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Jamil - Zerrissene Seele. Farina de Waard
Читать онлайн.Название Jamil - Zerrissene Seele
Год выпуска 0
isbn 9783738060324
Автор произведения Farina de Waard
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Schmerzen weckten Jamil. Das Mädchen war über ihn gebeugt und er fühlte, dass sie etwas auf seine Seite strich. Es roch nach Kräutern und Honig.
»Aah … es brennt …«, krächzte er, doch er konnte den Kopf nicht heben, um zu sehen, was sie tat.
Sein Nacken schmerzte und war vom langen Liegen ganz versteift. Im Traum hatte er wieder Lezana gesehen. Ihre langen blonden Haare hatten in Flammen gestanden, ohne zu verbrennen.
»Entspann dich, es wird gleich besser. Ich musste etwas herausschneiden.«
»Wie sieht … es aus?«
Sie schüttelte den Kopf. »Jeder normale Mensch wäre daran zu Grunde gegangen, die Pfeile haben deine Rippen zerschmettert und du hast viel Blut verloren … aber die Schnitte sind nicht mehr so heiß und es nässt weniger.«
Er nickte nur und hob unter größter Anstrengung seine Hand. »Sieh nur, meine Haut … sie leuchtet jetzt auch ohne Mondlicht ganz matt. Es ist zu spät, nicht wahr? Ich werde ein Dämon, ein Geist der Nacht … und kann es nicht aufhalten.«
»Du hast doch selbst gesagt, dass du nicht aufgeben wirst!«
»Ich habe viel gesagt … aber wie soll ich gegen diesen Fluch ankämpfen?«
»So wie ich das sehe, bist du noch nicht ganz verwandelt. Also ich schätze, wenn du nicht stirbst, dann kann es dich auch nicht ganz überwältigen. Also bleib am Leben, denn solange du lebst, kannst du nicht ganz zum Dämon werden!«
»Ich dachte, du hältst mich für tot? Meine Familie und Freunde sagen, ich bin eine Leiche und der Dämon hält meinen Leichnam nur am Leben, um sie anzulocken.«
»Dämonen bluten nicht.« Sie zögerte, bevor sie weitersprach. »Ich glaube, du lebst tatsächlich noch. Hier, diese Kräuter werden dir helfen, du musst wieder welche essen.«
Jamils Blick verschwamm kurz und er wollte erwidern, dass er zu schwach war, doch zu seiner Überraschung zerkaute sie die festen Blätter selbst und so nahm er an, dass sie sie ihm wieder mit Wasser verdünnt geben würde.
Stattdessen näherte sie sich seinem Gesicht.
Sie drückte ihre Lippen auf seinen offenen Mund und er erstarrte, doch dann schluckte er die Kräuter herunter. Sie entfernte sich von ihm und wischte sich über die Lippen.
»So wirken sie besser, als wenn ich sie verdünne.«
Er nickte nur rasch, dann schloss er die Augen. Neues Feuer war in ihm entbrannt, das auch nicht dadurch getrübt wurde, dass sie ihm einen strengen Blick zuwarf und ihren Mund ausspülte.
In dieser Nacht blieb das Mädchen nicht lange und in der nächsten rieb sie wieder Salbe auf seine Beine und den Arm. Er verzog das Gesicht, als sie die Schienen für kurze Zeit löste, um ihn zu behandeln, doch die meiste Zeit lag er nur benommen da und spürte, wie das Fieber ihn in die Tiefe zog.
Er verlor zusehends die Kontrolle.
In der darauffolgenden Nacht wachte er nicht mehr auf, als Asha ihn behandelte. Schmerz zuckte beinahe regelmäßig über sein ansonsten lebloses Gesicht und er murmelte nur noch unverständliches Zeug. Sie gab ihm in winzigen Schlucken etwas aus ihrem Schlauch zu trinken, hatte das Wasser mit Wein versetzt und hoffte, so seine Schmerzen zumindest etwas zu lindern.
Eine Weile schien dies sogar zu wirken, denn er wurde ruhiger und murmelte weniger. Erst als bereits das erste Licht über dem Meer auftauchte und den Himmel in ein dunkles Blau tauchte, warf er seinen Kopf hin und her und begann, laut zu rufen.
Sie erschauderte, als er das erste Mal wütend aufbrüllte, und sprang von ihm fort. Seine Hand ballte sich zur Faust und kaum hatte er die Finger wieder gestreckt, sprangen Funken daraus hervor und ließen das Gras schwelen. Rauch stieg auf, doch die Halme waren zu grün, um Feuer zu fangen. Seine Finger leuchteten orange wie die letzte Glut eines sterbenden Lagerfeuers.
Asha kniete bebend vor ihm, völlig starr vor Angst und dennoch unwiderstehlich fasziniert.
Da er heftig zu zittern und murmeln begann, erkannte sie, dass er nicht bei Bewusstsein war. Kalter Schweiß stand auf seiner Stirn und seiner Brust. Er atmete heftig und wimmerte immer wieder, ehe er plötzlich wieder laut schrie.
Dunkler Rauch stieg von seinen Fingerspitzen auf und einem seltsamen Instinkt folgend, goss Asha hastig Wasser in die Trinkschale und tauchte seine Hand hinein. Das Wasser zischte und sie wich schnell wieder zurück, doch er beruhigte sich tatsächlich ein wenig.
Was muss ein Mensch erlebt haben, dass ihn solche furchtbaren Albträume plagen?, dachte sie und betrachtete ihn mit einer Mischung aus Angst und Mitleid.
Die Fieberträume hielten an und er zitterte, doch als es heller wurde, hörte er auf zu schreien und murmelte nur noch unverständliche Worte in seiner Sprache. Jedoch meinte sie, besonders häufig das Wort oder den Namen Aldo zu hören. Er spie es mit mehr Leid und Hass aus, als sie jemals zuvor in seiner Stimme gehört hatte.
Ashanee verließ ihn im ersten Morgengrauen und rieb sich die müden Augen, ehe ein weiterer Tag kommen würde, an dem sie ununterbrochen an den geheimnisvollen Dämon denken würde, der in seinem Fieberwahn solche Qualen litt.
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