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grau und eingefallen, um viele Jahre gealtert.

      „Du kannst in Findward bleiben, du liebst doch diese Gegend, nicht wahr? Achte auf den Jungen.“

      Ein rosiger Hauch erschien auf Lalanas Wangen. „Yal Rasmon? Wer ist er?“

      Varruk zuckte mit den Schultern. „Das ist nicht von Belang für dich. Er ist außergewöhnlich in jeder Hinsicht, du wirst aufpassen müssen.“

      Lalanas Blick schweifte in die Ferne. „Er erinnert mich an Madryl“, murmelte sie.

      „Das dachte ich mir. Nun – vielleicht könnte es dir Spaß bereiten, ihn nach deinem Willen zu formen. Doch sollte er seine Aufgabe deswegen nicht vergessen.“

      „Du benutzt ihn als deinen willigen Diener, oder? Und du scheinst ihn zu kennen. Hast du ihn schon öfters mit irgendwelchen Aufgaben betraut?“

      In Varruks gelben Augen erschien ein wachsamer Ausdruck. „Wie kommst du darauf? Er war einer meiner Schüler und hatte Schwierigkeiten, das ist alles.“

      Lalana wich seinem Blick aus und hob die Hände. „Nur so ein Gedanke. Ich nehme an, es kommt daher, dass ich mich frage, woher du die Abbilder der Elementsteine hast. Ich wusste nicht, dass sie in deinem Besitz sind. Madryl hat mir ihr Versteck nicht verraten.“

      Der alte Magier lächelte. „Nun, vielleicht hat es damit zu tun, dass ich ein Feuermagier bin und du nicht. Du solltest dir im Übrigen deinen schönen Kopf nicht über Dinge zerbrechen, die dich nichts angehen.“

      Lalana schnappte hörbar nach Luft. „Du …“

      Varruk schnitt ihr mit einer energischen Handbewegung das Wort ab. „Still. Du wirst deine Rache bekommen. Aber noch nicht jetzt.“

      Ein Fauchen entwich der Wassermagierin. „Ich werde dich daran erinnern, Herr des Feuers, darauf kannst du dich verlassen!“

      Sie wirbelte um ihre eigene Achse und verschwand in einer Gischt aus bläulichem Wasser.

      Varruk wischte mit der Hand über seine Robe und dort, wo die Wassertropfen sie benetzt hatten, stiegen dünne Fäden aus Dampf auf.

       Keine Angst, meine Schöne. Alles läuft so, wie es laufen soll. Das tut es immer. Ich sorge dafür.

      Kapitel 5

      Der junge Mann musterte Catherine intensiv. „Sind Sie sicher?“

      Sie erwiderte seinen Blick ruhig und versuchte, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. „Ja, genau das.“ Sie hielt noch immer das Blatt in der Hand, das aus dem Buch mit den Vorlagen für Tattoos gerutscht war. Das musste es sein. Sie konnte es noch immer fast nicht glauben, ihr Muster gefunden zu haben. Der Weg, der in Kreisen zur Mitte führte.

      Der Tätowierer meinte zögernd: „Sie wissen, dass es schwierig ist, ein Tattoo wieder zu entfernen, falls es Ihnen nicht mehr gefallen sollte?“

      Catherine wedelte ungeduldig mit der Hand. „Natürlich. Ich kann auch zu jemand anderem gehen, wenn Sie es nicht machen wollen!“

      Er sagte hastig: „Schon gut. Ich wollte sie nur darauf hinweisen. Es ist übrigens ein starkes Symbol.“

      Catherine sah ihn überrascht an. „Was bedeutet es?“

      Der Mann lächelte. „Das Labyrinth. Sinnbild für den Weg des Lebens, wenn man es so möchte. Eigentlich weiß niemand so genau, was es bedeutet. Labyrinthe kommen in allen Kulturen vor, das Zeichen ist an die fünftausend Jahre alt. Es gibt mittlerweile viele verschiedene Formen. Das hier ist die Urform, das kretische Labyrinth.“ Er unterbrach sich, lächelte. „Entschuldigen Sie. Bei diesem Thema gerate ich gerne ins Schwärmen. Es fasziniert mich, seit ich begonnen habe, mich damit zu beschäftigen.“

      Catherine legte den Finger auf das Papier, folgte den Linien. „Das ist seltsam. Man hat das Gefühl, sich dem Ziel zu nähern und sich dann wieder zu entfernen. Bis man doch die Mitte erreicht. Man hat gar nicht die Möglichkeit, sich zu verirren. Ich glaubte …“

      „Die meisten Menschen denken an einen Irrgarten, wenn sie von Labyrinthen hören. Aber ich finde die ursprüngliche Form viel interessanter. Der Weg ist vorgegeben und ich weiß, dass ich mein Ziel mit Sicherheit erreiche, ohne Angst haben zu müssen, mich zu verlaufen.“

      Catherine starrte nachdenklich auf das Muster. „Der Weg ist vorgegeben“, wiederholte sie. „Das klingt so nach Bestimmung, danach, dass man seinem Schicksal nicht entrinnen kann.“

      Der Mann lächelte. „Man könnte es auch anders sehen. Labyrinthe schaffen einen Weg, der vorher nicht da war und ich habe die Möglichkeit, ihn zu gehen. Und ich kann ihn so gehen, wie ich es möchte, denn ich muss nicht darauf achten, ob er falsch oder richtig ist.“

      Sie nickte stumm, hatte plötzlich das Gefühl, als hätte sich eine Tür für sie aufgetan. Eine Tür, hinter der etwas Neues, Aufregendes wartete.

      Der Tätowierer sah sie an. Eine hübsche Frau eigentlich, vielleicht etwas zu blass und verhärmt, eine Touristin, wie sie jetzt im Sommer zu Hunderten Tintagel an der Südspitze von Cornwall überschwemmten. Und doch war irgendetwas anders an ihr. Eine tiefe, verzweifelte Traurigkeit begleitete sie, die nicht zu ihr passte, auch nicht hierher, in diesen friedlichen, kleinen Ort. Sie erwiderte seinen Blick fast trotzig und er lächelte. „Gut. Sie wollen also ein Labyrinth als Tattoo. Wie groß und wohin?“

      „Etwa so.“ Sie zeichnete einen Kreis von etwa vier Zentimetern Durchmesser.

      Er hob die Augenbrauen. „Hm. Kann ich machen. Wird nur ein wenig dauern, weil ich sehr genau arbeiten muss. Das kostet natürlich auch mehr.“

      In ihren meerblauen Augen blitzte es auf. „Das ist egal.“

      Er zuckte mit den Schultern. „Na gut. Wo wollen Sie es haben?“

      Sie öffnete den zweiten Knopf ihrer Bluse und schob sie zurück, legte zwei Finger unter das Schlüsselbein, etwa beim Ansatz des Schultergelenks. „Da.“

      „Sind Sie wirklich sicher? Da wird es ziemlich wehtun.“

      Die Frau gab seinen Blick herausfordernd zurück. Er ahnte, dass ihr zerbrechliches Äußeres wohl täuschte.

      „Na gut. Ziehen Sie bitte die Bluse aus und legen Sie sich hier auf die Couch. Ich kann besser arbeiten, wenn Sie liegen.“

      Etwas wie Panik war plötzlich in ihren Augen. „Sie sind doch seriös, oder?“, flüsterte sie.

      Er musste lächeln. „Ja, natürlich. Sie brauchen keine Angst zu haben. Ich habe ein Zertifikat. Es wird zwar nicht angenehm, aber Kinderkriegen ist bestimmt schlimmer.“

      Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, verzerrte es zu einer starren Maske. Erschrocken meinte er: „Entschuldigen Sie bitte, ich wollte Ihnen nicht zu nahetreten.“

      Catherine legte die Hand an die Stirn und atmete tief durch. Dann knöpfte sie wortlos die Bluse auf und zog sich aus. Ein mit Spitzen besetzter, champagnerfarbener BH mit Bügeln kam zum Vorschein. Eine leichte Röte flog über ihr Gesicht, als sie seinen Blick bemerkte. Sie setzte sich auf die Couch, schwang die Beine hoch und legte sich hin.

      Er stellte sein Werkzeug zusammen, überprüfte sorgfältig die Instrumente, desinfizierte die Nadel. Mit den Fingerspitzen hob er den Träger ihres BHs an und schob ihn auf den Oberarm.

      Catherine erschauerte leicht unter seiner Berührung.

      Der Tätowierer nahm einen Wattebausch, träufelte Desinfektionsmittel darauf und wischte sorgfältig über ihre Haut.

      Catherine schloss die Augen, als der scharfe Geruch in ihre Nase stieg. Er weckte unangenehme Erinnerungen in ihr, Erinnerungen, die sie lieber für immer verdrängt hätte. An sterile Krankenhäuser, Schmerzen. An all das Leid in ihr.

      Das leise Surren des Tätowierapparats drang an ihr Ohr und dann fühlte sie das leichte Brennen, als er die Nadel ansetzte und zu arbeiten begann.

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