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ein Kleintier erlegen. Dadurch ließ sich die Nahrung rascher beschaffen, und der Mensch hatte mehr Zeit für die Arbeit. In den Stunden, die nach der Nahrungssuche übrigblieben, bastelte er an seinen Werkzeugen, machte sie immer besser und schärfer. Und jedes neue Werkzeug bedeutete wiederum mehr Nahrung und daher mehr Zeit.

      Besonders durch die Jagd gewann der Mensch viel Zeit. Mit Fleisch kann man sich in einer halben Stunde für einen ganzen Tag völlig satt essen. Aber zunächst bekamen die Menschen sehr selten Fleisch. Es ist unmöglich, mit einem Stock oder einem Stein ein großes Tier zu töten, und an einer Waldmaus ist nur wenig dran.

      Der Mensch war noch kein richtiger, echter Jäger.

      Was war der Mensch denn?

      Er war ein Sammler.

      Den Sammler-Menschen der früheren Zeiten ging es schlecht. Wenn sie nicht vor Hunger starben, so lag das daran, dass sie täglich auf der Suche waren und sich vor keiner Nahrung ekelten. McDonalds gab es vor 2,3 Millionen Jahren noch nicht. Der wirkliche Ekel war also noch Millionen Jahre entfernt.

      Obwohl die Menschen nun kräftiger und freier geworden waren als ihre Vorfahren, die noch auf Bäumen leben mussten, waren sie doch noch ziemlich jämmerliche, halb verhungerte Wesen.

      Aber noch ein furchtbareres Unglück kam über die Erde. Ein furchtbarer Plan Gottes, wenn es ihn denn schon gab. Ein Klimawechsel vollzog sich langsam aber sicher über Jahrtausende hin. Das Eis des Nordens setzte sich in Bewegung und begann nach Süden vorzudringen. Ihr alle wisst genügend über diese Zeit und über ihre Auswirkungen – und deshalb sollten wir ab jetzt im Zeitraffer vorgehen.

      Nur langsam bewegte sich das Eis, und sein kalter Hauch wurde nicht sogleich spürbar, wo der Mensch lebte. Die ersten, die das Nahen des Eises fühlten, waren nicht die Tiere des Festlandes, sondern die Tiere der Meere. Die Uferablagerungen berichten uns eindrucksvoll von dieser Verwandlung der warmen Meere in kalte. Während auf dem Festland noch wärmeliebende Pflanzen und Tiere lebten, veränderte sich schon die Bevölkerung des Meeres. Wenn wir die Gesteinsschichten studieren, die damals abgelagert wurden, finden wir in ihnen massenhaft die Schalen kleiner Muscheln, die nur in kalten Gewässern leben konnten.

      Aber bald spürte man auch auf dem Land das Nahen des Eises. Die Arktis verlegte ihren Platz nach Süden. Und daher mussten die Tundren und Nadelwälder des Nordens ebenfalls ihren Platz räumen und nach Süden ausweichen. Die Tundra bedrängte damit die Taiga, die sich nun zurückzog und ihrerseits die Laubwälder verdrängte. Es gab einen großen Krieg der Wälder gegeneinander. Kurz gesagt: Nicht nur Tiere und Menschen kämpften um ihr Überleben und mussten sich den klimatischen Änderungen anpassen, auch die Welt der Pflanzen teilte mit ihnen dieses Problem. Viele Jahrtausende dauerte dieser Verdrängungskrieg der Wälder. Weiter und weiter zogen sich die wärmeliebenden Bäume nach Süden – Reste einer geschlagenen Armee.

      Mit den wärmeliebenden Wäldern verschwanden ihre Bewohner. Es verschwand der alte Elefant; Nashorn und Nilpferd verzogen sich nach Süden, und der alte Feind des Menschen, der Säbeltiger Machairod, starb aus. Mit diesen Großtieren sind viele andere Tiere und Vögel zugrunde gegangen oder nach Süden geflüchtet. Es hätte auch nicht anders sein können. Durch die „Ketten der Ernährung“ aneinander gefesselt, gingen Tiere und Pflanzen miteinander zugrunde, wenn der Wald zugrunde ging. Genauso versanken Jahrtausende später die verurteilten Galeerensklaven mit ihrer Galeere, da sie durch Ketten an sie gefesselt waren.

      Um davonzukommen, musste das Tier diese Kette zerreißen. Es musste neue Nahrung finden, Krallen und Zähne verwandeln und sich ein dichtes Fell wachsen lassen, um sich vor der Kälte zu retten. Mit anderen Worten: Das Tier war gezwungen, sich zu verändern. Für ein Tier im arktischen Wald war es schwer, sich am Leben zu erhalten. Und so kamen aus dem Norden, zusammen mit dem Wald, seine Bewohner in ihrem neuen dichten Haarkleid: das wollige Nashorn, das Mammut, der Höhlenlöwe, der Höhlenbär. Sie fühlten sich im nördlichen Wald ganz wie zuhause.

      Und was wurde aus dem Mensch? Er ist am Leben geblieben, seine Hände Arbeit ließen ihn Schutzräume bauen und ließen ihn lernen, Vorräte aufzubewahren und immer mehr das Feuer zu nutzen. Mit der Asche wurden die Vorräte haltbar gemacht. Für die Menschen, die in den warmen Ländern wohnten, war es nicht schwer, am Leben zu bleiben, obwohl auch dort das Klima merklich kühler wurde. Sie waren dennoch nicht gezwungen, all das zu ihrem Überleben zu „erfinden“, was die Menschen im Norden benötigten, um dem Grauen der Eiszeit entgegenzutreten.

      In den strengen Wäldern des Nordens gab es kaum noch etwas zu sammeln. Da begann der Mensch in den Wäldern nach jener Beute zu suchen, die nicht ruhig stehen bleibt und wartet, bis sie gefunden wird, sondern wegläuft, sich versteckt und widersetzt. Selbst in den warmen Ländern ergänzte der Mensch um diese Zeit seine Nahrung immer häufiger durch Fleisch. Es war nahrhafter, gab mehr Kraft und ließ mehr Zeit für die Arbeit. Das wachsende Hirn des Menschen forderte Proteine, nahrhafte Fleischkost.

      Je besser die Werkzeuge der Menschen wurden, umso mehr Raum nahm die Jagd in ihrem Leben ein. Und wenn die Jagd schon im warmen Süden zur Notwendigkeit wurde – im Norden war es unmöglich, ohne sie zu existieren. Gewiss, in den vielen Jahrtausenden, die den Jägermenschen vom Sammlermenschen trennen, hat sich die steinerne Waffe verändert; sie ist schärfer und besser geworden. Der Arbeitsaufwand wurde größer. Wenn daher der Mensch ein Steinwerkzeug oder Waffe gemacht hat, so wirft er dies nicht nach dem einmaligen Gebrauch fort, sondern bewahrt es sorgsam auf und schärft es wieder, wenn es stumpf geworden ist. Der Mensch schätzt das Werkzeug, da er seine Arbeit und Zeit schätzt. So wächst allmählich sein Bewusstsein: Er begreift durch sein BEGREIFEN des Werkzeugs und des zu bearbeitenden Materials, dass es ein Ziel gibt. Und er hat einen Plan, um zu diesem Ziel zu gelangen – so kommen Dinge in sein Leben, die früher dem Zufall überlassen waren. Dinge, die er begrifflich noch nicht formen kann, die aber gleichwohl durch seiner Hände Arbeit existieren: Plan und Ziel.

      Nun kann der Einzelne noch so große Ziele und Pläne haben, kann er sie auch als Einzelner verwirklichen?

      Man kann sich bemühen, wie man will, Stein bleibt Stein. Ein Jagdspieß mit einer Feuersteinspitze war eine unzureichende Waffe, um ein Tier wie das Mammut anzugehen. Denn das Mammut hatte eine Haut, so dick wie ein Stahlpanzer. Dennoch hat der Mensch die Mammute überwältigt. Das erzählen uns ihre Schädel und Stoßzähne, die an den Jagdplätzen zu finden sind. Wie wurde der primitive Jäger mit dem Mammut fertig? Das kann nur verstehen, wer das Wort „Mensch“ richtig lesen kann, der „Mensch“ sagt und „Gemeinschaft“ meint. Nicht ein Mensch, sondern die Menschen in gemeinsamer Bemühung lernten es, Werkzeuge zu machen, zu jagen, das Feuer zu gewinnen, Behausungen zu bauen, die Erde zu bearbeiten. Nicht ein Mensch, sondern die Menschengesellschaft hat durch die Arbeit von Millionen Mitglieder ihrer Art Kultur, Religion und schließlich Wissenschaft hervorgebracht.

      Vereinzelt wäre der Mensch ein Tier geblieben. In manchen Geschichten wird der damalige Jäger-Mensch als einzelner Robinson dargestellt, der in hartnäckiger Arbeit allein zu allem gekommen ist. Wäre der Mensch wirklich solch ein alleinstehender Robinson gewesen oder hätten die Menschen als einzelne Familien gelebt und nicht als ganze Sippen/ Stämme/ Gesellschaften, so wären sie nie Menschen geworden und hätte nie die Kultur geschaffen. Die Arbeit in der Gemeinschaft hat das Tier zum Menschen gemacht.

      Natürlich kennt ihr Defoes Geschichte von Robinson. Aber Robinsons Leben war nicht so, wie es dort erzählt wurde – weder romantisch, noch abenteuerlich. Die wahre Geschichte zeigt, dass man Robinson nach vielen Jahren der totalen Inseleinsamkeit völlig verwildert wiederfand. Der alte Matrose hatte fast ganz das Sprechen verlernt und war einem Tier ähnlicher als einem Menschen. In der Einsamkeit ist es daher sogar für einen heutigen Menschen gar nicht leicht, Mensch zu bleiben. Was soll man da erst von den Urmenschen sagen!

      Sie existierten nur in der Gemeinschaft, dadurch, dass sie gemeinsam lebten, gemeinsam jagten, gemeinsam sammelten und gemeinsam Waffen verfertigten. In einer Horde verfolgten die Urmenschen das Mammut. Nicht ein Jagdspieß, Dutzende von Spießen bohrten sich in seine zottigen Hüften. Wie ein vielbeiniges und vielhändiges Wesen verfolgte der Menschenschwarm das Mammut. Nicht nur Dutzende von Händen, sondern auch Dutzende von Köpfen arbeiteten hier zusammen. Das Mammut war zwar viel größer und stärker als ein Mensch, die

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