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Dafür bekamen sie reichlich zu Essen und einen kleinen Anteil Torf zum Heizen und Kochen.

      Aber jetzt, im November, die Temperaturen bewegten sich schon auf den Gefrierpunkt zu, machte es keinen Spaß mehr, Tag für Tag im Schilf zu arbeiten. Die Wildgänse hatten sich schon lange auf ihren Flug nach Süden mit wildem Geschnatter verabschiedet. Beängstigend war das immer, wenn sich die riesigen Schwärme gleichzeitig erhoben und im Tiefflug über die Hütte rauschten.

      „He Mädchen - träume nicht! Marsch, wir müssen fertig werden, bevor das Wetter kommt“, herrschte sie der Vater barsch an und deutete nach Westen auf den immer schwärzer werdenden Himmel. Gewaltige Gewitterwolken ballten sich zusammen. Das sah schon beängstigend aus, wie die schwarzen Wolken immer wieder aus der dunklen Masse hervorbrodelten. Frierend und hungrig beugte sie sich wieder über ihre Arbeit. Freia fing an zu singen, das lenkte ab, sie dachte dann nicht an den knurrenden Magen und die Kälte. Auch die Arbeit ging ihr dadurch leichter von der Hand. Mit ihrer glockenhellen Stimme sang sie ein Liedchen, welches sie von den Mädchen auf der Gasse aufgeschnappt hatte:

       Mädchen warum weinest du, weinest du so sehr.

       Wenn andere Mädchen tanzen gehen, muss ich bei der Wiege stehn.

       Darum weine ich, weine ich so sehr! …

      Das Lied hatte der Herr Pfarrer allerdings verboten, es sei unanständig, wetterte er nicht nur einmal in der Sonntagsschule. Doch es hatte eine so schöne Melodie, Freia fing wieder an zu träumen, nein so mache ich es nicht! Ich will mehr erreichen als meine Mutter. Ja keinen armen Mann heiraten. Und kein Kind, sie küsste bestimmt keinen Mann, bevor sie nicht verheiratet war. Von dem unerlaubten Rumschmusen und Küssen bekommt man ein Kind, hatte ihre Freundin Mechthild einmal unter aller Verschwiegenheit erzählt, und die hatte es von ihrer älteren Schwester erfahren.

      Grollend - der Wind schwoll zum Sturm an - näherte sich das Unwetter. Blitze zuckten am Horizont. Sie banden die Garben mit den dafür bereitliegenden Stangen und Seilen eilig fest.

      „Kinder, beeilt euch! Kommt her, wir müssen schleunigst heim“, rief Mutter ihnen zu. Alle sammelten sich bei den drei alten Birken, zwischen denen sie das Schilfrohr festgezurrt hatten.

      „Uwe! Uwe! Wo ist Uwe?“, schrie ihre Mutter.

      „Ich weiß nicht, gerade war er noch da. Ich gehe ihn suchen“, brüllte Freia zurück, bemüht sich gegen das Brausen des Sturmes verständlich zu machen. Sie rannte Richtung offenes Wasser los, dort hatte sie den Fünfjährigen zuletzt gesehen.

      Laut krachend entlud sich das Gewitter. Der Regen klatschte ihr in Strömen ins Gesicht, nahm ihr fast die Luft. Blitze zischten ins Wasser. Der Sturm peitschte hohe Wellen ins Schilf. Freia sah zurück, weit und breit war nichts mehr zu sehen, alles vom Regen verhüllt. Sie wurde fast wahnsinnig vor Angst, Tränen liefen ihr übers Gesicht. Klatschnass kämpfte sie sich vorwärts. Sie hatte keine Kraft mehr, ihr Rufen wurde immer schwächer. Plötzlich tauchte ihr kleiner Bruder etwa einen Steinwurf von ihr entfernt auf, im nächsten Moment war er weg. Verschluckt von einer großen Welle. Diese riss auch sie Sekunden später um und schleuderte sie in das Schilfdickicht.

      “Bitte, lieber Gott, hilf mir”, flehte sie in ihrer Verzweiflung, aber nur das Heulen des Sturmes antwortete. Wieder und wieder erfasste sie die Flut und warf sie ins Schilf. Die Wellen schlugen über ihr zusammen und sie verlor die Orientierung. Zwischendurch tauchte sie auf, schluckte viel sandiges Wasser und schnappte nach Luft. Jetzt ist es aus, das ist das Ende!

      „Ich will noch nicht sterben, Jesus hilf mir!“, heulte sie. Doch es hörte nicht auf, plötzlich knallte ihr Kopf gegen etwas Hartes und sie verlor das Bewusstsein.

      4 Fattoria Ladro 1731

      „Cecilie! Cecilie!“, rief der Conte, als sie durch das Tor kamen.

      Eine kleine mollige Frau kam herbeigerannt: „Ja, Signor Conte.

      „Hier nehmt diesen stinkenden Ziegenburschen unter eure Fittiche. Steckt ihn vor allem erst einmal ins Wasser und schrubbt ihn ordentlich ab. Verbrennt dieses verdreckte Zeug, was er anhat. Die Contessa wird dann etwas Frisches zum Anziehen bringen lassen und euch erklären, was mit ihm weiter geschehen soll.“ Eilig ging der Conte ins Haus.

      „Ich bin die Cecilie, wie du ja schon gehört hast. In der Küche und im Haushalt habe ich das Kommando. Verstanden! Und du, bist du der Kleine vom Ziegenhirten?“ Tommaso nickte. „Also, komm mit.“ Die Köchin drängte ihn in einen Nebenraum der Küche. Hier stand in einer Ecke ein großer Holzbottich.

      „Zieh deine Sachen aus und steig da rein.“

      Tommaso zögerte.

      „Ich meine alles!“, befahl sie ihm und zog die Wanne in die Mitte des Raumes.

      Unten am Bach spielten sie auch immer nackt und ihm machte es da überhaupt nichts aus, wenn jemand vorbeikam. Aber hier in einem Raum, vor ganz fremden Leuten? Scheu schaute er sich um, es war ihm schon etwas unangenehm. Aber zu widersprechen traute er sich nicht.

      „Nun mach schon, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!“, schnauzte Cecilie den Jungen an. „Maria, Anna, bringt Wasser, auch zwei Eimer Heißes!“, rief sie in die Küche.

      Hurtig kamen die zwei Küchenmädchen und schütteten mehrere Eimer Wasser in die Wanne. Er stand nackt und zitternd darinnen und hielt seine Hände vor seinen kleinen Pimmel. Die Mädchen, nur ein wenig älter als er, kicherten albern, wenn sie einen weiteren Eimer eingossen. Tommaso badete das erste Mal in seinem Leben in einer Wanne mit warmen Wasser. Zu Hause wuschen sie sich jeden Tag einmal am Bach. Im Winter war der sehr kalt, da musste eine Katzenwäsche genügen. Im Laufe des Sommers wurde dann aus dem Bach ein schmutzig trübes Rinnsal und das Wasser reichte nicht mehr für eine richtige Wäsche.

      Ihm war ganz unwohl, als die resolute Frau ihm mit einer harten Wurzelbürste und einem Stück weißem Stein zu Leibe rückte. Nachdem er ungläubig auf den Stein und dann auf den Schaum an seinem Körper schaute, fing sie an zu lachen:

      „Was, du kennst keine Seife? Das hier ist nur ein billiges selbstgekochtes Stück Knochenseife. Da solltest du erst einmal die der Contessa Albertino sehen, die riecht sogar nach Rosen.“ Lachend schrubbte sie ihn weiter.

      „Schau nur! Der Kerl wird ja richtig hell. Wie lange hast du dich schon nicht mehr gewaschen?“ Tommaso gab keine Antwort, schnaufend wusch Cecilie ihn weiter. Als sie auch vor seinem kleinen Penis nicht haltmachte, den sogar ergriff und die Vorhaut zurückschob, bekam er einen feuerroten Kopf, da sein kleiner Kerl sich selbstständig machte und aufstand.

      „Na, na, willst du schon ein kleiner Mann werden?“, dabei grinste sie ihn schelmisch an und schob die Vorhaut noch mehrmals zurück. „Hier musst du dich besonders gut waschen, da setzen sich sonst viele Krankheiten ab.“

      Sie und die beiden Küchenmädchen amüsierten sich köstlich. Tommaso wollte sich am liebsten verkriechen und war froh, als man ihm ein großes Tuch in die Hand drückte und befahl, er solle sich damit trocken rubbeln.

      In der Zwischenzeit hatte die Contessa einige abgetragene Kleidungstücke herübergeschickt, die Cecilie ihm nun zum Anziehen gab.

      „Die neuen Kleider ziehst du jedes Mal an, wenn du früh morgens kommst. Deine alten Sachen lasse ich dir waschen und draußen in die Ölmühle legen, die ziehst du abends an, wenn du gehst.“

      Schnell schlüpfte er in die etwas zu großen Kleidungsstücke.

      „Gut, so kannst du zur Contessa gehen“, meinte Cecilie, nachdem sie ihn nochmals von allen Seiten betrachtet hatte, „Vergiss nicht, verbeuge dich, wenn du rein kommst. Sprich die Patrona immer mit Signora Contessa an. Rede nur, wenn du gefragt wirst, und antworte nur mit: ja, Signora Contessa oder nein, Signora Contessa. – Kapiert!

      „Sisi. Nur ja Signora Contessa oder nein Signora Contessa”, antwortete der frisch gewaschene Junge.

      Cecilie führte ihn durch einen langen Gang in ein leuchtend

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