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Zu den Kindern gewinnt Georg ein gutes Verhältnis. Einmal pro Woche ist er abends mit ihnen allein, während Antje zum Töpfern geht. Sie schenkt ihm eine selbstgemachte Teekanne und vier Tassen. Diese sollten ihn überallhin begleiten.

      Georg wohnt mehr bei Antje in Rüdersdorf als bei sich. Das bedeutet für sein Studium, zeitig aufstehen und spät zurück sein. Er nimmt wenig am Studentenleben teil. An einem Wochenende, die Kinder sind bei Antjes Mutter, brechen Antje und Georg zu einer Radtour ins Brandenburgische auf. Am ersten Abend zelten sie auf einer Waldwiese. Mitten in der Nacht wachen sie gemeinsam auf und lieben sich leidenschaftlich. Dabei könnte es passiert sein: Kurze Zeit später bemerkt Antje, dass sie schwanger ist. Schweren Herzens tritt sie den Weg ins Krankenhaus an. Sie traut sich nicht zu, allein mit einem Baby nach Westberlin zu gehen. Georg kämpft nicht um sein Kind, überlässt ihr die Entscheidung. Auch einen Ausreiseantrag zu stellen und so sein ganzes Umfeld und sein Studium zu verlieren, kommt ihm nicht in den Sinn. Zunächst vergessen beide schnell, was passiert ist.

      Georg ist Antje im Wesentlichen treu. Aber auf dem Olof-Palme-Friedensmarsch vom KZ-Ravensbrück nach Oranienburg, an dem er mit seinem Vater teilnimmt, lernt er eine schöne Frau aus Leipzig kennen. Sie schlafen nicht miteinander, aber es funkt gehörig. Er trifft sie nie wieder.

      Georg ist im ersten Jahr ein guter Student. Er profitiert noch vom hervorragenden Mathematik- und Physikunterricht auf der Rüdersdorfer Schule, bekommt Leistungsstipendium. Er regt seinen Seminargruppenleiter Dr. Hensel an, einen Austausch mit Westberliner Physikstudenten zu beginnen. Hensel forscht auf dem Gebiet der Chaostheorie. Später würde Georg für ihn auf einem C64 ein statistisches Rechenprogramm für eine Publikation schreiben. Den C64 hatte ihm sein Patenonkel, der Anwalt Dr. Andreas Adler, geschenkt.

      Hensel ist von der Idee angetan. Er wird aber von der Sektionsleitung zurückgepfiffen. So macht Georg das auf eigene Faust. Es gibt einige Treffen. Holm ist mit seiner Freundin dabei. Später würden zwei Stasileute um vier Uhr früh bei der Freundin erscheinen und sie vor weiteren Treffen warnen.

      Bausoldatenfreund Albert führt Georg in die Magdeburger Burschenschaft ein. Bei dieser nichtschlagenden studentischen Verbindung geht es um Biertrinken und Singen. Erst ist er Fuchs und hat ein altes Kommersbuch mit Studentenliedern von Albert. Als er zum Burschen befördert wird, klaut ihm ein Verbindungsbruder das Buch. Georg ist enttäuscht und geht nicht mehr hin.

      Dann soll das Wehrlager kommen. Georg besorgt sich ein Attest, dass er Platzangst hat und nicht mit vielen Leuten in einem Raum übernachten kann. So kommt er in den ambulanten Dienst nach Berlin Biesdorf. Der ist ätzend genug. Im nahe gelegenen Studentenwohnheim lernt er eine junge Familie aus Sao Tomé kennen. Sie besuchen Antje und ihn in Rüdersdorf und kochen exotisches Essen für sie.

      Später gibt es im Rahmen des Studentensommers einen Arbeitseinsatz im Volkseigenen Betrieb Elektrokohle Lichtenberg. Georg kommt an eine große Stanze, an der schon sowjetische Kriegsgefangene gearbeitet hatten. Nach Schichtende ist er schwarz vom Kohlenstaub.

      Seinen zweiundzwanzigsten Geburtstag feiert Georg groß bei Antje. Viele Gäste sind da: Seine Familie, Bausoldatenfreunde, Maren und Anne. Anne, sie studiert inzwischen Puppenspiel, führt ein Stück auf. Antje hatte ihm Füller und Kugelschreiber aus Metall geschenkt, mit seinem Namen eingraviert. Später würde sie ihm noch einen Holzschreibtisch mit Stuhl kaufen.

      Im Sommer 1989 erhält Georg die Erlaubnis, zu einem UNO-Seminar der Quäker nach Genf zu fahren. Er holt seinen Pass beim Staatssekretariat für Kirchenfragen ab. Der Staatssekretär, Vater von Gregor Gysi, wurde während der Nazizeit von den Quäkern unterstützt und ist ihnen deshalb wohlgesonnen. Georg durchläuft die Grenzkontrollen des Tränenpalastes, sieht den weißen Strich auf dem Bahnsteig, die gewehrbewaffneten Grenzer in der Halle und steigt in den Zug nach Basel. Vorher ist eine Westberliner Quäkerin gekommen und hat ihm Westgeld zugesteckt. In Basel hat er Aufenthalt, bewundert die alten Fachwerkhäuser, den Tingelybrunnen und den Saxofonspieler auf einem sonnigen Platz. In Genf angekommen, findet er das Quäkerhaus. Die Seminare sind interessant. Nachts streift er durch Genf. Ihm fällt ein altes, heruntergekommenes Haus auf. An der Fassade hängt ein Plakat auf Französisch. Georg beherrscht diese Sprache gut, weil er während seiner Zeit auf der Rüdersdorfer Schule autodidaktisch mit einem Assimil-Sprachkurs gearbeitet hat. Den Kurs hatte der Familie der Quäkerfreund Paul Champagnol aus Lyon geschenkt. Diesen hatte Georg als Freund gewonnen, weil sie gemeinsam auf Quäkerjahresversammlungen in Schmiedeberg waren.

      Also liest er:

      „Dieses Haus ist besetzt!“

      Er betritt das Haus, macht die Bekanntschaft der Besetzer. Diese nehmen ihn zu einer Party in einer ehemaligen Goldfabrik am Genfer See mit. Eine Frau tanzt extatisch im Sitzen. So etwas hat Georg noch nie gesehen. Sie gehen zum See, aus dem zwei schnellfließende Flüsse hervorgehen. Auf einer Brücke holen die Besetzer duftendes Kraut heraus und rauchen es. Der Nichtraucher Georg nimmt auch ein paar Züge. Er fühlt sich wunderbar.

      Zurück in Westberlin läuft er vom Zoo die U-Bahnlinie 1 bis zum Schlesischen Tor ab. Er tut das in Erinnerung an den Kinofilm Linie 1. Am Kottbusser Tor sieht er bunte Punks. In einem Straßencafé trinkt er seinen ersten Milchkaffee. Im benachbarten Trödelladen kauft er drei Glasmurmeln. Sie sollten ihn auf allen Umzügen begleiten. Am Kurfürstendamm kauft er ein Geschenk für Antje, eine Leggins mit Mustern der Aborigines. An einer Häuserfront sieht Georg einen Automaten. Dieser verheißt einen erotischen Film für eine D-Mark. Er kramt aus seiner Hosentasche das Geldstück hervor und sieht den anregenden Streifen. Er fährt zum Bahnhof Friedrichstraße: Grenzkontrolle! Eine Eisentür fällt hinter ihm ins Schloss. Sie hat weder Klinke noch Schlüsselloch. Er ist wieder im Osten. Antje hat lange gewartet, um ihn abzuholen. In dieser Nacht liebt Georg sie leidenschaftlich, auch in Erinnerung an den Film.

      Wenig später wird ihr Ausreiseantrag genehmigt. Georg bringt die Familie zum Tränenpalast und sieht sie mit ihrem Gepäck verschwinden. Die erste Zeit kann ihn Antje in Ostberlin besuchen. Dann verweigert man ihr die Einreise. Nur ihr jüngster Sohn John kann in Begleitung von Wolf Ziegner kommen. Er und Georg sind durch die Studententreffen Freunde.

      Auf einer Busfahrt zur Universität steht Georg neben einer schönen jungen Frau. Sie wenden einander die Köpfe zu, küssen sich spontan. Sie sagt ihm:

      „Ich arbeite im Naturkundemuseum. Besuche mich mal!“

      Georg geht etwas später hin. Sie sitzt im Kassenschalter. Stumm küssen sie sich wieder. Er geht, will Antje treu bleiben.

      Georg beschließt, nach Polen zu fahren, das gerade mit der unabhängigen Gewerkschaft Solidarnosc nach Ende des Kriegsrechts im Umbruch ist. Er kommt morgens in der schönen alten Stadt Krakau an, läuft zum Glowny Rynek, dem Hauptmarkt. Im Hotel Europa trinkt er einen Kaffee. Dann geht er zum Florianska Tor, hört den blinden kleinen Zigeuner Geige spielen. In der Ulica Reformacka, der Reformationsstraße, steht ein altes Kloster. Er klingelt an der Pforte und fragt, ob jemand Englisch spricht. Dazu reichen seine mageren Polnischkenntnisse noch. Bald erscheint ein junger Mann in der braunen Kutte der Franziskaner. Er stellt sich vor:

      „Metody Tomasz Bujakowski!“

      Er informiert Georg über den aktuellen Stand der Reformen in Polen. Die beiden sollten Freunde werden. Einen Winter danach würden sie gemeinsam mit Achmed und anderen Freunden in der Hohen Tatra wandern. Metody empfiehlt auch, zur Universität zu gehen. Dort wären weitere interessante Gesprächspartner. So ist es auch. Georg spricht lange mit einem Dozenten, der bei Solidarnosc engagiert ist. Dieser besorgt ihm ein Quartier im Studentenwohnheim. Am nächsten Morgen bricht er Richtung Zakopane auf. Georg unterbricht die Zugfahrt in Poronin, wo er die Wirtsleute eines lange zurückliegenden schönen Urlaubs mit seinen Eltern besuchen will. Er läuft durch das Dorf und erkennt das Haus wieder. Nur die Großmutter ist da. Leider reicht sein Polnisch nicht, um sie an die herrliche Namenstagsfeier der jungen Wirtin zu erinnern. Zu dieser Feier waren auch die Hausgäste eingeladen. Dabei stand alle fünfzig Zentimeter eine Vodkaflasche auf dem Tisch. Georg hatte dann mit vierzehn seinen ersten richtigen Rausch, obwohl er nebenbei viel von den guten Speisen aß. Er war abends einmal in der Dorfdisco. Abwechselnd nur Mädchen und Jungen auf der Tanzfläche. Die Mädchen

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