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[…].“ (MacKenzie 1961: 150) Nach seiner Auffassung können Nomen in ihrer einfachen Form – diese kann auch als Grundform betrachtet werden – nicht eindeutig als definit bezeichnet werden, was aber von manchen Forscher*innen in der Kurdologie angenommen wird (vgl. Omarkhali 2011: 198).

      In Bezug auf die Verbalphrase in Kurmancî lässt sich festhalten, dass sie ähnlich wie im Deutschen die grammatischen Kategorien der Person, des Numerus, des Tempus und des Modus markiert.5 Allerdings wird in Kurmancî auch der Aspekt unterschieden, der für die Tempusformen der Vergangenheit eine Rolle spielt.

      In Kurmancî scheinen ferner die Kategorien der Person und des Numerus wie im Deutschen zu fusionieren. Der Unterschied ist jedoch, dass das Verb hier nicht immer mit dem Subjekt des Satzes hinsichtlich Person und Numerus in Kongruenz steht. Im Konkreten: Das Verb steht mit dem direkten Objekt des Satzes in Kongruenz, wenn dieser ein Ergativsatz ist. Genauso wie im Deutschen werden auch in Kurmancî drei Personen (1., 2., 3.) und zwei Numeri (Singular, Plural) unterschieden. Während die Personen im Singular unterschiedliche Endungen für die Kodierung haben, sind die Endungen im Plural dieselben (vgl. Omarkhali 2011: 209).

      In Bezug auf das Tempus ist zunächst festzuhalten, dass die Verben in Kurmancî über zwei Stämme – Präsens- und Präteritalstamm – verfügen (vgl. Hajo 1982: 89). In der englischsprachigen Literatur haben sich diesbezüglich die Termini present and past stems etabliert (MacKenzie 1961: 177, Omarkhali 2011: 209). Die Bildung dieser Stämme weist im Vergleich miteinander einige Regularitäten auf, folgt jedoch keinem bestimmten Muster (vgl. Haig/Öpengin 2018: 182). Entlang dieser Stämme erfolgt die Bildung der Tempusformen des Kurmancî, die von Hajo mit folgenden Termini in Deutsch wiedergeben werden: Präsens, Futur I, Präteritum, Perfekt, Imperfekt, Plusquamperfekt, Futur II (vgl. Hajo 1982: 110f.). Während die ersten beiden Tempusformen mit dem Präsensstamm gebildet werden, nehmen die anderen den Präteritalstamm als Basis. Bei den Tempusformen Präsens, Futur I, Plusquamperfekt und Futur II kann angenommen werden, dass sie etwa den gleichnamigen Tempusformen in Deutsch entsprechen. Bei Präteritum, Imperfekt, Perfekt ist jedoch eine Differenzierung/Erörterung nötig.

      Das Präteritum des Kurmancî entspricht sowohl dem Präteritum als auch dem Perfekt des Deutschen (vgl. Wurzel 1997: 98). Bei der Wiedergabe der sprachlichen Daten der Studienkinder wird das Präteritum im Kurmancî mit Perfekt ins Deutsche übersetzt. Denn für die Erzählung in der Vergangenheit haben die Studienkinder in Deutsch auch eher das Perfekt genutzt.

      Beim Imperfekt handelt es sich nicht um eine Tempusform, sondern vielmehr um den progressiven Aspekt. Dieser Aspekt erscheint bei den Tempusformen der Vergangenheit und referiert auf Vorgänge und Handlungen, die im Verlauf/Progress sind. Er wird mit dem Präfix di- markiert und von Haig/Öpengin (2018) als progressiv/imperfekt und von Şimşek/Schroeder (2009) als durativ bezeichnet.

      Im Hinblick auf das Perfekt des Kurmancî besteht die Diskussion, ob es die Merkmale der Evidentialität (evidentiality) beinhalte, die auf den Sprachkontakt mit dem Türkischen hinweisen (vgl. Slobin 2016: 111). Bulut (2000) erwägt ebenfalls das Vorhandensein der Merkmale der Evidentialität in Kurmancî, nutzt aber stattdessen den Begriff intraterminal indirectives. Sie ist zudem der Meinung, dass dies mit dem Einfluss des Türkischen zu begründen sei: „As a result of the prevailing Turkic (Uzbek) influence, Northern Tajik has since developed an inferential use of the perfect. In a parallel situation, the strong influence Turkish exerts on Kurmanji may ultimately lead to similar developments in the area of perfect and intraterminal indirectives.“ (Bulut 2000: 165)

      Aydogan (2013) auf der anderen Seite ist der Überzeugung, dass die Merkmale der Evidentialität/Indirektivität in Kurmancî vorhanden sind, und erfasst diese unter dem im französischsprachigen Raum verbreiteten Begriff „Mediativität“. Anders als Slobin (2016) und Bulut (2000) führt Aydogan (2013) die Existenz dieser Kategorie jedoch nicht auf den Einfluss des Türkischen zurück. Er ist der Meinung, dass diese Kategorie unabhängig vom Türkischen eine Charakteristik einiger iranischer Sprachen wie des Kurmancî ist. Er untermauert diese These mit den Spuren dieser Kategorie in den historischen Quellen des Kurmancî wie in dem Werk „Mem û Zîn“ von Ehmedê Xanî aus dem Jahr 1695 (vgl. Aydogan 2013: 102). In den anderen Studien zu Kurmancî scheint Evidentialität/Indirektivität/Mediativität dagegen kaum bekannt zu sein (vgl. Bedir Khan/Lescot 1986, Hajo 1982).

      In den Daten der Studienkinder wird das Perfekt genutzt, wenn auch nicht häufig. Bei dem einen oder anderen Satz kann diskutiert werden, ob es die evidentale/indirektive/mediative Bedeutung hergibt. In dieser Hinsicht gibt es aber keine Klarheit. Insofern wird das Perfekt des Kurmancî in dieser Studie zunächst lediglich als Tempusform erfasst.

      Entlang der Tempusformen erfolgt auch die Unterscheidung zwischen Ergativ-Sätzen und nicht-Ergativ-Sätzen. Denn die Ergativstrukturen kommen nur bei jenen Tempusformen zustande, die auf der Grundlage des Präteritalstamms gebildet werden (vgl. Bedir Khan/Lescot 1986: 151), so dass sie als gespaltene Ergativität definiert werden können (vgl. Schroeder 2002: 192, für weitere Informationen hinsichtlich der Ergativität in Kurmancî siehe Tan 2005). Aber auch in den Zeitformen, in denen Ergativität vorkommt, gibt es Abweichungen, die in der Erörterung der Syntax thematisiert werden.

      4.1.4.3 Syntax

      In Kurmancî sind die morphologischen Kategorien für die Syntax von Bedeutung. Hier kann in erster Linie die Kongruenz erwähnt werden. Im Konkreten: Die Person und der Numerus stellen die Kongruenz zwischen dem Verb und dem Subjekt oder dem direkten Objekt her. Ebenso ist das Genus in Kurmancî für die pronominale Referenz von Relevanz, falls es markiert wird.

      In Bezug auf die Ergativität wurde bereits festgehalten, dass sie zum einen gespalten ist und dass es zum anderen auch in den Fällen, in denen eine Ergativstruktur vorhanden sein soll, Abweichungen geben kann. Diese können sowohl die Markierung des Subjekts und des Objekts1 als auch die Kongruenz mit dem Verb betreffen (vgl. Dorleijn 1996, Gündoğdu 2017, Haig/Öpengin 2018, Mahalingappa 2009, Turgut 2011).

      Anders als im Deutschen beansprucht das Verb in Kurmancî in der Regel die Endstelle. Falls der Satz über ein Modalverb wie xwestin „wollen, mögen“ verfügt, kommt dieses nach dem Subjekt und vor dem Objekt2. Das Hauptverb beansprucht wiederum die Endstelle. Lediglich Richtungsadverbiale sowie indirekte Objekte ohne Adpositionen werden postprädikativ gesetzt (vgl. Boeder/Schroeder 1998: 211, Haig 2002: 20). Hier kann also im Gegensatz zum Deutschen nicht entlang der Verbstellung ein Richtungsweg des Spracherwerbs gezeichnet werden. Dennoch müsste, da das Verb auch in Kurmancî das organisierende Zentrum des Satzes ist, sein Erwerb für die Sprachentwicklung des Kurmancî von Bedeutung sein (vgl. Reich/Roth 2004b: 6). Darüber hinaus verfügt das Verb in Kurmancî über zwei Stämme, was zum einen für die Bildung der Tempusformen, zum anderen aber auch für die Formung der Ergativ- versus nicht-Ergativstrukturen von Bedeutung ist. Somit könnte also die Nutzung des Verbs als organisierendes Zentrum des Satzes in Kurmancî mit seinen verschiedenen Formen und Funktionen einen Eindruck vermitteln, inwiefern die Sprachkompetenz eines Kindes in Kurmancî entwickelt ist.

      Zum Schluss ist zu unterstreichen, dass die grammatischen Kategorien der Nominalphrase in Kurmancî schwach oder in manchen Fällen gar nicht ausgedrückt werden, und wenn, dann nur anhand weniger sprachlicher Elemente. Dies führt auch dazu, dass die Nominalphrase in Kurmancî mit weniger Flexionen auskommt als in Sprachen wie dem Deutschen.

      4.2 Forschungsgegenstand Deutsch1

      4.2.1 Phonologie

      Hinsichtlich der Phonologie ist zunächst festzuhalten, dass das Deutsche sich im Gegensatz zu Kurmancî durch komplexe Silben auszeichnet. Dies bedeutet, dass die meisten Silben von dem Muster Konsonant-Vokal (KV) abweichen, das eine einfache Silbenstruktur ausmacht, so wie sie in Sprachen wie Japanisch vorzufinden ist (vgl. Eisenberg 2013a: 133). Wörter wie Strumpf [ʃtʀʊmpf] oder Sprache [ʃpraːxə] sind einige Beispiele für die Silbenkomplexität des Deutschen (vgl. Jeuk 2003: 16). Die ersten Wortproduktionen der Kinder in Deutsch wie Mama und Papa folgen der einfachen Silbenstruktur und weichen damit von der komplexen Silbenstruktur ab (vgl. Kauschke 2012: 33, für einen Überblick zur Silbenkomplexität des

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