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Kartell Compliance. Max Schwerdtfeger
Читать онлайн.Название Kartell Compliance
Год выпуска 0
isbn 9783811453098
Автор произведения Max Schwerdtfeger
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Der wichtigste Fall des Kontrollerwerbs ist der Erwerb von mehr als 50 % des stimmberechtigten Kapitals, der i.d.R. die Alleinkontrolle über das Unternehmen vermittelt, da der Erwerber die Möglichkeit erlangt die Zusammensetzung der Organe zu beeinflussen. Alleinige Kontrolle kann aber auch bei einer Beteiligung von deutlich unter 50 % gegeben sein, z.B. wenn der Erwerber dauerhaft die faktische Mehrheit Hauptversammlung hat, weil sich die übrigen Gesellschaftsanteile in Streubesitz befinden oder aufgrund vertraglich eingeräumter Vetorechte.
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Eine gemeinsame Kontrolle des Zielunternehmens besteht zum einen dann, wenn die Gesellschafter, die gemeinsam die Mehrheit der Stimmrechte des Zielunternehmens halten, die gemeinsame Leitung des Unternehmens vereinbaren (z.B. in einem Stimmbindungs- oder Poolvertrag). Sie ist auch im Falle einer 50:50-Beteiligung gegeben, wenn aufgrund gegenseitiger Blockademöglichkeiten ein faktischer Einigungszwang zwischen den Gesellschaftern besteht. Gemeinsame Kontrolle liegt schließlich aber auch dann vor, wenn der Erwerber nur eine Minderheitsbeteiligung erwirbt, jedoch in wesentlichen Angelegenheiten des Zielunternehmens (z.B. Verabschiedung des jährlichen Geschäftsplans, Bestellung der Geschäftsführung) Vetorechte erhält. Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall (der Erwerber erwirbt die Mehrheit, räumte aber dem Minderheitsgesellschafter solche Vetorechte ein). Keine Kontrolle liegt im Regelfall vor, wenn der Erwerber lediglich eine Minderheitsbeteiligung erwirbt und keine über den gesetzlichen Minderheitenschutz bei sog. Grundlagenentscheidungen (z.B. Satzungsänderungen) hinausgehenden Rechte bzw. Einflussmöglichkeiten erhält.
Ein Kontrollerwerb liegt dann nicht vor, wenn eine bereits bestehende Kontrolle lediglich verstärkt oder inhaltlich modifiziert wird, z.B. wenn eine einfache Mehrheit von über 50 % auf eine qualifizierte Mehrheit von 75 % oder auf 100 % des stimmberechtigten Kapitals aufgestockt wird.[88] Ändert sich jedoch die Qualität der Kontrolle, d.h. kommt es zu einer Umwandlung von alleiniger zu gemeinsamer oder umgekehrt von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle, so wird hierdurch ein neuer Zusammenschluss bewirkt.
3. Anteilserwerb
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Gem. § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB stellt auch der Erwerb von Anteilen an einem anderen Unternehmen einen Zusammenschluss dar, wenn die Anteile allein oder zusammen mit sonstigen dem Unternehmen bereits gehörenden Anteilen 25 % oder 50 % des Kapitals oder der Stimmrechte des anderen Unternehmens erreichen. Das Erreichen jeder Anteilsschwelle verwirklicht einen eigenen Zusammenschluss, so dass durch eine Kapitalaufstockung an ein und demselben Unternehmen der Zusammenschlusstatbestand mehrfacht erfüllt werden kann.[89] Nach Erreichen einer Schwelle fällt die weitere (sukzessive) Aufstockung bis zur nächsten Schwelle dagegen nicht unter § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB, z.B. von 25 % oder mehr auf 49 % oder von 50 % oder mehr auf 100 %.
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Ist das erwerbende Unternehmen ein verbundenes Unternehmen i.S.d. § 36 Abs. 2 GWB, so sind alle Konzernunternehmen bei der Berechnung der Beteiligungsquoten als einheitliches Unternehmen anzusehen.[90] Anteile, die Dritten für Rechnung des erwerbenden Unternehmens gehören, sind den Anteilen dieses Unternehmens zuzurechnen (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 GWB). Auch der Erwerb von Anteilen im Rahmen der Gründung einer neuen Gesellschaft durch mehrere Gesellschafter stellt grundsätzlich einen Zusammenschluss im o.g. Sinne dar, soweit die jeweiligen Beteiligungsschwellen erreicht werden.[91] Dagegen reicht es nicht aus, wenn nur eine Option auf einen (späteren) Anteilserwerb erworben wird.[92] Darüber hinaus richtet sich die Frage nach dem Vorliegen eines Zusammenschlusstatbestandes nicht nach der Rechtsform des Zielunternehmens. Selbst wenn Anteile an einem Unternehmen erworben werden, das kein Gesellschaftskapital hat, kann die Aufnahme in die Gesellschaft einen Zusammenschlusstatbestand darstellen. Kapital- und Stimmrechtsbeteiligungen stehen gleichberechtigt nebeneinander, so dass auch der Erwerb einer Kapitalbeteiligung ohne jegliche Stimmrechte oder der Erwerb von Stimmrechten ohne die entsprechende Beteiligungsquote anmeldepflichtig sein kann.
Erwerben der Käufer und ein anderes Unternehmen gleichzeitig oder nacheinander Anteile in dem vorbezeichneten Umfang an einem anderen Unternehmen, gilt dies auch als Zusammenschluss der sich beteiligenden Unternehmen untereinander im Hinblick auf die Märkte, auf denen das Zielunternehmen tätig ist (Gemeinschaftsunternehmen, § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB). Diese Fiktion eines Teilzusammenschlusses zwischen den Muttergesellschaftern kann insbesondere die Einbeziehung eines „Altgesellschafters“ in den Kreis der an der Transaktion „beteiligten Unternehmen“ (und die Berücksichtigung dessen Umsatzerlöse bei der Ermittlung der Umsatzschwellen) erforderlich machen.
4. Wettbewerblich erheblicher Einfluss
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Nach § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB liegt ein Zusammenschluss auch bei jeder sonstigen Verbindung von Unternehmen vor, aufgrund deren ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können. Die Regelung hat die Funktion eines Auffangtatbestandes, mit dem wettbewerblich problematische Unternehmensverbindungen erfasst werden sollen, bei denen die Beteiligungsschwellen von 25 bzw. 50 % nicht erreicht werden und auch keine alleinige oder gemeinsame Kontrolle begründet wird. Der Gesetzgeber wollte damit insbesondere Minderheitsbeteiligungen zwischen Wettbewerbern (sog. „24,99 %-Fälle“) der Fusionskontrolle unterwerfen.
Der wettbewerblich erhebliche Einfluss muss in jedem Fall gesellschaftsrechtlich vermittelt sein, d.h. auf einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung beruhen,[93] so dass rein faktische Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftstätigkeit eines anderen Unternehmens, z.B. aufgrund externer Austauschbeziehungen wie etwa durch Liefer-, Lizenz- oder Darlehensverträgen, für sich nicht ausreichend sind. Erforderlich ist, dass aufgrund des zwischen den Unternehmen bestehenden Beziehungsgeflechts zu erwarten ist, dass der Wettbewerb zwischen ihnen so wesentlich beschränkt wird, dass sie nicht mehr unabhängig am Markt auftreten können. Die Einflussmöglichkeiten können sich dabei insbesondere aus Informations-, Mitsprache- und Kontrollmöglichkeiten sowie aus Vorkaufsrechten ergeben (sog. „Plusfaktoren“), wenn diese die Unternehmensverbindung trotz der geringen Anteilshöhe als eine Beteiligung erscheinen lassen, die mit einem Anteilserwerb von 25 % und mehr als gleichwertig anzusehen ist.[94] Im Einzelfall können daher auch Beteiligungen von unter 10 % einen „wettbewerblich erheblichen Einfluss“ vermitteln.[95] Auch das Vorhandensein eines Mehrheitsgesellschafters schließt einen solchen Einfluss nicht aus, wenn aufgrund der Art der Vertragsgestaltung und der wirtschaftlichen Verhältnisse davon auszugehen, dass dieser auf die Vorstellungen des Minderheitsgesellschafters Rücksicht nimmt oder diesem freien Raum lässt.[96]
5. Einschränkungen des Zusammenschlussbegriffs
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In § 37 Abs. 2 GWB wird klargestellt, dass auch bereits zusammengeschlossene Unternehmen erneut einen anmeldepflichtigen Zusammenschlusstatbestand verwirklichen können, es sei denn, der Zusammenschluss führt nicht zu einer wesentlichen Verstärkung der bestehenden Unternehmensverbindung. Ein praktisch bedeutsamer Anwendungsfall hierfür sind konzerninterne Umstrukturierungen. So erfüllen konzerninterne Neugründungen (z.B. einer 100 %igen Vertriebstochter) oder konzerninterne Restrukturierungen (z.B. Fusion zweier 100 %iger Tochtergesellschaften) grundsätzlich keinen Zusammenschlusstatbestand, da es hierbei i.d.R. nicht zu einer wesentlichen