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365 Tage Fitness. Markus Ertelt
Читать онлайн.Название 365 Tage Fitness
Год выпуска 0
isbn 9783966644952
Автор произведения Markus Ertelt
Жанр Сделай Сам
Издательство Bookwire
Irgendwann wurde es aber ein bisschen zu viel und ich kam selbst nicht mehr richtig zum Trainieren. Deshalb habe ich das gemacht, was ich auch heute noch gerne mache, wenn ich ins Gym gehe: Dicke Kopfhörer aufsetzen, alles ausblenden und mein Ding durchziehen. Das wirkt auf einige sicher arrogant, aber ehrlicherweise gehe ich nicht ins Fitnessstudio, um neue Freunde zu finden. Wobei das von ganz alleine passiert, sogar mit Kopfhörern. Meine Zeit war und ist begrenzt, das habe ich irgendwann verstanden. Auf dieses Thema werde ich später noch genauer eingehen, nur so viel vorweg: Zeitmanagement ist das A und O – auch beim Sport. Wer hier nicht nach Plan vorgeht und nicht seine freigeschaufelte Zeit genau dafür nutzt, wird nicht weit kommen oder sich ewig auf der gleichen Stelle bewegen.
Mein Trainingsalltag hat sich allerdings verändert, nachdem mich der Fitnessstudio-Betreiber fragte, ob ich nicht als Trainer bei ihm arbeiten wolle. Das habe ich getan und mich prompt neu verliebt. Und das nicht nur in diesen Sport. Denn die Frau meines Lebens war gleichzeitig auch die Dame, die von 2004 bis 2005 in jeder meiner Tae-Bo-Stunden in der ersten Reihe stand und ordentlich Gas gegeben hat. Generell hat mich das Training mit den unglaublichsten und großartigsten Menschen zusammengebracht.
Eine meiner größten Leidenschaften entdeckte ich aber erst im Alter von 25 Jahren. Der Zufall brachte mich 2003 in die Rhön zum wohl ersten Hindernislauf Deutschlands. Der „XtremeMan“ – ein Hindernislauf, der seiner Zeit weit voraus war und auch leider nur zwei Jahre ausgetragen wurde. In Deutschland gab es viele Jahre nichts Vergleichbares, weshalb ich das Kapitel OCR (Obstacle Course Racing – Hindernislauf) auch erstmal aus den Augen verlor und mich stattdessen einige Jahre mit Kickboxen beschäftigte.
Richtig mit Kickboxen durchstarten konnte ich allerdings nicht, denn ab 2005 arbeitete ich im Münchner Nachtleben. Auf mich wartete eine tolle Zeit – ohne Frage, aber intensives Nachtleben und Sport lassen sich auf einem hohen Leistungsniveau so gut wie nicht vereinbaren. 2008 hatte ich dann einfach genug von durchzechten Partynächten, habe meine Sachen gepackt und bin ziemlich ad hoc wieder Richtung Stuttgart. Nach ein paar Wochen ohne Nachttrubel ging es mir gefühlt tausend Prozent besser. Endlich hatte ich auch wieder das Verlangen nach Sport. Eine weitere glückliche Fügung hat mich zur Kampfsportakademie Nürtingen geführt. Mit Ertekin Arslan hatte ich nicht nur einen kompetenten Kampfsporttrainer an meiner Seite, sondern nach kurzer Zeit auch einen meiner besten Freunde. Wir haben täglich zwei bis drei Stunden trainiert. So konnte ich schnell zu den Besten in der Akademie aufschließen und sehr viel Neues im Bereich Trainingslehre aufnehmen.
Xtreme Man 2004
Tough Guy 2010
Im Jahr 2009 war es ein Schauspielkollege, Sebastian Gerold, der meine Aufmerksamkeit erneut auf das Thema OCR und den Touch Guy (zu dieser Zeit der härteste Hindernislauf der Welt) lenkte. Es war die Geburtsstunde meiner Trainingsgruppe GETTING TOUGH.
Der Wettkampf in England war ohne Wenn und Aber genau das, was ich mir insgeheim gewünscht hatte. Er vereinte alles, was Hindernislaufen/OCR so attraktiv macht. Wir mussten alle an unsere körperlichen und mentalen Grenzen gehen. Es folgten acht weitere sehr erfolgreiche Starts in England, ich konnte mit meinem Team über Jahre die gesamte Hindernislaufszene in Deutschland und Europa dominieren. Man kann fast sagen: Wir waren in ganz Europa unterwegs und sammelten Erfolge wie am Fließband.
Mein Training änderte sich komplett. Trotz der Hindernisse war es vor allem wichtig, lang und schnell laufen zu können. Daher stellte ich auch meine komplette Routine um: wenig Krafttraining, dafür aber immer intensivere Laufeinheiten. Eine sehr spannende Zeit, denn im Gegensatz zu vielen anderen Sportlern dieser Sportart war ich alles andere als der geborene Langstreckenläufer. Dennoch gelang es mir, sehr starke Ergebnisse zu erzielen. Sport bestimmte schleichend immer mehr mein Leben! Wenn ich ins Bett ging, dachte ich an meinen Trainingsplan oder den nächsten Wettkampf, und wenn ich aufwachte kreisten meine Gedanken primär darum, wie ich meinen Plan in die Woche integrieren konnte. Meine Übungen wurden konsequenter und immer durchdachter. Ich hielt mich an Trainingspläne und begann ganz genau zu beobachten, was bei mir funktionierte und was nicht. Immer wieder änderte ich die Herangehensweise. Ende 2014 stieß ich per Zufall auf den „World‘s Toughest Mudder“ in den USA, das mit Abstand wohl härteste und spektakulärste Hindernisrennen dieser Welt: 24 Stunden im November in der Wüste. Es hat mich umgehauen. Bis zu diesem Zeitpunkt betrug die längste Strecke, die ich im Training zurückgelegt hatte, vielleicht dreißig Kilometer, darüber war ich mir bewusst – aber es war mir egal. Dieses Rennen hatte mich voll und ganz in seinen Bann gezogen und ich wollte vor allem mir selbst beweisen, dass ich in der Lage bin, den Lauf nicht nur zu finishen, sondern auch abzuliefern.
Beastgames 2019 Atlas Walk mit 100 kg
Beastgames 2019 – 4. Runde und 4. Workout
GETTINGTOUGH – The Race Premiere 2012
Ich musste es schaffen, irgendwie alles unter einen Hut zu bekommen: in erster Linie meine Familie (meine Frau war mit Zwillingen schwanger), meinen Beruf und das wirklich sehr zeitintensive Training. Glücklicherweise bin ich ein Morgenmensch, das hat mir sehr geholfen. Mein Wecker klingelte in der Regel gegen 5 Uhr, am Wochenende auch gerne mal um 4.30 Uhr. Nach einer Tasse Kaffee ging es direkt raus zum Laufen. Mir wurde immer bewusster, wie wichtig es gerade in diesen Einheiten ist, ein Ziel vor Augen zu haben. Nur so konnte ich am Ball bleiben. Immer und immer wieder malte ich in meiner Fantasie aus, wie es sich anfühlen würde, in der Wüste zu laufen, welch ein Gänsehautmoment es sein müsste, dort mit meinen Freunden im Startblock zu stehen, wie es sich wohl anfühlen würde, dieses Rennen zu meistern. Ich entwickelte meinen eigenen Film, den ich ständig wieder abspielte und nach meinen Wünschen aufbesserte. Dieses Ausmalen, dieses Vorstellen von etwas kann enorme Energien freisetzen. Es kann uns helfen, über uns selbst hinauszuwachsen und vor allem durchzuhalten und nicht aufzugeben, wenn es mal nicht so läuft, wie wir uns das vielleicht wünschen würden. In dieser Lebensphase habe ich zum ersten Mal ganz bewusst verstanden, was es bedeutet, an etwas zu glauben und an etwas festzuhalten. Im November 2015 ging es dann endlich los, tausende gelaufene Kilometer hatten mein Team und ich im Training absolviert – und nun standen wir auf einmal in der Wüste von Nevada. Ich hatte schon eine Gänsehaut, als wir in Las Vegas gelandet waren, aber dann vor Ort zu sein, auf all die anderen Sportler zu stoßen und diese positive Atmosphäre wahrzunehmen … Es war genau so, wie ich es mir hundertfach in meinem Kopf ausgemalt hatte, vielleicht sogar noch ein Stückchen besser. Der Wettkampf selbst war ein echtes Brett. Diese 24 Stunden werde ich mein Leben nicht vergessen. Egal was man sich vorher so vorgestellt hat, der Leidensweg beginnt spätestens nach zehn Stunden. Eingezwängt in einem Vollneopren, denn anders kann man die Kälte nicht ertragen, beginnt der Kampf nicht mit der Konkurrenz, sondern der Kampf mit sich selbst. Das Hungerfühl ist fast vollkommen weg, aber man weiß, dass man kontinuierlich seinem Körper Energie zuführen muss. Auch Durst ist fast nicht vorhanden, allerdings einfacher zu händeln, denn Wasser kann man immer runterspülen. Doch bei fester Nahrung ist es etwas problematischer. Es ist ein ständiger Wechsel, mal hat man das Gefühl keinen Meter mehr laufen zu können, dann kommt aber auf einmal wieder die Kraft zurück. Gerade in den schwächeren Phasen ist es wichtig, den Kopf freizubekommen. Dem Gedanken der Schwäche kein Futter zu geben. Vor allem in diesen Phasen muss man seinen Geist