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High Energy. Katja Darssen
Читать онлайн.Название High Energy
Год выпуска 0
isbn 9783752959550
Автор произведения Katja Darssen
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Das wäre auch ganz schön einsam.“
„Du bist jetzt mal dran. Nimm es dir doch einfach.“
Worum macht sie sich Sorgen? „Das mache ich doch.“ Er nahm während des Gesprächs ein weißes Hemd aus dem Schrank und einen seiner immer gleichen dunkelblauen, dreiteiligen Anzüge, dazu eine dezente Krawatte. Fertig!
In der Küche trank Viktor ein Glas Wasser, ging noch einmal zurück zu Isa. „Auf Wiedersehen Frau Armstrong, bis heute Abend.“
Vor dem Haus hatte so früh am Morgen noch niemand sein Auto bewegt. Sie parkten dicht hintereinander zu beiden Seiten der Straße. Am Kiosk auf dem Mittelstreifen hatten sich die üblichen Verdächtigen schon eingefunden. Für die Frau, die Morgen für Morgen ihre zwei Chihuahua-Hündchen ausführte, war es heute noch zu früh. Mit den Händen in den Jackentaschen lief Viktor zur U-Bahn-Haltestelle. Beim Bäcker standen die Türen weit offen. Er konnte die gefüllten Regale und die Lämpchen an der riesigen Kaffeemaschine sehen, bevor er zur U-Bahn hinunterging. Wenn der Wasserstoff-Akku oft genug eingesetzt wird, können wir bald ein paar Leitungen abbauen. Und das war nur ein Nebeneffekt. Wichtiger war es, mit Sonne oder Wind, an jedem Ort etwas anfangen zu können. Die U-Bahn fuhr heran. Sitzplätze gab es so früh zur Genüge. In Gedanken versunken setzte er sich. Natürlich hängen wir noch am Tropf der herkömmlichen Energieerzeugung. Die EnVer ist ja auch ein ganz normaler Stromriese. War! Doch nun hatten sie sich entschieden. Wir haben uns entschieden! Zuversichtlich stieg er am Europaviertel aus. Europa und dann Viertel, ging es ihm jedes Mal durch den Kopf. Warum müssen die großen Ideen immer klein gemacht werden?, fragte er sich oft. Auf zugigen Straßen lief Viktor an moderner Architektur vorbei. Allein das EnVer-Haus stand altehrwürdig im neuen Quartier.
Die Flure waren hell erleuchtet, doch nur der Empfang war wirklich schon besetzt. Im Vorzimmer seines Büros schaltete Viktor das Licht an, legte seine Jacke auf einem Sessel ab und ging an die Aktenschränke. Mit dem Ordner ‚Dez. Versorgung – rechnerische Analysen‘ setzte er sich an seinen Schreibtisch.
Erst die Sekretärin holte ihn mit einem „Guten Morgen“ aus den Daten heraus. Danach klapperte sie im Vorzimmer mit der Schranktür. Vermutlich hing sie seine Jacke weg.
„Danke“, rief er.
„Na, möchten Sie einen Kaffee?“ Sie schaute zur Tür hinein.
„Nein, danke.“ Und er beugte sich wieder über die Papiere.
„Denken Sie an die Lieferanten-Konferenz!“
Damit war die einsame Stunde vorüber. Schlimmer noch, die nächsten Stunden würden mit einem altertümlich anmutenden Treffen verschwendet werden.
Im Fahrstuhl dorthin traf er auf die Dame für Human Resources. Wie immer trug sie einen grauen Hosenanzug. Ein rotes Ledermäppchen hielt sie in der Hand, die Haare waren halblang und ein bisschen blond. „Sieh an, der neue Herr F&E.“
Was sollte er darauf antworten? Viktor fand sich bestätigt in seiner Meinung über diese Frau. Soll ich etwa antworten ‚und hier unsere Human-Resources-Dame’? „Bin gespannt auf den Brückner. Sie hatten mit dem ja schon einige Male zu tun.“ Irgendetwas musste er ja sagen.
„Wirklich ein bemerkenswerter Mann“, beschied seine Kollegin.
Der Fahrstuhl hielt in der obersten Etage. Im Konferenzraum waren die dunkelbraunen Holztische, die sich unter den Blumengestecken, Obstschalen, Tassen, Gläsern und kleinen Glasflaschen fast bogen, in U-Form aufgestellt. Nachher würden die Catering-Leute Kaffee und Tee servieren. Apropos Catering. Sind die jungen Damen nicht auch von der BrueCklean?
„Herr Professor Schlegel, Guten Morgen“, der Finanzvorstand Mauerkamp packte Viktors Hand und tätschelte gleichzeitig mit der Linken seine Schulter.
„Sie auch hier?“
„Das hat sich so eingebürgert. Nur kurz bis zur Pause.“
Das war ein guter Plan, dem sich Viktor anschließen wollte. Wem sollte er hier begegnen? Und wozu? Mit seinem Forschungsthema hatten die alle nichts zu tun. Im Foyer des großen Sitzungssaals begrüßten sich Herren und einige Damen. Auch der langjährige EnVer-Vorsitzende Josef Hofmacher, der Viktor zum heutigen Termin hinzugebeten hatte, war inzwischen eingetroffen. Smalltalk. Taschen wurden auf Sitzen und Tischen im Konferenzsaal abgelegt. Der Fahrstuhl öffnete sich immer wieder, um Geschäftspartner auszuspucken. Junge Frauen in knallgelben Blusen betraten die Arena mit glänzenden Thermoskannen in der Hand. Säuseln, Kopfnicken, leises „ja bitte“ und „Danke“ beim Kaffee einschenken.
In diese einvernehmliche Atmosphäre hinein, in der sich die Anwesenden auf die gut gemeinte Konferenz einstimmten, drängte sich aus dem Foyer ein lautes: „Seht ihr wieder gut aus. Guten Morgen, Guten Morgen.“
Die Human Resources-Dame verließ den Konferenzraum mit den Worten: „Ich begrüße mal eben den Herrn Brückner.“
Hiernach hob das Gesäusel im Raum wieder an. Viktor nahm die herzliche Begrüßung zwischen seiner Kollegin und dem Brückner wahr. Sie tätschelte ihn wie es Mauerkamp eben mit ihm getan hatte. Gleich darauf aber erschien der BrueCklean-Inhaber im Türrahmen. „Einen Guten Morgen wünsche ich allen. Ich verschwinde erst einmal in den Cateringbereich, um meine Mitarbeiterinnen zu begrüßen.“
Viktor sah abwechselnd in die Runde und zu diesem Wirbelwind. Die Anwesenden nickten und lächelten. Drei Leute der Werbeagentur traten ein, doch bemerkte sie kaum jemand. Da konnten sie noch so bunt und spät daherkommen, Brückner hatte ihnen die Show gestohlen.
„Mein guter Viktor.“ Hofmacher kam auf ihn zu. „Ich werde nachher die Gelegenheit nutzen, sie offiziell vorzustellen.“ Seine Schulter wurde schon wieder beklopft, dann zog der Vorstandschef weiter und begann gleich darauf mit seiner altmodischen Konferenz.
„Meine Damen und Herren, ich freue mich, Sie heute wieder einmal alle gemeinsam in unserem Hause zu begrüßen. Der Tagesordnung konnten Sie entnehmen, dass wir viel miteinander vorhaben. Ich persönlich, aber vor allem die Mitarbeiter der EnVer AG, stehen einer weiteren Zusammenarbeit …“ Josef Hofmacher sprach wohlwollend, nett und angemessen zeremoniell, langweilig. Jedem Anwesenden blickte er für einen Bruchteil von Sekunden in die Augen, damit sich jeder angesprochen fühlte. An einem leeren Stuhl blieb Hofmacher hängen. Er schmunzelte und unterbrach seine Rede. In diesem Augenblick schwang die Tür vom Cateringbereich auf. Brückner schritt auf Hofmacher zu und packte mit beiden Händen dessen Rechte. „Mein lieber Sepp, entschuldige vielmals, aber ich wollte unbedingt noch die Damen begrüßen.“
„Stephan, wir haben Sie vermisst.“ Hofmacher deutete auf den freien Platz.
Brückner bewegte sich darauf zu und sagte laut: „Was soll man machen, wenn die Mädels mal den Chef zu fassen kriegen, bekommt der gleich was zu hören.“
Die Anwesenden lachten. Auch Hofmacher nahm lächelnd seine Rede wieder auf, die an Viktor vorbeirieselte, bis er seinen Namen hörte. „… Herr Professor Viktor Schlegel mit Vorstandsressort Forschung und Entwicklung. Eine höchst erfreuliche Neuerung in unserem Unternehmen.“
Aufwachen! Vorbei war es mit dem wohlwollenden Dreinschauen.
„… In ein paar Tagen wird Forschung und Entwicklung der EnVer AG ein eigenes Vorstandsressort erhalten.“ Damit übergab Hofmacher an Viktor.
Der bedankte sich, stellte sich vor und sprach über sein Fachgebiet. „Seit Beginn meiner Tätigkeit in diesem Hause waren stets die Überlegungen für eine moderne Art der Energieversorgung die Hauptanliegen unseres F&E-Teams. Der Zeitpunkt ist für die EnVer AG gekommen, sich neu am Energiemarkt aufzustellen und den bisherigen technologischen Standard zur sicheren Energieversorgung in neuer Relation zu betrachten. Unsere Methoden werden revolutionär erscheinen, doch sind sie längst erwartete Lösungen unserer Zeit. Die EnVer wird Maßstäbe setzen, an der sich national und international Viele orientieren werden.“ Dazu ist doch diese Veranstaltung da! Viktor war mit sich zufrieden.
Es gab zustimmenden Applaus. Auch Hofmacher stellte sich zufrieden neben Viktor. „Herzlich Willkommen auf unserer diesjährigen