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strukturelle Nomenklassen mit einem bestimmten Genus (vgl. Omarkhali 2011: 199). Beispielsweise wird je nach Geschlecht der Referenz einigen Nomen das feminine und einigen anderen dagegen das maskuline Genus zugewiesen. Zum größten Teil ist die Zuweisung aber arbiträr und folgt nicht einer bestimmten Systematik. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass einige Personenbezeichnungen wie heval „Freund“ in Kurmancî beiden Genera zugewiesen werden können, je nachdem welches Geschlecht im Kontext damit gemeint ist (vgl. Haig/Öpengin 2018: 172).

      Die Unterscheidung des Numerus – des Singulars und des Plurals – weist hinsichtlich seiner Markierung mit einer Ausnahme die gleiche Charakteristik auf wie die des Genus. Der Numerus wird nämlich wie das Genus in der Nominalphrase durch die Ezafe oder durch Obliquus zum Ausdruck gebracht. Im Umkehrschluss heißt das, dass eine Nominalphrase, die nicht in der Ezafekonstruktion oder im Obliquus ist, weder den Numerus noch das Genus markieren kann. Siehe dazu das folgende Beispiel:

5. Ev kum kevn e.
DP.RE Mütze alt KOP.3.PSg „Diese Mütze ist alt“ (Tan 2005: 156)

      Auf diese Besonderheit weist auch MacKenzie hin: „The simple noun, i.e. in its Direct case form, gives no indication of its grammatical gender or number […]. These are manifest only in the Oblique case forms […] and in the forms of the Izafe […].“ (MacKenzie 1961: 153) Die Ausnahme bzw. der Unterschied ist, dass der Numerus einer Nominalphrase im Prädikat ersichtlich werden kann, wenn sie mit diesem in Kongruenz steht. Die folgenden zwei Beispiele illustrieren dieses Phänomen des Kurmancî in der Gegenüberstellung:

6. Ev keçik diçe dibistanê.
DP.RE Mädchen.RE gehen.PRÄS.3.PSg. Schule.OB.F
„Dieses Mädchen geht in die Schule.“ (Tan 2005: 156)
7. Ev keçik diçin dibistanê.
DP.RE Mädchen.RE gehen.PRÄS.3.PPl. Schule.OB.F
„Diese Mädchen gehen in die Schule.“ (Tan 2005: 156)

      Das Kurmancî kennt drei Kasusformen – Rectus, Obliquus und Vokativ (siehe dazu Anm. 20). Die Unterscheidung zwischen Rectus und Obliquus kann auf drei Wegen erfolgen: durch Formänderung, Ablaut oder Suffixe. Die Formänderung/Suppletion zeigt sich lediglich bei den Pronomina wie z.B. ez „ich“ im Rectus, min „ich“ im Obliquus. Die Markierung durch den Ablaut kommt nur bei einigen maskulinen Singularnomen im Obliquus vor (vgl. Haig/Öpengin 2018: 174). Der Ablaut betrifft die Änderung vom kurzen a und e zum langen ê. Beispielsweise , „Mühle“, hesp „Pferd“ im Rectus, êş „Mühle“, hêsp „Pferd“ im Obliquus (vgl. Bedir Khan/Lescot 1986: 86). Wenn ein maskulines Nomen nicht über einen zu verändernden Vokal verfügt, bleibt es je nach morphosyntaktischen Gegebenheiten im Obliquus ohne Markierung (vgl. Matras 2017: 6).3

      Alle maskulinen Nomen, die über ein Indefinitsuffix -ek oder ein vorausgehendes Pronomen verfügen, werden im Obliquus durch ein Suffix markiert. Auch alle femininen Nomen sowie Pluralnomen im Obliquus erfahren eine Markierung durch Suffix. Welches Nomen in welcher grammatischen Konstellation welches Suffix im Obliquus annimmt, wird in der folgenden Tabelle4 illustriert.

Singular Plural
Maskulin Ablaut, Ø, -î -an, -a
Feminin

      Abbildung 5:

      Markierung des Obliquus in Kurmancî

      In Kurmancî steht das Subjekt im Rectus, falls der Satz keine Ergativstruktur aufweist. In Ergativsätzen steht dagegen das direkte Objekt im Rectus. Im Gegensatz zum Rectus gibt der Obliquus in Kurmancî in nicht-Ergativsätzen – in Sätzen mit sogenanntem Nominativ-Akkusativ-Alignment – das direkte Objekt und in Ergativsätzen das Subjekt wieder. Es wird noch zu thematisieren sein, aber hier kann schon vorweggenommen werden, dass die Ergativität in Kurmancî hauptsächlich bei den Tempusformen der Vergangenheit vorkommt. Siehe den Kontrast in den folgenden zwei Beispielen:

8. Ez te dibînim. (Nominativ-Akkusativ-Alignment)
1.Sg.RE 2.PSg.OB sehen.PRÄS.1.Sg
„Ich sehe dich.“ (Gündoğdu 2017: 50)
9. Min tu dîtî. (Ergativsatz)
1.PSg.OB 2.PSg.RE sehen.PAST.2.PSg
„Ich habe dich gesehen.“ (Gündoğdu 2017: 50)

      Die Aufteilung der Funktionen in den nicht-Ergativsätzen scheint stabil zu sein, jedoch nicht die in den Ergativsätzen. Auf dieses Merkmal wird noch bei der Bearbeitung der Syntax eingegangen.

      Es sind keine Arbeiten zum Kurmancî bekannt, die sich spezifisch mit der Definit- oder Indefinitheit in dieser Sprache befasst haben. Insofern ist es ungewiss, ob in Kurmancî ein solches System der Definitheit und der Indefinitheit etwa vergleichbar mit dem Deutschen existiert. Fakt ist, dass die indefiniten Nomen im Singular und im Plural mit einem Suffix als solche gekennzeichnet werden. Im Plural kann diese Kennzeichnung auch analytisch erfolgen. Die nicht-indefiniten Nomen werden dagegen nicht gesondert gekennzeichnet. Ob die Kennzeichnung der indefiniten Nomen und deren Ausbleiben bei den nicht-indefiniten Nomen genügt, um für das Kurmancî ein System der Definitheit und Indefinitheit anzunehmen, kann

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