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lächelten zurück. Ben rülpste. Mist, das Spucktuch war verrutscht und jetzt hatte ich einen Milchflecken auf meiner Jacke. Egal, ich kramte ein Feuchttuch hervor und rieb den Fleck in den Stoff rein. Die zwei Frauen waren mit dem Essen fertig und kamen an meinem Tisch vorbei. Die erste lächelte, ging aber glatt an mir vorbei. Die zweite jedoch – victory! – blieb stehen.

      „Wo ist denn die Mama?“

      „Hä?“

      „Na, ihre Frau! Lässt die Sie so alleine mit dem Baby verreisen?“

      Verdammt, daran hatte ich nicht gedacht. Natürlich würden alle Frauen denken, ich sei in festen Händen. Vorwurfsvoll guckte ich meinen Sohn an: Er würde mir wohl doch nicht helfen können, irgendwo zu landen.

      „Ich bin alleinerziehend.“

      „Echt, jetzt?“ Einen Moment lang schien die Frau nach Worten zu suchen, die aber nicht kommen wollten. Schließlich murmelte sie nur „Ja dann viel Glück“ und lief ihrer Freundin hinterher.

      Die anderen Gäste an den Tischen hatten unsere kurze Unterhaltung verfolgt und guckten allesamt angestrengt nicht länger in meine Richtung. Was war jetzt? Ben war doch so süß! Na ja, egal. Ich hatte Hunger und bemerkte erst jetzt, dass es keine gute Idee gewesen war, Ben auf dem Arm in die Raststätte zu bringen. Ich wollte ja auch was essen, und wo sollte ich Ben hinstecken, wenn ich keinen Kinderwagen dabei hatte? Also bestellte ich mir nur einen Hamburger, wickelte ihn einhändig aus und stopfte ihn dann in drei Bissen in den Mund.

      Die eigentliche Herausforderung kam aber erst noch. Ich musste nämlich mal. Und normalerweise brauche ich dafür zwei Hände. Die Hoffnung, dass im Wickelraum auch eine Toilette war, zerschlug sich sehr schnell. Unschlüssig stand ich nun in der Männertoilette mit dem Baby auf dem Arm und der Wickeltasche über der Schulter. Sollte ich einen der Männer fragen, ob er mal kurz mein Baby halten könnte? Aber die guckten mich alle so komisch an. Konnte ich ihn mal eben im Waschbecken ablegen? Oder sollte ich zurück zum Auto und Ben dort ganz kurz in den Autositz setzen? Nee, lieber nicht, sonst klaute noch jemand das Auto gerade in den zwei Minuten, wo ich nicht da war. Also wartete ich, bis ich alleine war und begann mit der freien Hand an meinem Reißverschluss rumzumachen. Doch in dem Moment kam rein großer Blonder mit muskulösem Oberkörper rein und blieb wie angewurzelt stehen, als er mich so sah. Na ja, so dringend musste ich nun auch wieder nicht. Ich zog den Reißverschluss wieder hoch und ging. Vielleicht könnte ich ja unterwegs irgendwo anhalten und in die Büsche pinkeln.

      Um 15 Uhr kam ich schließlich im Familienclub-Hotel an. Hinweisschilder wiesen darauf hin, dass das Familien-Ferienland autofreie Zone war und man sein Auto bitte auf dem außerhalb liegenden Parkplatz parken solle. Gepäckwagen stünden reichlich zur Verfügung. Es gab natürlich keine Gepäckwagen mehr. Ich würde das alles selber schleppen müssen. Vielleicht erst mal nur das Nötigste?

      Dieses Mal ließ ich Ben in seinem Kindersitz liegen und nahm das ganze Teil heraus. Dazu schulterte ich noch seine Wickeltasche um und machte mich auf den Weg zur Rezeption. Da war eine ganz schön lange Schlange. Alles Leute mit Kindern. Panik überkam mich. Was machte ich hier? Ich hatte doch bis jetzt immer einen großen Bogen um Familien aller Art gemacht. Da verbrachte ich schon lieber Zeit mit Leuten, die mir von ihren Hunden erzählten, als mit Eltern, die über nichts anderes als Windelgröße, erste Babylaute und putzige Kinderstreiche sprechen konnten. Doch jetzt war es zu spät, ich war mitten unter ihnen.

      Der Mann vor mir hielt ein Mädchen an der Hand, das irgendwo zwischen zwei und sechs Jahren alt war (was ich daraus schloss, dass das Kind schon gut laufen konnte, aber noch zu klein war, um einen großen Schulranzen auf dem Rücken zu schleppen) und ein kleineres Kind auf dem Arm. Er drehte sich zu mir um und lächelte mich an.

      „Hallo, zum ersten Mal hier?“

      „Ich schon. Bei Ben hier weiß ich’s nicht genau, aber ich glaube schon.“

      „Auch ein Pflegekind?“

      „Nein, wieso das denn? Das ist meiner!“

      Der Mann nickte nur und drehte sich wieder nach vorn. Was meinte er denn mit „auch“ ein Pflegekind? Ich guckte mir seine zwei genauer an. Sehr ähnlich sahen sie ihm nicht, aber das musste ja nichts heißen. Ben sah mir schließlich auch nicht sehr ähnlich, er kam ganz nach seiner Mutter: dunkle Augen und dunkle Haare.

      Kurze Zeit später war ich an der Reihe und reichte meine Buchungsunterlagen einer jungen Frau, die Sabine Wetzel hieß und Auszubildende war, wie mir das kleine Schildchen an ihrer Brust verriet.

      „Willkommen, Herr Mattheus. Ihre Wohnung ist schon bereit. Sie sind zum ersten Mal hier? Hier ist ein Plan unserer Anlage. Es gibt die Bärenhöhle, dort sind die Häuser braun, das Spatzennest mit grünen Häusern, das Haifischbecken mit blauen Häusern, und den Fuchsbau, dort sind die Häuser rot. Diese vier Trakte liegen um unseren Adlerhorst herum, wo Sie das Restaurant, ein Schwimmbad und den Wellnessbereich finden.“

      „Und welche Farbe hat der Adlerhorst?“

      Sabine Wetzel hielt für eine Millisekunde inne, aber dann fiel ihr doch noch die Unterrichtseinheit „Wie gehe ich mit doofen Kunden um, die blöde Fragen stellen?“ wieder ein, denn sie fuhr unbeirrt in ihrer Einweisung fort. „Dort sind auch die Sportanlagen und Kinderclubs, aber ich sehe, dass Ihr Kleiner noch etwas zu jung dafür ist. Wenn Sie einen Babysitter brauchen, lassen Sie uns das wissen, das ist gar kein Problem. Also hier ist Ihr Schlüssel, Nr. 45 im Fuchsbau. Das ist hier,“ – sie warf mir einen schwer zu durchschauenden Blick zu, zeichnete mit dem Stift in meinem Plan herum und betonte dabei: „im ROTEN Bereich. Abendessen beginnt um 17:30. Dann viel Spaß bei uns!“

      Abendessen um 17:30? Meine Großeltern hatten gerne schon um 17:30 zu Abend gegessen, aber die waren damals über 70 gewesen und standen morgens schon um 5 auf. Ich war doch gerade mal halb so alt. Obwohl, Hunger hatte ich eigentlich jetzt schon, hatte ja auch so gut wie nichts zu Mittag gegessen.

      Ich bedankte mich, nahm den Schlüssel an mich mitsamt Lageplan und trat wieder ins Freie. Unschlüssig blickte ich um mich. Es gab zwei Wege, einer der direkt in die Ferienanlage hineinführte, der andere außen herum. Aber laut meinem Plan hätten die Häuser hier blau sein müssen, sie waren aber grün.

      „Suchst du den Fuchsbau?“

      Es war der Mann mit den Pflegekindern. Also, ich würde mich jetzt nicht auf das infantile Niveau von Vorschulkindern begeben! „Ich suche Haus Nr. 45 im roten Bereich. Aber ich glaube, ich weiß schon, wo ich hin muss.“

      „Fuchsbau, sag ich doch. Da wohnen wir auch. Das ist auch der netteste Teil der Anlage, dort gibt es einen kleinen See mit Enten und Schwänen. Hier außen lang, das ist der schnellste Weg.“

      Der kleine Junge auf dem Arm, der mich schon die ganze Zeit fixiert hatte, sagte plötzlich laut und vernehmlich: „Dickefacke!“

      Erschrocken blieb ich stehen. „Was?“

      Der Junge strahlte, zeigte auf mich und intonierte nochmals ganz laut: „Baby Dickefacke!“

      Das Mädchen begann zu lachen und der Mann hatte sichtlich Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken. „Das heißt Kinderwagen. Er meint, das Baby ist im Kinderwagen. Das Wort für Autositz kann er noch nicht.“

      Jetzt merkte ich auch, dass der Kleine nicht auf mich, sondern auf Ben zeigte und dass das Wort doch eher wie Gickewacke klang.

      „Willst du den Kindersitz nicht hier auf meinen Gepäckwagen stellen, der muss ja auf Dauer ziemlich schwer sein.“

      „Nein, danke, es geht schon.“ Der Mann zuckte nur die Schultern und schob seinen Wagen an. Ich lief ihm hinterher, auch wenn er in eine andere Richtung ging, als ich vermutet hätte. „Haben Sie gerade noch den letzten Gepäckwagen ergattert, was?“ fragte ich, bemüht, dabei nicht vorwurfsvoll zu klingen.

      „Nein, wieso, da waren doch noch ganz viele, direkt neben der Rezeption, hast du die nicht gesehen?“

      „Hm. Weiß nicht. Wie weit ist es denn noch?“

      „Nicht mehr weit. Willst du den Sitz nicht doch hier oben

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