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stimmt, aber er hatte keine Wahl.“

      „Wusstest du, dass sie geschrieben hat?“

      „Tun das nicht alle Vielschreiberlinge?“

      „Wohl schon, aber die hier war eine ganz Besondere. Ich kenne ihren Namen. Sie hat in jüngeren Jahren Spaßkarten verfasst. Sie wissen schon, diese Dinger mit den lustigen Sprüchen, die man sich an den Kühlschrank hängt. Meine Frau und ich haben eine mit einem Hund, die sagt: „Wuffs going on?“ Der Captain lachte kurz auf. „Irgendwann gab es keine neuen Karten mehr, sie hatte einfach aufgehört. Wir haben immer mal wieder in dem kleinen Laden nachgefragt, der ihre Karten führte. Ihr Name hat mich sofort hellhörig werden lassen. Was sie wohl dazu bewegt hat, an so einem krummen Ding teilzunehmen?“

      „Wir werden es herausfinden, Captain, zwei von dreien sind noch am Leben. Und bevor diese Nacht rum ist, werden wir sie ausquetschen.“

      Joe schaute hinüber zu Milten, der sein Statement abgegeben hatte. Der Mann von der Internen Abteilung klopfte dem Detective auf die Schulter, klappte sein Notizbuch zusammen und ließ ihn alleine stehen. Milten schien nicht bemerkt zu haben, dass der Blick des Captains auf ihm haftete. Er lehnte sich auf eine Autohaube und legte sich die Hand über die Stirn, als wolle er sagen, ich habe genug für heute.

      „Geht es ihm gut?“

      „Um ehrlich zu sein, nein. Er hat ganz schön viel durchgemacht in den letzten Monaten. Hat zum ersten Mal Tote gesehen, war in einer Beziehung, die mit 100 Sachen gegen die Wand gefahren ist.“

      „War es das erste Mal, dass er auf jemanden geschossen hat?“

      „Das erste Mal mit Todesfolge.“

      „Verdammt.“

      „Der wird schon wieder, Milten ist ein zäher Kerl. Der verdaut das und steht morgen wieder da wie neu.“ Percy wusste, dass das gelogen war. Milten war weder zäh noch sonderlich gut darin, Dinge schnell zu verarbeiten. Die Trennung schleppte er seit Monaten mit sich herum. Sein Frust und seine Lustlosigkeit hatten sich in seinem vernachlässigten Äußeren manifestiert. Aber er würde bestimmt nicht den eigenen Partner schlecht aussehen lassen, erst recht nicht, wenn es sich dabei um einen Freund handelte. Percy schaute zu Milten hinüber. „Ich werde mich um ihn kümmern, Captain, machen Sie sich keine Sorgen.“

      „Wenn du das sagst, Percy. Ich erwarte morgen einen ausführlichen Bericht.“

      Percy ließ den Captain stehen und ging hinüber zu seinem Partner. Die ersten Streifenwagen fuhren schon wieder davon. Die Spurensicherung war abgeschlossen und die Bücher sichergestellt. Milten bemerkte das Erdmännchen, das ihm seinen Kaffee anbot. Er lehnte ab. „Percy, meinst du, dass ich morgen aufwachen kann und wieder glücklich bin? Ich fühle mich schon so lange ... unvollständig. Es ist, als ob mir nichts mehr Spaß macht. Kein Schluck, kein Schlaf, keine Berührung, nichts hilft. Ich bin andauernd unzufrieden.“

      „Seh es mal positiv, absolute Zufriedenheit ist weitaus unangenehmer.“

      „Wie meinst du das?“

      „Was jedem zu spät bewusst wird, ist, dass das eigentlich Schöne das Verlangen ist, nicht die Befriedigung des Verlangens. Verstehst du, was ich meine?“

      „Nicht wirklich.“

      „O. k., pass auf. Sagen wir, du willst unbedingt deine Exfrau zurück, richtig?“

      „Richtig!“

      „Und genau darin liegt das Problem. Tief in deinem Inneren weißt du, dass es einen Grund gibt, warum ihr euch getrennt habt. Auf irgendeiner Ebene seid ihr nicht miteinander kompatibel. Und deshalb seid ihr nicht mehr zusammen. Wenn du sie wiederbekommst, wirst du, oder sie, irgendwann unglücklich und alles geht wieder erneut in die Brüche. Du verlierst also Zeit deines Lebens, in der du nach deinem eigentlichen Glück suchen könntest.“

      Miltens Blick zeigte Einsicht.

      „Glaub mir, Milten, überleg dir im Leben gut, was du willst. Zu viele wollen Geld und haben keine Ahnung, was sie damit eigentlich kaufen wollen. Andere suchen nach der perfekten Liebe, brauchen aber lediglich etwas Gesellschaft. Der ein oder andere wäre mit einem Hund oder einer Katze gut bedient. Körperliche Verlangen sind ... einfach zu stillen. Die wenigsten wissen, worin ihr Glück eigentlich besteht. Deshalb wissen sie gar nicht, wonach sie überhaupt suchen.“

      Milten starrte auf den Boden. Percy erkannte, dass er zwar einiges erklärt, ihn dabei aber kein bisschen aufgemuntert hatte. „Was hältst du davon: Wir verhören jetzt die zwei, die du nicht erschossen hast, anschließend holen wir uns einen Burger?“

      „Du bist gemein“, sagte Milten und lächelte.

      „Na komm“, sagte Percy und winkte ihn zu sich. „Wir können uns die Hamburger auch gleich besorgen. Immerhin haben wir beide nichts zu Abend gegessen.“

      „Was glaubst du, was hinter dem Diebstahl steckt?“

      „Das Gleiche wie immer. Verzweiflung, Geldsorgen, Aussichtslosigkeit.“

      2

      Percy betrat den Verhörraum. Milten schloss die Tür hinter sich. Der Raum hatte schon alles gehört, was es an Grausamkeiten und Verbrechen gab. Und die abblätternde Farbe an den Wänden machte jedem klar, dass es hier nicht darum ging, Gemütlichkeit zu verbreiten. Hier wurde geredet. Was gesagt wurde, konnte Leben verändern. Der Verhörraum war die Zwischenstation jedes Kriminellen. Und wer nicht gesprächsbereit war, landete oftmals an einem Ort, der noch um einiges grässlicher war.

      Milten setzte sich gegenüber einem Mann, den sie nach eigener Aussage (und seinen Papieren) als Earl Gros identifiziert hatten. Er zog das Notizbuch aus dem Halfter um seinen Gürtel, breitete es vor sich aus und zückte den Bleistift hinter seinem Ohr. Percy lehnte hinten in der Ecke und kaute an einem Schokoriegel.

      „Earl, woher wusstet ihr, dass die Bücher in dem Bürogebäude gelagert wurden?“

      „Wir haben geraten.“

      „Geraten?“, sagte Milten mit gespielter Verwunderung. „Bravo, Earl, da habt ihr wahrlich hervorragend geraten. Sag mir, wenn du raten müsstest, was passiert, wenn du mir weiterhin auf die freche Art kommst. Würdest du raten, dass mein Partner dich hier auf seine freche Art um Antworten bittet, oder glaubst du, dass wir dich einfach gehen lassen? Earl, was meinst du? Rate doch mal.“

      Earl schaute zu Percy. Der hatte seinen Schokoriegel aufgegessen und machte auf dem Boden Liegestütze. „Was macht der da?“

      „Ich hab keine Ahnung, Earl, was glaubst du, was er macht?“

      „Was habe ich davon, wenn ich unsere Quelle verrate?“

      „Das weiß ich nicht, Earl. Aber ich sehe so einiges, das du verlieren könntest, wenn du uns Informationen vorenthältst. Deine Freiheit zum Beispiel, aber lange davor, hier und heute wäre da noch deine Gesundheit. Und, Earl, was bleibt uns schon noch, wenn die Gesundheit nicht mehr stimmt, hab ich nicht recht?“

      Detective Percy war wieder auf den Beinen und boxte jetzt in die Luft. Er versetzte seinem Gegenüber zuerst ein paar harte Schläge in die linke Niere, tippelte zurück und wich einem Schlag aus. Dann begann, er im Dauerfeuer seiner Fäuste die Magengegend seines luftigen Gegners zu bearbeiten. Earl starrte wie gebannt auf das kämpfende Erdmännchen. Er war gerade mal 1,20 m groß, aber zuschlagen konnte er ordentlich. Kräftig war er auch. Es war mitten in der Nacht, wenn die beiden Detectives auf ihn losgehen würden, konnte kein anderer Bulle die zwei zurückhalten. Welche Option hatte er schon noch?

      „Sein Name ist Eddie, Eddie, die Plastikschnauze. Er betreibt eine Pfandleihe in der Innenstadt.“

      „Sehr gut, Earl, danke dir. Damit sind wir hier auch schon fertig.“ Milten notierte den Namen in sein Notizbuch und schlug es zu.

      „Kann ich jetzt gehen?“

      „Gehen? Wohin denn?“, fragte Milten mit gespielter Überraschung.

      „Nach

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