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      Im Gegensatz dazu haben wir es vereinzelt mit Menschen zu tun, die betont positiv auf jeden hypnotherapeutischen Vorschlag reagieren. Sie leben sich in der Hypnose geradezu aus, haben sofort eine willkürlich anmutende Handlevitation, die heftigsten und widersprüchlichsten Fingerzeichen. Sie schnaufen und verrenken sich, daß einem ganz angst und bange wird. Das sind die Patienten mit dominanten hysterischen Persönlichkeitsanteilen, für die die Hypnose zum ‚Abenteuerspielplatz‘ wird. Der Therapeut verbleibt als staunender, vielleicht aber auch irritierter Zuschauer. Der Kontakt zwischen Therapeut und Patient ist abgerissen. Diese Patienten berichten die tollsten Erlebnisse, so daß man sich wundert, daß es ihnen nicht blümerant wird. Aber sie werden in der nächsten Stunde wieder nach Hypnose fragen. Sie lieben geradezu die Hypnose, und sobald nur das Wort ‚Hypnose‘ fällt, ‚geht die Post ab‘, und das ganze Spiel beginnt von vorne. Sie bringen den Therapeuten schweißtreibend an seine Grenzen. Für Charcots Paradepatienten, die Hysteriker(innen), ist unsere Therapieart nicht geeignet. Die gewaltigen Sensationen, die kathartischen Reaktionen, mit denen sie uns in Atem halten, fruchten nicht. Stunde für Stunde vergeht, und die Therapie – und das ist das Tragische – hat keinen Nutzen. Der Therapeut ist am Ende der Stunde erledigt, und der Patient trägt keinen Gewinn davon, sondern reproduziert wie ein Perpetuum mobile seine eingefahrenen Schlaufen, ohne Chance, sie zu lösen. Hier muß eine andere Therapiemethode gewählt werden.

      Kapitel 2

      ▶ Reflexionen

       2.1 Der Zauber der Stimme

      Obliegt es uns nun schon, den Patienten mit der Aufklärung, daß uns keine magischen Kräfte innewohnen, zu enttäuschen, sollten wir uns aber einer „Zauberkraft“ bewußt sein: der Tragkraft unserer Stimme. Mit ihrem Klang, der Melodie der Satzgebilde, der Betonung, dem Leisen, Lauten, dem Bestimmten, dem Herausfordernden und Fragenden, nicht zu vergessen dem Pausensetzen, verankern wir unseren Patienten. Diese Faszination, im wahrsten Sinne eine therapeutische „Fesselung“, ist zweifelsohne von wesentlicher Bedeutung für die Hypnose. Sei die Stimme beruhigend, sanft begleitend, bestätigend, zweifelnd oder wie mit sich selbst im Zwiegespräch, der Patient ist immer ‚ganz Ohr‘ für die Stimme des Therapeuten; vielleicht weniger bewußt, aber unbewußt uneingeschränkt. Tatsächlich belegen neurophysiologische Untersuchungen, daß die auditive auch die letzte zerebrale Funktion ist, die in der Allgemeinanästhesie erlischt. Die Struktur der Hörbahn (und da speziell die Colliculi inferiores) weist auch während Allgemeinanästhesie nahezu unveränderte Stoffwechselaktivität auf (Sokoloff 1981).

      (Zu diesem Thema seien die Studien von David Cheek (Cheek 1959, 1962, 1964, 1966, 1980, 1988) zur intraoperativen akustischen Wahrnehmung sowie eine der darauf basierenden Studien an der Universität München (A. Kaiser Rekkas 1992) erwähnt; siehe auch den während des kardiochirurgischen Eingriffes präsentierten hypnotherapeutischen Tonbandtext mit der postoperativen Erinnerung von 23 % der Patienten im Kapitel ‚Hypnose in der Schmerztherapie‘.)

      Sei er in tiefster Hypnose, der Patient lauscht uns. Er vernimmt die Melodie, die ihn begleitet, ihn geleitet und sichert, wie das Rauschen eines Baches, der an seiner Seite fließt. Es bewährt sich fast immer, während der Sitzung eine Tonbandaufnahme für das Üben zu Hause zu machen. Die meisten Patienten profitieren davon für die Selbsthypnose und verbinden automatisch das Hören der Stimme mit der therapeutischen Situation. „Ich brauche nur Ihre Stimme zu hören, da beginne ich mich schon zu entspannen und wohl zu fühlen …“ Oder die Aussage einer Patientin, die ab und an Hypnose mittels unserer Tonbandaufnahme in ihr turbulentes Leben einbaut: „Da nehme ich ein wenig ‚Instant-Agnes‘ zu mir.“ Naja, immerhin.

      Wird die Stimme moduliert und differenziert eingesetzt, hat die Hypnotherapie ein wesentliches Agens dazugewonnen.

      „Das ist gut so.“

      Ein kleiner, unscheinbarer Satz. In wie vielen Variationen kann er ausgesprochen werden!

      Hypnose darf nicht ‚triefelig‘ angeleitet werden: mit leiser, sedierender Stimmlage, besorgter Miene und der Angst im Nacken, die falsche Formulierung zu treffen. Das Repertoire sollte von heiter und beschwingt, über anspornend bis ernst, laut bis leise, und möglichst natürlich reichen. Die Worte auf der Zunge zergehen lassen, den Klang selber nachvollziehend, ganz in Konzentration, genügend geruhsame Pausen setzend, die sich stimmig anfühlen. Erlauben wir Zeiträume, in denen unsere Worte im Patienten zum Schwingen kommen und Bilder sich entfalten! Mit Hypnose arbeitend, empfiehlt es sich, die Augen selber öfters zu schließen, um ganz bei sich zu sein. Dann bekommt die Stimme einen schönen Klang und wirkt getragen. Als hypnotisches Fluidum verleiht sie dem Patienten Halt und Kraft und läßt ihn damit leichter therapeutische Schritte vollziehen.

      Befaßt man sich mit der Geschichte der Hypnose, wird deutlich, daß die veränderten Bewußtseinszustände, die wir heute mit „Hypnose“ bezeichnen, schon seit ihren frühen Anfängen über Mesmer bis in dieses Jahrhundert auch mit körperlicher Berührung zu tun hatten. In der klassischen Hypnose wird weiterhin Berührung zur Vertiefung der Trance eingesetzt. Erst in neuerer Zeit scheint das Anfassen des Patienten durch den Therapeuten einem nicht offen ausgedrückten Tabu zu unterliegen. Das wird verständlich, wenn wir die vielen Pseudotherapeuten auf dem Heiler- und Seelenmarkt, die das, was sie Hypnose nennen, zu egoistischen und kommerziellen Zwecken mißbrauchen, in Betracht ziehen. Vor allem in den USA erfolgten entsprechende Gerichtsprozesse, und so führt diese so effektive Art der therapeutischen Intervention ein Schattendasein. Aber was für eine verpaßte Chance! Dem Eid des Hippokrates verpflichtet, üben wir die Kunst des Heilens aus, und wir sollten nicht von einer Methode Abstand nehmen, nur weil sie andernorts mißbraucht oder verunglimpft wurde.

      Ich plädiere für die körperliche Berührung in der psychotherapeutischen Arbeit mit Hypnose.

      Wer kennt nicht das Wohlgefühl, auf angenehme Art berührt zu werden! Wird der Kopf sanft gehalten oder sachte und leicht bewegt, die Arme von den Schultern an abwärts zu den Händen hin ausgestrichen, ebenso die Beine, die Füße gehalten oder leicht gedrückt, erfahren wir Genuß und Entspannung. Die Wärme einer Hand zwischen den Schulterblättern läßt uns unseren „Rückhalt“ deutlicher spüren, die Hand auf dem Oberbauch die Atmung, in der Lumbalgegend die „Basis“. Genauso empfindet es unser Patient, wenn wir in Einklang mit uns selbst sind und der therapeutische Prozeß Berührung erlaubt.

      Wann ist nun welche Berührung therapeutisch sinnvoll?

       Es gibt drei Indikationen:

      1 zur Förderung der Hypnosetiefe bei schweren Erkrankungen oder Erschöpfungszuständen

      2 zur sichernden Begleitung in der Konflikt- und Traumabearbeitung

      3 zur psychoneuralen Harmonisierung bei Spannungszuständen, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Tics, Nervosität.

       Zu 1) Fünf empfehlenswerte Varianten:

       – Der Therapeut hält mit leichtem Druck, den er langsam nachläßt, mit der einen Hand den Kopf des Patienten an der Stirne und mit der anderen am Hinterkopf.

       – Der Therapeut befindet sich hinter dem sitzenden oder liegenden Patienten und berührt mit warmen Händen Schläfen, Wangen und Kinn des Patienten.

       – Der Therapeut befindet sich ebenfalls hinter dem Patienten und legt seine Hände vorsichtig von oben auf dessen Schultern. Dann übt er über kurze Zeit leichten Druck nach unten und gleichzeitig etwas nach außen und hinten ziehend aus. Der Patient verspürt dabei im besten Falle ein Absinken der Schultern und ein Öffnen des Brustkorbes mit erleichterter Atmung.

       – Wird das als angenehm empfunden, kann der Therapeut den Kopf halten (wozu man sich der Schwere eines menschlichen Kopfes vorher bewußt sein sollte) und ganz langsam und überaus sachte leicht schaukelnd bewegen. Die daraus resultierenden vestibulären

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