danach bereute ich meinen Auftritt. Dabei wollte ich mir meine Unsicherheit nur nicht anmerken lassen. Vielleicht hatte ich ihn nun verloren? Das wäre das Dümmste, was mir hätte passieren können, da dieser Mann einfach großartig war.

      Am Folgetag hörte und las ich nichts von Denis und meine Nervosität stieg. Die Anspannung sollte sich erst am darauffolgenden Morgen lösen.

      Bevor ich zu meinem Dienst in die Bundeswehrkaserne fahren wollte, entdeckte ich folgendes Fax in der Ablage:

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      Diese Zeilen signalisieren den Beginn unserer Beziehung, die damit offiziell am 20. April 1998 ihren Anfang nahm. Für mich war es die erste Beziehung, für Denis die Vierte. Mit den Männern vor mir war er jedoch nur maximal drei Monate zusammen, wie er mir sagte.

      Ich war happy und aufgeregt zugleich. Von meinen Freunden, den Bundeswehrkameraden und den Sparkassenkollegen musste ich mir ironische Anspielungen auf die Rötungen an meinem Hals gefallen lassen. Die Rechnungsführerin der Bundeswehr fragte mich sogar ernsthaft, wer mich denn da gewürgt hatte. Ich konnte ein Lächeln kaum unterdrücken und verwies auf einen wilden Abend mit meiner Freundin.

      Zehn Tage waren wir nun zusammen. Wir hatten es sogar schon ins Kino geschafft. Es war die Fortsetzung des Horrorfilms SCREAM, aber auch ein guter Vorwand um sich schützend an den Partner zu lehnen. Dennoch mit Vorsicht, denn in der Öffentlichkeit waren wir (nicht) geoutet und wahrten eine gewisse Distanz.

      Ein leidenschaftlicher Kuss läutete einen Abend ein. Sein süßes Lächeln verriet mir seine Begierde, doch so weit war ich noch nicht. Kuschelnd sahen wir uns Gute Zeiten, schlechte Zeiten an. Dabei streichelten wir uns sanft.

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      Familie Braun (Familienporträt 1998)

      4. Audienz beim Papst

      Während ich mich im frisch renovierten Bahnhof Alexanderplatz befand, klingelte mein Handy. Softi ließ anfragen, wann ich denn endlich am verabredeten Treffpunkt erscheinen würde. Ich erklärte ihm, dass ich wenigen Sekunden an der Weltzeituhr{13} eintreffen würde.

      Kai war wie immer bis aufs letzte Detail durchgestylt, während René und ich heute ein ganz sportliches Outfit bevorzugten. Schließlich hatten wir eine lange Fahrt vor uns. Am Haus des Reisens{14} sollte die Reise mit Holiday International beginnen. Wir sicherten uns gute Plätze im Bus und verstauten das Gepäck. Wir fuhren quer durch Berlin, sodass wir noch viele Wahrzeichen dieser Stadt sahen. Unter anderem fuhren wir durch das legendäre Brandenburger Tor und dann weiter in Richtung Italien.

      Bereits in den frühen Morgenstunden erreichten wir die Grenzen unseres Urlaubslandes. Später sandte ich all denen, die keine Karte von mir erhalten würden, eine SMS über mein Mobiltelefon. Kurz darauf erhielt ich zunächst eine Nachricht von Marén mit der Botschaft: „Aloha Pizzafresser. Schöne Grüße von der Küste wünscht Dir Reni und ihr Liebhaber Oki. Viel Fun Dir noch. Bye, Reni“.

      „Was war das denn?“, dachte ich. Beunruhigt schrieb ich zurück: „Machst Du Scherze?“. Dann kam der Anruf. Reni erläuterte mir, dass sie keinesfalls scherzte und sie mir alles bei meiner oder ihrer Rückkehr erklären würde. Es war unglaublich. Wenn sich nun Marén und Markus trennen würden, was würde dann mit Isabelle passieren?

      Regen und Sonnenschein wechselten sich während unserer Fahrt in eindrucksvollen Facetten ab. In der Zwischenzeit hatten wir uns mit unserem Busfahrer Siggi angefreundet. Er ließ uns vorne sitzen und erzählte dabei eine ganze Menge aus seinem Leben. In Kürze würden wir Pisa erreichen. Der schiefe Turm war bereits auf der linken Seite sichtbar. Es hatte gerade aufgehört zu regnen, sodass es Spaß machte durch die kleinen Gassen bis zu diesem schiefen Bauwerk zu gelangen. Es war schon seit Jahren mein Wunsch gewesen, das wohl bekannteste geneigte Gebäude der Welt und Wahrzeichen der Stadt

      Pisa, zu besichtigen. Nun stand ich davor und hatte mein Ziel erreicht.

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      Die schiefe Turm von Pisa.

      Anschließend fuhren wir durch Norditalien zum Hotel Monte Pizzo, indem wir unsere erste Nacht verbringen würden. Geduscht und in frischen Klamotten trafen wir Siggi an der Rezeption, der uns die beste Pizzeria des Ortes anpries. Wir folgten seine Empfehlung. Weinflaschen umrahmten uns in zahlreichen Regalen. Bei Pizza und Rotwein erzählte uns Siggi weitere Geschichten. Nach dem Essen konnte ich mein Verlangen Denis Stimme zu hören nicht mehr kontrollieren und verzog mich in eine ruhige Gegend, wo ich ungestört mit ihm reden konnte. Zunächst sprang der Anrufbeantworter ein, doch dann schaltete sich Denis dazwischen. Wir vermissten uns unendlich. Diese Zeit müssten wir jedoch überstehen, da es kein Zurück mehr gab.

      Kai und René waren inzwischen dabei, sich für die Disco fertig zu machen. Durch meine Sehnsucht nach Denis war mir nicht danach, deshalb saßen wir noch eine Weile am Empfang, bis die beiden aufbrachen.

      In den frühen Morgenstunden fuhren wir nach Florenz weiter. Ich war heute innerlich leicht gereizt, was meine beiden Kameraden betraf. Wenn ich filmte, reagierten sie angemessen und ansonsten interessierten sie sich nur für Titten und Ärsche.

       Jede Tussi wurde begafft. Entweder hatten die beiden noch nicht die nötige Reife oder sie verstanden es nicht, sich in gewissen Situationen zu beherrschen. Das störte mich. So wanderten wir - leicht verstimmt -

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