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Freien Deutschen Jugend ist er nicht gern dabei, aber seine Eltern wollen es so. Auch die Jugendweihe. Damit ist für Georg die später in Schöneiche gefeierte Konfirmation neutralisiert, ja irgendwie entwertet. Dafür hat er nun Zugang zur legendären Schöneicher Jungen Gemeinde.

      Mit einem Superzeugnis und einem ersten Preis bei der Kreismathematikolympiade wechselt er an die Erweiterte Oberschule nach Rüdersdorf.

      Georg steht auf dem schmalen Geländer einer nicht allzu hohen Eisenbahnbrücke unweit der Schule. Es geht ihm nicht um Tod oder Selbstverletzung. Diese klebrige, schlickige Masse, die sich nach dem stundenlangen Anhören und Nachsprechen von Lügen im Staatsbürgerkundeunterricht in Kopf und Körper angesammelt hatte, löst sich so am besten auf.

      Am nächsten Schultag spricht ihn Anja an, die er von der Jungen Gemeinde her kennt:

      „Ich habe gestern vom Bus aus gesehen, wie du auf dem Brückengeländer gestanden hast. Bist du verrückt? Versprich mir, dass du damit aufhörst!“

      Georg freut sich über die Anteilnahme des hübschen Mädchens. Sie ist ein Jahr älter als er. Auf einer Dampferfahrt der Schule mit Disco passiert es. Zu den Klängen von „In the air tonight“ von Phil Collins wird Anja ihrem Freund, einem Mathematiker, untreu und verführt Georg.

      Leider ist er ein ungeübter Liebhaber. Obwohl sie ihm einiges beibringt, ist sie nicht recht zufrieden. Mit der Begründung, Georg hätte keine Ambitionen gezeigt, die obere Etage ihres Elternhauses für sie gemeinsam herzurichten, macht sie Schluss mit ihm. In der folgenden Nacht schläft er nicht. Dann ist wieder Disco, diesmal in der Schule. Georg ist melancholisch und setzt sich hinter den Ofen. Bald sitzen drei Reihen gleichaltriger Mädchen um ihn. Bei der dritten Disco hat er wieder Mut und tröstet sich mit einem Mädchen, das zwei Jahre älter ist als er. Sie tanzen eng umschlungen zu „Child in time“ von Deep Purple.

      Manchmal setzen sich die Schulfreunde in Pauls Wohnung und spielen Punk auf Vogelkästen und selbstgebauten elektronischen Instrumenten. Später gründen sie eine Band. Die Band sollte im Rüdersdorfer Kulturhaus, wegen seines neoklassizistischen Baustils Akropolis genannt, spielen und den ersten Preis beim Wettbewerb Junger Talente gewinnen.

      Mit Schulfreund Holm fährt er regelmäßig zum Klub Junger Physiker zur Warschauer Straße mit der Straßenbahn Alt Rüdersdorf-Friedrichshagen nach Berlin. Dort behandeln sie mit einem Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften die Spezielle Relativitätstheorie von Einstein. Unterwegs treiben sie Schabernack. Einmal hat Holm einen Tongenerator mit Fotozelle gebaut. Verringert sich der Lichteinfall auf die Zelle, wird der Ton höher. Sie stellen sich mit dem Generator auf den gut begangenen Bürgersteig und zücken Schreibzeug. Ein Passant wird aufmerksam und fragt, was sie da messen.

      „Die Radioaktivität der Gehwegplatten“, antwortet Holm und gibt dem Passanten den Tongenerator.

      „Gehen Sie mit dem Messkopf zum Boden! Wird der Ton höher, steigt die Radioaktivität an!“

      Der Passant tut das und bestätigt, dass der Ton höher wird.

      „Das ist bedenklich, Sie müssen es melden!“

      „Werden wir tun!“

      Die Erweiterte Oberschule führt bis zum Abitur und hat breite Felder zum Lügen in Geschichte und Staatsbürgerkunde. Am schlimmsten wirkt es, drinnen einen Vortrag über die Gesetzmäßigkeit der Überlegenheit der sozialistischen Produktionsweise zu hören und dann selbst nach draußen zu schauen. Alles Grün ist hier kalkgrau. Die Werke befinden sich unweit der Schule. Gegenüber der Bushaltestelle steht ein Trafohaus mit einem Warnschild, wie viel Kilogramm Kalkstaub pro Quadratmeter sein Dach tragen würde.

      In den Sommerferien der vorletzten Klasse auf der Rüdersdorfer Schule unternehmen die Freunde, es sind insgesamt sieben, eine große Radtour. Vorher schreibt jeder geheim auf, was er von der Tour erwartet. Schon im Harz fährt einer in den Graben. Fahrrad kaputt! Außerdem ist der mit 2,05 m größte Tourteilnehmer erschöpft. So fahren die ersten zwei mit der Bahn zurück. Dann teilt sich die Gruppe noch mal. Georg will unbedingt nach Erlbach im Vogtland, zu den Großeltern mütterlicherseits. Dorthin kann er aber nicht alle mitnehmen. Er entscheidet sich für Holm, seinen besten Freund. Die anderen fahren über Mitteldeutschland nach Berlin zurück. In Erlbach angekommen, sie sind nicht angemeldet, erkennen die Großeltern Georg zuerst nicht. Ihm ist ein Bart gewachsen, und er trägt Hut. Dann werden es doch noch schöne Tage. Sie verlassen Erlbach, radeln über steigungsreiche Strecken, die Räder haben keine Schaltung, nach Zwickau. Von dort aus nehmen sie die Bahn nach Berlin. Viele Jahre später sollten die sieben Freunde die geheimen Notizen gemeinsam lesen. Das Hallo ist groß.

      Trotz sehr guter Leistungen will die Schulleitung Georg feuern, weil sie befürchtet, dass er Bausoldat wird und so die Statistik der Schule belastet. Seine Eltern werden zu einem Termin einbestellt. Georgs Mutter ist so aufgeregt, dass sie in Hausschuhen kommt. Danach nimmt der Vater Kontakt zu seinen Gesprächspartnern aus hohen Kreisen der regierenden Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands SED auf, die er von seinen Gesprächen als Mitglied der Religiösen Gesellschaft der Freunde (Quäker) über Ost-West-Dialog und Abrüstungsfragen her kennt. Danach beruhigt sich die Lage für Georg. Zur Abiturfeier, wo ihm sein Zeugnis mit Auszeichnung überreicht wird, trägt er den Gehrock seines Urgroßvaters mütterlicherseits.

      Mathematik, Georgs bestes Fach, scheint ihm zu lebensfern. Zu staatsnah Jura und zu eingemauert die meisten Sprachen. Er bewirbt sich für Physik an der Humboldt-Universität zu Berlin und bekommt den Platz, obwohl er den Armeedienst mit der Waffe verweigern würde. Seine Schulfreunde wählen auch naturwissenschaftliche Fächer. Außer Mike, der spricht den Westberliner Szeneslang am besten. Er hat einen Ausreiseantrag gestellt und arbeitet nun bei der Post. Später würde er im DDR-Knast landen und in den Westen freigekauft. Bei der Commerzbank würde er eine große Nummer werden. Paul hatte sich für Elektronik in Dresden beworben. Er bekam aber nur Papierverfahrenstechnik. Das stellte sich im Nachhinein als Glück heraus, weil dieser Studiengang im Osten progressiv war. Er machte nach der Wiedervereinigung in Österreich und der Schweiz Karriere. Holm geht nach Rostock, studiert Physik. Er promoviert später über ein Thema der theoretischen Physik. Lebt in einem baufälligen Haus im Kabutzenhof.

      Nach dem Abitur wollten die Schulfreunde noch eine Fahrt in den Harz machen. Aber nur Holm und Georg fahren. Auf dem Brocken übernachten sie im Wetterhäuschen. Der Wind heult, und es ist kalt. Am Morgen besichtigen sie die Grenzbunker. Sie wandern nach Wernigerode, dort übernachten sie auf der Schlossmauer. Über eine kleine Anlage hören sie Howard Fine und Laurie Anderson.

      Während der Bausoldatenzeit findet Georg viele neue Freunde und kommt oft zum Verlängerten Kurzurlaub, wie das im Armeedeutsch heißt, nach Woltersdorf zu seiner Mutter. Der Vater ist inzwischen ausgezogen zu seiner neuen Freundin und Kati, Georgs Halbschwester. Einmal geht Georg zu einer Disco nach Rahnsdorf. Es ist nicht viel los. Auf dem Rückweg durch den Wald zieht er seinen weißen Pullover aus, es ist eine warme Nacht. Den Pullover hatte ihm seine Mutter im Intershop gekauft, wie vorher schon einen Jeansanzug.

      Er holt zwei Mädchen ein, die auch in Rahnsdorf waren. Sie unterhalten sich angeregt und beschließen, gemeinsam im Flakensee baden zu gehen. Dort angekommen, ziehen sich die drei aus. Georg favorisiert die kräftigere von beiden. Er nähert sich ihr. Sie umarmt und küsst ihn. Dann geht er zu der anderen und umarmt auch sie. Georg geht mit der ersten ins laue Wasser. Sie kommen sich sehr nahe, und er dringt in sie ein. Später erfährt er, dass sie in seinem Geburtskrankenhaus als Krankenschwester arbeitet. Es kommt noch zu zwei Treffen. Eines im Krankenhaus, das andere in einem mückenreichen Wald. Dann gesteht sie ihm, dass sie schon einen Freund hat und ihn nicht mehr treffen kann. Er ist traurig. Bald wird er aus der Nationalen Volksarmee entlassen. Er arbeitet bis zum Beginn des Sommerurlaubs als Hilfslaborant an der Akademie der Wissenschaften in Adlershof. Dort untersucht Georg unter Anleitung von Dr. Weber, einem Freund der Familie, dünne Tensidfilme.

      Die Sommerreise soll nach Rumänien gehen. Es kommen mit: Seine Schwester Anita, ihr Freund Mats, dessen Schwester Inge, die beiden Schwestern Maren und Anne aus Woltersdorf und Georg. Bausoldatenfreund Ed steigt in Budapest zu. In Rumänien treffen sie auf Edwin, einen Rumänen,

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