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Brand und Mord. Die Britannien-Saga. Sven R. Kantelhardt
Читать онлайн.Название Brand und Mord. Die Britannien-Saga
Год выпуска 0
isbn 9783862827725
Автор произведения Sven R. Kantelhardt
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Ob wir bald auf diese verdammten Pikten treffen?“, fragte Ypwine Gerolf, der neben Thiadmar und Ordulf am Feuer saß, am Abend dieses Tages.
Gerolf zerrte gerade mit beiden Händen an einem Stück Fleisch, in dem er sich festgebissen hatte. Schließlich ließ er von dem zähen Stück Schaf ab und wischte sich das Fett aus dem Bart. „Entweder Vortigerns Truppen haben sie schon ohne unsere Hilfe vertrieben oder sie kommen uns bald entgegen“, vermutete er und nahm einen neuen Anlauf, der widerspenstigen Keule beizukommen.
Ordulf hörte schweigend zu, doch am Abend reinigte er sorgfältig seinen Sax und prüfte die Schärfe der Klinge. Wie würde er sich wohl in seiner ersten Schlacht schlagen?
Früh am Morgen ging es weiter, die Kolonne der Sachsen zog sich über eine lange Strecke Weges hin, doch immerhin schien heute endlich die Sonne. Gegen Mittag geriet der Zug vorne plötzlich ins Stocken. Ordulf kniff die Augen zusammen, konnte den Grund aber nicht erkennen.
„Dort kommen zwei Reiter auf uns zu“, rief schließlich jemand weiter vorn in der Kolonne. Dann entdeckte Ordulf sie auch.
Zwei völlig verdreckte Reiter auf kleinen britannischen Pferdchen, denen der Schaum vor dem Maul stand.
„Die müssen wichtige Nachrichten überbringen, wenn sie sich so beeilen“, mutmaßte Gerolf.
Die sächsische Kolonne war inzwischen wieder dicht aufgeschlossen und Ordulf sah gespannt zwischen Hengist und den sich nähernden Britanniern hin und her. Die Reiter hielten direkt auf Vortimer zu und als sie ihn erreichten, entspann sich zwischen ihm, den beiden Fremden und Ceretic sofort ein aufgeregtes Gespräch. Ordulf verstand kein Wort und vermutlich ging es Hengist nicht besser.
Endlich wandte sich Ceretic an den Sachsenfürsten. Horsa und Willerich rückten heran, um ebenfalls zu hören, was die Boten berichteten. Unter den Sachsen begannen derweil wilde Spekulationen zu kreisen.
„Sie brauchen uns nicht mehr und wir sollen wieder umdrehen“, argwöhnte Thiadmar.
„Vielleicht hat uns der Feind umgangen?“, vermutete Gerolf, doch da löste sich Hengist selbst aus der Gruppe der Reiter und trabte in die Mitte des Zuges, sodass ihn alle gut sehen und hören konnten.
„Ich habe gute Nachrichten für euch“, rief er. „Die Pikten haben die Truppen des Hochkönigs in die Flucht geschlagen.“
„Das sollen gute Nachrichten sein?“, brummte Ypwine. „Gute Nachrichten wären es, wenn wir zu der Insel vor der Thamesa-Mündung umkehren könnten. Ich hätte keine üble Lust, an dem Fleet, den ich dort entdeckt habe, einen Hof zu bauen.“
Doch Hengist fuhr schon mit erhobener Stimme fort: „Vortigern wurde auf dem Marsch zu einer Stadt namens Eboracum von den Pikten überrascht. Seine Armee ist geschlagen und hat sich hinter den Mauern eines anderen Ortes verschanzt. Er befiehlt uns, schnellstens dorthin zu kommen. Es gibt also noch genug für uns zu tun.“
„Das Ganze schmeckt mir nicht“, maulte Gerolf. „Sollen auch wir uns hinter Mauern verstecken? Unsere Schilde sind unsere Mauern. Wir werden dem Hochkönig zeigen, wozu Sachsens Krieger fähig sind.“
Beifälliges Gemurmel antwortete dem alten Recken, doch da gab Hengist bereits das Zeichen zum Weitermarsch. Bald stieg Ordulf der Geruch von Feuer in die Nase. Als die Straße auf einem Höhenzug aus dem Wald trat, sahen sie am Horizont Rauchsäulen aufsteigen. Dort im Norden brannten Dörfer.
„Ich dachte, der Hochkönig steht noch zwischen uns und dem Feind. Wieso brennen denn hier schon die Dörfer?“, wunderte sich Ypwine. „Hat Vortigern etwa auch diese Stadt nicht gehalten und sein Heer ist vollends aufgerieben worden?“
„Seht nur dort rechts“, rief plötzlich eine Stimme, die Ordulf bekannt vorkam. Dann fiel ihm ein, wer das war. Kein anderer als der einäugige Halvor. Ordulf verfluchte seinen Hochmut. Er hätte nie und nimmer zustimmen sollen, als Horsa den Kerl verschonte. Sicher wartete der Ebbingemanne nur auf eine Gelegenheit zur Rache. Aber für solche Gedanken war es nun zu spät. Ordulf seufzte und blickte mit zusammengekniffenen Augen in die angegebene Richtung, aber erkennen konnte er nur den dunklen Wald. Thiadmar neben ihm schien etwas wahrzunehmen.
„Da bewegt sich etwas“, rief auch er. „Sind das Reiter?“
Halvors eines Auge schien besonders scharf zu sein. „Da sind gerade drei Reiter im Wald verschwunden“, behauptete er.
„Wir verfolgen sie nicht“, befahl Hengist streng. „Sie sollen denken, wir wollten uns zusammen mit den Britanniern klammheimlich hinter den Mauern dieser Stadt verstecken.“
Gerolf quittierte die Anweisung mit einem triumphierenden Schnaufen. „Ich wusste, dass Hengist sich nicht wie ein Feigling verkriecht“, frohlockte er.
Da sah Ordulf, wie sich zwei Berittene vorn von ihrer Kolonne lösten. Gerade noch in Sichtweite des Heeres blieb der erste stehen, während sein Kamerad weiter eilte. Hengist sandte also eigene Späher aus. Der zweite Reiter würde sich seinerseits bis an die Grenze des Sichtfeldes des ersten vorwagen, dann wäre seinerseits wieder der erste dran und so weiter, bis sie irgendwann auf den Feind stießen.
Hengist selbst und die übrigen Reiter hielten sich nun dicht bei den Fußkämpfern. Die Spannung war greifbar, doch es dauerte noch etwa zwei Stunden, bis vor ihnen plötzlich wieder ein Reiter erschien.
„Unser Kundschafter“, behauptete Thiadmar, lange bevor auch Ordulf ihn erkannte. Das kleine Britannier-Pony des Spähers kam im vollen Galopp die Straße entlanggeprescht. Hengist ritt ihm entgegen und hob den Arm als Zeichen, dass die Kolonne warten sollte. Kurz darauf wendete Hengist sein Pferd und trabte zu den gespannt wartenden Kriegern zurück.
„Pikten!“, rief er. „Die Kerle warten hinter diesem Wäldchen auf uns.“ Er blickte verächtlich zu den beiden Britanniern auf ihren müden Ponys hinüber. „Unsere britannischen Freunde meinen, wir sollten umkehren. Was haltet ihr davon?“
Empörte Rufe wurden laut.
„Dafür sind wir nicht so weit gelaufen“, rief Gerolf und allgemeines Gelächter antwortete ihm.
„Bravo Gerolf.“ Hengist schenkte seinem alten Knecht ein grimmiges Lächeln. „Wir formieren uns vor dem Wald und greifen im Eberkopf an. Willerich führt die Seinen rechts, Horsa bildet mit den Männern der Heldir den linken Keil. Die Mannen der Heritog folgen mir in der Mitte. Wir rücken dann leise bis zum Waldrand vor. Niemand verlässt die Deckung und seid verdammt nochmal leise. Wir wollen diese Pikten nicht vorzeitig aufschrecken.“
Aufgeregtes Gemurmel folgte, als sich die Männer wie befohlen aufteilten. Sobald wieder Ruhe einkehrte, drangen sie in den Wald ein, die Reiter voran, das Fußvolk hinterher. Alle bemühten sich, möglichst leise zu sein, doch Ordulf hörte von der ganzen Front das Knacken dürrer Äste und das Schnauben der Rösser. Hin und wieder wieherte ein Pferd oder ein Mann schrie auf, wenn ihn ein Zweig ins Gesicht peitschte. Fast meinte er, der Feind müsste auch das Schlagen seines Herzens hören, so sehr hämmerte es in seinem Brustkorb. Vor Aufregung klebte seine Zunge trocken am Gaumen und seine Blase begann sich bemerkbar zu machen. Schließlich wurde der Wald vor ihnen lichter. Gleich würde er diese geheimnisvollen Pikten zu Gesicht bekommen. Hengist hob seine Hand und bedeutete den Sachsen anzuhalten. Er selbst stieg aus dem Sattel und pirschte sich vorsichtig bis zum Waldrand vor.
„Wie viele es wohl sind?“, flüsterte Thiadmar aufgeregt.
Ordulf kribbelte es seltsam in der Magengrube. Er musste sich räuspern, bevor er eine verständliche Antwort zustande brachte. „Keine Ahnung“, stieß er gedrückt hervor.
„Ob sie einen Schildwall bilden? Oder vielleicht sogar Wall und Graben ausgehoben haben?“, fragte Thiadmar weiter, doch auch Ordulf wusste keine Antwort.
Der Feind blieb hinter den letzten Bäumen verborgen. Es erschien Ordulf, als verstriche eine Ewigkeit, bis Hengist zurückkehrte.
„Die Pikten stehen quer über das gesamte Tal verteilt in loser Schlachtordnung“, berichtete er. „Sie scheinen sich ihrer Sache sehr sicher zu