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Zeit bekannte er sich zu seiner Homosexualität und überzeugte das Management, die erste Schwulen-und-Lesben-Gruppe der Firma anzuerkennen. (Damals beschäftigte AT & T, der Mutterkonzern, über 300 000 Menschen.) Später überredete er das AT-&-T-Management, in der Gay-Pride-Woche eine Regenbogenfahne über der Zentrale flattern und eine Delegation in der Parade mitmarschieren zu lassen. Dieser Erfolg stellte Bob Jesses politische Bildung dar und zeigte ihm, wie nützlich es war, hinter den Kulissen zu agieren, ohne großen Lärm zu machen oder Forderungen zu stellen.

      1990 zog Jesse in die Bay Area und wechselte zu Oracle, wo er der Angestellte Nr. 8766 wurde – damit gehörte er nicht zu den Ersten, war aber früh genug dran, um ein Aktienpaket des Konzerns zu bekommen. Es dauerte nicht lange, bis Oracle ein eigenes Aufgebot zur Gay Pride Parade in San Francisco schickte, und nach Jesses sanftem Drängen gegenüber der Geschäftsleitung wurde Oracle zu einem der ersten Fortune-500-Unternehmen, das den gleichgeschlechtlichen Partnern ihrer Angestellten Vorsorgeleistungen bot.

      Jesses Neugier für Psychedelika wurde bei der Drogenaufklärung im naturwissenschaftlichen Unterricht an seiner Highschool geweckt. Diese spezielle Wirkstoffklasse mache weder körperlich noch psychisch abhängig, wurde ihm dort (korrekt) gesagt; sein Lehrer schilderte die Wirkung der Drogen, zum Beispiel Veränderungen in Bewusstsein und visueller Wahrnehmung, was Jesse höchst faszinierend fand. «Ich spürte, dass mehr dahintersteckte, als man uns erzählte», erinnerte er sich. «Deshalb behielt ich die Sache im Kopf.» Doch erst viel später war er bereit, selbst zu erkunden, was Psychedelika bewirkten. Warum? Er antwortete in der dritten Person: «Ein nicht geouteter schwuler Jugendlicher musste Angst vor den möglichen Folgen haben, sobald er aus der Deckung kam.»

      Als er mit Mitte zwanzig bei den Bell Labs arbeitete, schloss Jesse sich einer Gruppe von Freunden in Baltimore an, die beschlossen, sehr vorsichtig mit Psychedelika zu experimentieren. Irgendwer blieb immer «in Bodennähe», für den Fall, dass jemand Hilfe brauchte oder es klingelte, und die Dosis wurde schrittweise erhöht. Bei einem dieser samstagnachmittäglichen Experimente in einer Wohnung in Baltimore hatte Jesse, der damals fünfundzwanzig war und eine hohe Dosis LSD eingenommen hatte, eine eindringliche «nichtduale Erfahrung», die sich als umwälzend erwies. Ich bat ihn, das Ganze zu beschreiben, und nach einigem Herumdrucksen – «ich hoffe, Sie lassen die heiklen Punkte weg» – erzählte er vorsichtig die Geschichte.

      «Ich lag rücklings unter einem Gummibaum», erinnerte er sich. «Ich wusste, dass es eine starke Erfahrung wird. Und dann kam der Augenblick, wo das wenige, das ich noch war, einfach davonglitt. Plötzlich wusste ich nicht mehr, dass ich in einer Wohnung in Baltimore auf dem Fußboden lag oder ob meine Augen offen oder geschlossen waren. Vor mir öffnete sich, was ich in Ermangelung eines besseren Wortes als Raum bezeichne, aber nicht unsere gewöhnliche Vorstellung von Raum, sondern nur die reine Erkenntnis eines Bereichs ohne Form und Inhalt. Und in diesen Bereich kam ein himmlisches Gebilde, das die Entstehung der physischen Welt war. Es war wie der Urknall, aber ohne das Dröhnen oder das blendende Licht. Es war die Geburt des physischen Universums. In gewissem Sinne war es dramatisch – vielleicht das Bedeutendste, was sich je in der Geschichte der Welt ereignete –, und dennoch lief es irgendwie ganz beiläufig ab.»

      Ich fragte ihn, wo er sich währenddessen befand.

      «Ich war ein Beobachter ohne festen Ort. Ich war in Übereinstimmung mit der Entstehung der Welt.» Hier sagte ich, dass ich ihm nicht mehr folgen könne. Lange Pause. «Ich zögere, weil die Worte der Erfahrung nicht gerecht werden; Worte kommen mir zu beschränkend vor.» Unbeschreiblichkeit ist natürlich ein Kennzeichen mystischer Erfahrung. «Die Erkenntnis übersteigt jede Empfindungsweise», lautete seine nutzlose Erklärung. Ob es beängstigend gewesen sei? «Ich habe keine panische Angst verspürt, nur Faszination und Ehrfurcht.» Pause. «Hm, vielleicht ein bisschen Angst.» Von da an beobachtete (oder wie auch immer man es nennen will) Jesse die Geburt von … allem, in einer epischen Reihung, die mit dem Erscheinen kosmischen Staubs begann und zur Erschaffung der Sterne und dann des Sonnensystems führte, gefolgt von der Entstehung des Lebens und der Ankunft «dessen, was wir als Menschen bezeichnen», dann der Erwerb von Sprache und die Entwicklung des Bewusstseins, «der ganze Weg zum eigenen Ich, hier in diesem Zimmer, umgeben von meinen Freunden. Ich war dorthin zurückgekehrt, wo ich war. Wie viel Zeit war derweil verstrichen? Ich hatte nicht die geringste Ahnung.

      Was für mich am stärksten hervorsticht, ist die Beschaffenheit der Erkenntnis, die ich durchlebte, etwas, das sich völlig von dem unterscheidet, was ich als Bob betrachte. Wie passt dieses erweiterte Bewusstsein in den Rahmen der Dinge? Insofern als ich die Erfahrung für wahrheitsgemäß halte – und da bin ich mir noch nicht sicher –, sagt sie mir, dass Bewusstsein für das physische Universum grundlegend ist. Eigentlich geht es ihm voraus.» Ob er inzwischen glaube, dass Bewusstsein außerhalb des Gehirns existiere? Er ist sich nicht sicher. «Aber von der starken Überzeugung, dass das Gegenteil stimmt» – dass Bewusstsein das Produkt unserer grauen Zellen ist –, «bis zu dieser Unsicherheit ist es ein langer Weg.» Ich fragte ihn, ob er der Äußerung des Dalai-Lama beipflichte, dass die Vorstellung, Gehirne erschüfen Bewusstsein – eine Vorstellung, der die meisten Wissenschaftler fraglos zustimmen würden –, «eine metaphysische Vermutung und kein wissenschaftliches Faktum ist».

      «Bingo», sagte Jesse. «Und für jemanden mit meiner Ausrichtung» – agnostisch, wissenschaftsbegeistert – «ändert das alles.»

      Was ich an einer Erfahrung wie der von Bob Jesse nicht verstehe: Warum in aller Welt soll man so was überhaupt glauben? Ich begriff nicht, warum man es nicht einfach unter «interessanter Traum» oder «durch Drogen verursachte Fantasie» abhakte. Doch zusammen mit dem Gefühl der Unbeschreiblichkeit gehört auch die Überzeugung, dass einem eine tiefe objektive Wahrheit offenbart wurde, zu den Kennzeichen mystischer Erfahrungen, gleichgültig ob sie durch Drogen, Meditation, Fasten, Geißelung oder Reizentzug hervorgerufen wurden. William James hat dieser Überzeugung einen Namen gegeben: noetische Qualität.20 Man hat das Gefühl, in ein tiefes Geheimnis des Universums eingeweiht worden zu sein, und diese Überzeugung ist unerschütterlich. Wie James geschrieben hat: «Träume halten dieser Prüfung nicht stand.»21 Zweifellos ist das der Grund, warum manche Menschen, die eine derartige Erfahrung machen, Religionsgründer werden, den Lauf der Geschichte oder, weitaus öfter, ihr eigenes Leben verändern. «Zweifellos» ist hier das Schlüsselwort.

      Mir fällt eine Reihe möglicher Erklärungen für ein solches Phänomen ein, doch keine klingt völlig befriedigend. Die einfachste und doch am schwersten zu akzeptierende Erklärung ist, dass es schlicht stimmt: Der veränderte Bewusstseinszustand hat dem jeweiligen Menschen eine Wahrheit eröffnet, die wir Übrigen, gefangen im gewöhnlichen Wachbewusstsein, einfach nicht begreifen. Doch die Wissenschaft hat mit dieser Deutung Probleme, da die entsprechende Wahrnehmung nicht mit den üblichen Methoden überprüfbar ist. Es handelt sich faktisch um einen anekdotischen Einzelbericht und ist deshalb wertlos. Die Wissenschaft zeigt nur wenig Interesse und Nachsicht gegenüber Zeugnissen Einzelner; darin ähnelt sie seltsamerweise religiösen Institutionen, die ebenfalls ein großes Problem damit haben, direkter Offenbarung Glauben zu schenken. Doch es gilt, darauf hinzuweisen, dass der Wissenschaft mitunter nichts anderes übrig bleibt, als sich auf das Zeugnis Einzelner zu verlassen – wie beim Studium subjektiven Bewusstseins, das für unsere wissenschaftlichen Methoden unzugänglich ist und deshalb nur von dem Menschen beschrieben werden kann, der die Erfahrung macht. Hier ist die Phänomenologie die wichtigste Datenbasis. Das ist aber nicht der Fall, sobald es um die Nachprüfung von Wahrheiten über die Welt außerhalb unserer Köpfe geht.

      Das Problem mit der Glaubwürdigkeit mystischer Erfahrungen besteht genau darin, dass sie den Unterschied zwischen innen und außen auslöschen, so wie Bob Jesses «ortlose Erkenntnis» zu ihm zu gehören, aber auch außerhalb von ihm zu existieren schien. Das verweist auf eine zweite mögliche Erklärung für das noetische Gefühl: Wenn unser Gefühl für ein subjektives «Ich» sich auflöst, wie es bei dosisintensiver psychedelischer Erfahrung oft der Fall ist (ebenso wie bei erfahrenen Meditierern), wird es unmöglich, zwischen subjektiver und objektiver Wahrheit zu unterscheiden. Wer soll denn das Zweifeln übernehmen, wenn nicht das Ich?

      In der Zeit nach dieser ersten eindringlichen psychedelischen Reise machte Bob Jesse eine Reihe weiterer Erfahrungen, die sein Leben veränderten.

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