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und zwei Sekretärinnen da», erinnert sich Richards. «Und dann war es vorbei.»

      Heute staunt Roland Griffiths, der wieder an die Forschung von Spring Grove angeknüpft hat, dass die vielversprechende erste Welle der Psychedelik-Forschung aus Gründen endete, die nichts mit Wissenschaft zu tun hatten. «Am Ende dämonisierten wir diese Substanzen. Fällt Ihnen noch ein anderes Wissenschaftsgebiet ein, das für so gefährlich und verpönt gehalten wurde, dass man für Jahrzehnte jegliche Forschung einstellte? Das ist in der modernen Wissenschaft beispiellos.» Was vielleicht auch für die schiere Summe wissenschaftlicher Erkenntnisse gilt, die einfach ausgelöscht wurden.

      1998 entwarfen Griffiths, Jesse und Richards eine Pilotstudie, die lose auf dem Karfreitagsexperiment beruhte. «Es war keine psychotherapeutische Studie», erklärt Richards. «Die Studie sollte ermitteln, ob Psilocybin eine transzendentale Erfahrung auslösen kann. Dass wir die Genehmigung erhielten, es gesunden Normalen zu verabreichen, haben wir dem großen Respekt vor Roland an der Hopkins University und in Washington zu verdanken.» 1999 wurde der Plan genehmigt, aber erst nachdem er fünf verschiedene Ausschüsse an der Hopkins University, bei der Arzneimittelzulassungsbehörde und bei der Drogenbehörde durchlaufen hatte. (Viele von Griffiths‘ Kollegen sahen den Antrag skeptisch, weil sie befürchteten, die Psychedelik-Forschung könnte die Bundesmittel gefährden; einer sagte mir, «im Fachbereich Psychiatrie und der größeren Einrichtung gibt es Leute, die die Arbeit infrage stellen, weil diese Wirkstoffgruppe seit den 1960er Jahren viel Ballast mit sich herumschleppt».)

      «Wir vertrauten darauf, dass die Leute in all diesen Ausschüssen gute Wissenschaftler waren», erzählte mir Richards. «Und mit etwas Glück hatten vielleicht ein paar von ihnen am College Pilze ausprobiert!» Roland Griffiths wurde Projektleiter, Bill Richards klinischer Leiter, und Bob Jesse agierte weiter hinter den Kulissen.

      «Ich kann mich noch lebhaft an die erste Sitzung erinnern, die ich nach der zweiundzwanzigjährigen Unterbrechung leitete», erinnerte sich Richards. Wir beide saßen im Sitzungsraum an der Hopkins University; ich auf dem Sofa, auf dem die Versuchspersonen bei ihrer Reise lagen, und Richards in dem Sessel, aus dem er seit 1999 mehr als hundert Psilocybin-Reisen angeleitet hat. Mit seinem Plüschsofa, den spirituell anmutenden Gemälden an den Wänden, der Buddha-Skulptur auf einem Beistelltisch, den Regalen, auf denen sich ein riesiger steinerner Pilz und verschiedene überkonfessionelle spirituelle Gegenstände befinden, und dem kleinen Kelch, in dem die Versuchspersonen ihre Tablette entgegennehmen, gleicht der Raum eher einem Arbeits- oder Wohnzimmer als einem Labor.

      «Auf diesem Sofa, auf dem Sie sitzen, lag jemand, dem die Tränen übers Gesicht liefen, und ich dachte, wie wunderschön und bedeutungsvoll diese Erfahrung ist. Wie heilig. Wie konnte das je gesetzwidrig sein? Das ist, als würden wir gotische Kathedralen, Museen oder Sonnenuntergänge als gesetzwidrig erklären! Ich habe wirklich nicht gewusst, ob ich das noch erleben würde. Und schauen Sie, wo wir jetzt stehen: Die Arbeit an der Hopkins University läuft inzwischen seit fünfzehn Jahren – schon fünf Jahre länger als in Spring Grove.»

      Von 1999 an erschienen in Wochenzeitungen der Region um Baltimore und Washington, D.C., seltsame, aber faszinierende Anzeigen unter der Überschrift: «Interesse am spirituellen Leben?»

      Die universitäre Forschung mit Entheogenen (grob gesagt Gott-evozierende Substanzen wie Peyote und halluzinogene Pilze) ist zurück. Das Forschungsfeld beinhaltet Pharmakologie, Psychologie, Kreativitätsförderung und Spiritualität. Um zu prüfen, ob Sie an vertraulichen Entheogen-Forschungsprojekten teilnehmen können, rufen Sie unter der gebührenfreien Nummer 1-888-585-8870 an. www.csp.org.

      Nur wenig später verabreichten Bill Richards und Mary Cosimano, eine Sozialarbeiterin und Schulberaterin, die Richards bei den Psychedelik-Sitzungen unterstützen sollte, einem Amerikaner die erste legale Dosis Psilocybin seit zweiundzwanzig Jahren. Seither hat das Hopkins-Team mehr als dreihundert Psilocybin-Sitzungen durchgeführt und arbeitet dabei in verschiedenen Gruppen, zu denen gesunde Normale, langzeitige und unerfahrene Meditierer, Krebspatienten, Raucher, die ihre Gewohnheit aufgeben wollen, und theologische Fachkräfte gehören. Ich war neugierig, von all diesen Gruppen die Probandenperspektive der Erfahrung kennenzulernen, vor allem aber die der gesunden Normalen, einerseits, weil sie Teilnehmer einer Studie waren, die sich als historisch bedeutend erweisen würde, und andererseits, weil ich dachte, sie würden, nun ja, mir am ähnlichsten sein. Wie ist es, eine behördlich genehmigte, professionell begleitete, äußerst behagliche dosisintensive Psilocybin-Erfahrung zu haben?

      Doch die Versuchspersonen waren nicht genau wie ich, denn damals hätte ich nach der Überschrift «Interesse am spirituellen Leben?» wohl nicht mehr weitergelesen. In der ursprünglichen Gruppe befanden sich keine nüchternen Atheisten, und die Interviews mit fast einem Dutzend Teilnehmern legten nahe, dass viele, wenn nicht alle, mit mehr oder weniger starker spiritueller Orientierung in die Studie gingen. Da waren eine energetische Heilerin, ein Mann, der in der Eisenhans-Bewegung aktiv war, ein ehemaliger Franziskanermönch und eine Kräuterkundlerin. Außerdem ein Physiker, der sich für Zen, und ein Philosophieprofessor, der sich für Theologie interessierte. Roland Griffiths räumte ein: «Wir waren an einer spirituellen Wirkung interessiert und haben die Situation anfangs [dahingehend] beeinflusst.»

      Abgesehen davon war Griffiths bei der Planung der Studie sehr bemüht, «Erwartungseffekte» zu berücksichtigen. Teilweise war das seiner Skepsis geschuldet, dass eine Droge die gleiche mystische Erfahrung auslösen könnte, wie er sie beim Meditieren hatte: «All das war für Bill die Wahrheit und für mich nur eine Hypothese. Deshalb mussten wir Bills Voreingenommenheit berücksichtigen.» Alle Probanden waren «halluzinogen-naiv», hatten also keine Ahnung, wie sich Psilocybin anfühlte, und weder sie noch ihre Beobachter wussten in den Sitzungen, ob sie Psilocybin oder ein Placebo erhielten und ob das Placebo eine Zuckerpille oder eine von sechs verschiedenen psychoaktiven Drogen war. In Wirklichkeit war das Placebo Ritalin, und wie sich herausstellte, lagen die Beobachter bei der Einschätzung, was für eine Pille ein Proband erhalten hatte, in mehr als einem Viertel der Fälle falsch.

      Noch Jahre nach ihren Erfahrungen bei den Versuchen erinnerten sich die Teilnehmer, mit denen ich sprach, in allen Einzelheiten und sehr ausführlich; die Interviews dauerten Stunden. Diese Leute hatten etwas Wichtiges zu erzählen; in mehreren Fällen waren es die bedeutendsten Erfahrungen ihres Lebens, und sie genossen die Gelegenheit, alles sehr ausführlich noch einmal zu durchleben, gleichgültig ob im persönlichen Kontakt, über Skype oder am Telefon. Die Teilnehmer wurden auch kurz nach dem Versuch aufgefordert, einen Bericht über ihre Erfahrungen zu verfassen, und alle, die ich interviewte, stellten mir diese Berichte, von denen viele eine seltsame, faszinierende Lektüre waren, bereitwillig zur Verfügung.

      Viele der Probanden berichteten von anfänglicher Angst und Sorge, bevor sie sich der Erfahrung überließen – wozu die Betreuer sie ermunterten. Die Betreuer arbeiteten dabei mit einer Liste von «Fluganweisungen», die Bill Richards auf der Grundlage von Hunderten psychedelischer Reisen, die er angeleitet hatte, vorbereitet hatte. Die Anleiter gehen diese Anweisungen mit den Versuchspersonen während der achtstündigen Vorbereitung durch, die alle Beteiligten vor Beginn der Reise erhalten.

      In den Fluganweisungen wird den Anleitern empfohlen, gebetsmühlenhafte Aufforderungen zu benutzen wie «Vertraue der Flugbahn» und «Hab Vertrauen, lass los, sei offen». Manche Anleiter zitieren gern John Lennon: «Turn off your mind, relax and float downstream» [«Schalte dein Denken ab, entspann dich und lass dich treiben»].

      Man sagt den Probanden, dass sie «den Tod/die Transzendenz des eigenen Ichs oder Alltags-Ichs» erleben könnten, darauf folge aber «stets die Wiedergeburt/Wiederkehr in die normative Welt von Raum und Zeit. Der sicherste Weg, in die Normalität zurückzukehren, ist, sein Ich den auftretenden Erfahrungen bedingungslos zu überlassen.» Die Anleiter sollen den Teilnehmern ins Gedächtnis rufen, dass sie nicht alleingelassen werden und sich während der Reise keine Sorgen um ihren Körper machen müssen, da die Anleiter sie im Auge behalten. Sollten sie das Gefühl haben, «zu sterben, zu zerfließen, sich aufzulösen, zu explodieren, verrückt zu werden etc. – nur zu». Die Versuchspersonen werden gefragt: «Wenn Sie eine Tür sehen, was machen Sie dann? Wenn Sie eine Treppe sehen, was machen Sie?» Die richtigen Antworten lauten natürlich «sie öffnen» und

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