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machen, in der Therapie eher auf die Bremse als aufs Gaspedal zu treten.

      Ein Hinweis sei hier noch angefügt: Ein erstaunlich schnelles und tiefes Abgleiten in Hypnose kann ein Indiz für Gewalt und auch sexuelle Grenzüberschreitung in der Kindheit sowie für ‚Verrücktheit‘ im System der Ursprungsfamilie sein. Beobachtungen in dieser Richtung sollten auf jeden Fall notiert und während der Therapie im Auge behalten werden.

       Nun, wie tief soll sie also sein, die Hypnose?

      1. Generell braucht man für psychotherapeutische Prozesse keine tiefe Hypnose. Wenn auch praktiziert und in der Bevölkerung als Vorstellung verbreitet, geht es ja nicht darum, dem Patienten in einer Art „Tiefenhypnose“ Suggestionen zur Provokation neuer Verhaltensweisen „einzutrichtern“. Ziel ist vielmehr, ihm zur Erweiterung seiner Spielbreite maßgeschneiderte Ermutigungen zu geben. In sehr tiefen hypnotischen Zuständen könnte sogar die Gefahr liegen, daß uns der Patient entgleitet und sich der therapeutischen Arbeit entwindet.

      2. Für die Arbeit mit ideomotorischem Signalisieren brauchen wir sogar nur eine oberflächliche Hypnose. Allein die Aufforderung: „Schließen Sie nun einfach mal die Augen – das tut gut –, und lassen Sie uns wissen, welches Ihr Finger für die Antwort ‚ja‘ etc. ist“, reicht schon als Induktion. Der Patient wird absorbiert, und die Hypnose vertieft sich automatisch und dem therapeutischen Prozeß angemessen.

      3. Indikationen für tiefe Hypnose sind seelische und physische Erschöpfungszustände sowie die Therapie des somatischen Anteiles psychosomatischer Erkrankungen. Diese Hypnosen sollten, wenn möglich, im Liegen durchgeführt werden. Die ausgiebige Erholung „in der kristallklaren Stille“ (Meares 1983, ein australischer Arzt und Hypnotherapeut, der viel mit Krebspatienten arbeitete) trägt wesentlich zur Immunsteigerung (Untersuchung der Universität Konstanz unter Walter Bongartz 1990) und physischen Stärkung bei. Aus diesem Grunde sollten psychosomatisch Erkrankte sowie Schmerzpatienten regelmäßig zirka dreimal täglich Selbsthypnose zur Tiefenentspannung ausüben.

      Gute Resultate habe ich mit tiefer Hypnose auch bei Kindern und Jugendlichen mit Tic-Erkrankungen (auch bei Tourette-Syndrom) erreichen können.

      Merke: Wir Therapeuten sollten uns auf keinen Fall irgendeinem Druck von seiten des Patienten, ihn in tiefe Hypnose zu „zaubern“, beugen. Menschen reagieren unterschiedlich, und manchmal braucht es einige Übung zum Erreichen des Zieles. Auch ist der Patient darüber zu informieren, daß Hypnose kein ‚Alles-oder-nichts-Zustand‘ ist, sondern fließende Übergänge hat und sich in einer Art schwingender Wellenbewegung vertiefen und auch wieder abflachen kann.

       Oder: Wie erklären sich psychische Entwicklung und somatische Heilung durch Hypnose?

      Das Prinzip ist einfach und schlüssig, die Erklärung geradezu simpel, der Vorgang nur allzu logisch.

      Zum besseren Verständnis dieser gewagt klingenden These halten Sie jetzt bitte im Lesen kurz inne und machen ein kleines Experiment:

      Strecken Sie die Arme waagerecht nach vorne, die Handflächen zueinander gedreht. Schließen Sie nun die Augen und stellen sich vor, an jeder Ihrer Handflächen sei ein starker Magnet unterschiedlicher Polung, also anziehender Kraft, befestigt. Obwohl Sie versuchen, die Arme in der gleichen Stellung zu halten, sind die imaginierten Magnete stärker, die Anziehungskraft zwischen den Händen enorm – ein starkes magnetisches Kraftfeld, das die Handflächen unwiderstehlich näher und näher bringt. Sie atmen ruhig und gleichmäßig, was die magnetische Kraft noch erhöht. Dann verharren Sie einen Moment, öffnen die Augen und betrachten die Stellung Ihrer Arme und Hände. Was ist passiert? Vielleicht sind Sie überrascht, vielleicht ist es Ihnen schon von vornherein klar gewesen: Die Hände sind sich nahe gekommen. Wodurch? Durch Ihre reine Vorstellungskraft.

      Wenn wir diese Erfahrung noch mit der Übung „Obstschale, Halluzination auf allen (Sinnes-)Kanälen“ erweitern, erhalten wir alle Ingredienzen für das hypnotherapeutische Menü. Allein durch die phantasievolle Vision einer leckeren, reifen Frucht, die wir in der Hand wiegen und deren Duft uns in die Nase steigt, läuft uns das Wasser im Munde zusammen, und wir müssen sogar reflektorisch schlucken. Und während ihr Aroma noch die Zunge bezaubert, versinken wir in einen Traum voller Farbigkeit und heiterem Lachen …

      In feiner Abstufung, richtig dosiert, auf den Geschmack des Patienten abgestimmt, mehr geschärft zur Anfeuerung oder einfach begleitend bei seiner selbstinszenierten Hypnosereise, tun wir nichts anderes, als eben diese Vorstellungskraft für jedwedes therapeutische Ziel, ob auf physiologischer oder psychischer Ebene, zu nutzen.

       Kann im Zeitraum des hypnotischen Zustandes

       – der Angstpatient Sicherheit und Ruhe erfahren,

       – der an Depressionen leidende Patient sich schwungvoll und mit neuen Ideen erfüllt fühlen,

       – der Schmerzpatient beschwerdefrei in Phantasie z. B. an einem Bergsee weilen (siehe die Übung „Badesee“),

       – der Patient, der Verbrennungen erlitt, sich intensiv Kühle und Taubheit „einbilden“,

       – der sich in der Krise befindende Patient einen Tag in der Zukunft halluzinieren, an dem das Problem gelöst sein wird, und er ganz deutlich erfährt, wie sich dies als Erleichterung und Befreiung in ihm breitmacht (siehe die Übung „Wunder“),

      so ist er schon längst auf dem Weg der Besserung, Heilung, Konfliktlösung und im Begriff, seine „Bezugsrahmen“ zu erweitern und sein Lebenskonzept zu bereichern.

      Mit der erlebten Sensation von Wohlbefinden, innerer Geborgenheit, Ruhe und Stärke während der Hypnose wird der Same der Veränderung schon gesät. Die Vorstellungskraft während der Hypnose setzt die Veränderung in Gang. Der Patient erinnert sich wieder, wie gut es sich anfühlt, symptomfrei zu sein, oder er lernt neu dazu. Stundenlange therapeutische Gespräche können niemals die Wirkung von fünf Minuten körperlich und seelisch durchlebter Erfahrung aufwiegen. Deshalb ist Hypnose eine Erlebnistherapie.

      Fördern wir Hypnoseerfahrungen mit der zu Hause ausgeübten Selbsthypnose, mit therapeutischen Träumen, mit der Klärung von Hintergrundthemen (Traumata) und mit dem Ankoppeln der Fortschritte an das Lebenssystem (Partnerschaft/Familie) durch Partneroder Familiensitzungen, beschreiten wir eine erfolgreiche Bahn.

      Ist der Patient engagiert, geistig rege, phantasievoll, wird der Fortschritt sich entsprechend dynamisch entwickeln. Er bietet in der Hypnose die Voraussetzung,

       – sich in die therapeutische Arbeit zu absorbieren,

       – sich für unbewußte Prozesse anregen zu lassen,

       – sich spielerisch neue Gefühls- und Handlungsweisen zu eröffnen,

       – Gefühle, wie zum Beispiel Zuversichtlichkeit, Gelassenheit, Ruhe, Schmerzfreiheit, Wohlbefinden, Leichtigkeit, Freude und Heiterkeit zu erleben und neu zu etablieren,

       – neue Handlungs- und Gefühlsweisen auf der inneren Bühne für (zum Beispiel) das Bestehen einer Prüfung, das positive Austragen eines Konfliktes, auszuprobieren,

       – neues Erleben durch ideomotorische Arbeit der Fingerzeichen, vor allem der Betätigung des „neuen Fingers“ zu bestätigen und zu verankern,

       – eine gute Resonanz auf gezielte posthypnotische Suggestionen zur Vertiefung des Effektes der Therapie nach der Stunde (Depoteffekt) zu erhalten,

       – letztendlich die intensive und konkrete Imagination des Therapieziels zu erreichen, was eine Menge unbewußter Arbeit in Gang setzt, um den Weg dorthin zu finden.

      Kann sich ein Patient dagegen eher mühsam und stockend auf innere Bilder konzentrieren, zeigen diese kaum Plastizität, werden seine hypnotischen Erfahrungen

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