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target="_blank" rel="nofollow" href="#ulink_8482027f-6c4b-5647-9168-2b2d8179b02b">7Zit. n. M. de Certeau, Crise sociale, 372–373 [s. Anm. 6].

      8Obwohl bereits 1665 verfasst, wurde dieser Text in der jetzigen Form erst 1879 veröffentlicht. Eine Paraphrase tauchte unter dem Titel Le prédicateur de l’amour de Dieu 1799 auf. Hier folgen wir der neuesten Ausgabe: J.-J. Surin, Questions importantes à la vie spirituelle. Sur l’amour de Dieu. Texte primitif révisé et annoté par Aloys Potter et Louis Mariès. Paris 1930.

      9Ebd., 6f.

      10 Ebd., 22.

      11 Ebd.

      N

      Bischof Franz Jung | Würzburg

      geb. 1966, Dr. theol.,

      seit 2018 Bischof von Würzburg

       [email protected]

      Keuschheit neu gelesen

       Auf der Spur des hl. Josef

      Eine Tugend in Misskredit

      Ikonographie

      Die Ikonographie kennt die Darstellung des Heiligen Josef mit der Lilie, dem Lilienzepter oder dem blühenden Lilienstab. Im letztgenannten Motiv fließen ikonographisch zwei Traditionen ineinander. Hier ist zunächst die biblische Überlieferung vom blühenden Aaronstab zu nennen (Num 17,23), durch den die Erwählung Aarons von Gott bekräftigt wurde. Der blühende Stab lässt sich auch als Reminiszenz an das apokryphe Protoevangelium des Jakobus (ProtJak 8.3–9.1) verstehen. Dieser Überlieferung nach sammelte der Priester Zacharias alle Witwer Israels – unter ihnen auch Josef – mit der Auflage, einen Stab mitzubringen. An wessen Stab sich ein Wunderzeichen zeigte, der sollte Maria zur Frau bekommen. Schließlich blieb nur noch Josefs Stab übrig, aus dem eine Taube hervorging, die sich auf Josefs Haupt niederließ. Beide Traditionen dienen dem gleichen Zweck. Sie unterstreichen die Legitimität desjenigen, an dessen Stab sich eine wundersame Wandlung vollzieht. Die Lilie selbst gilt als Symbol der Reinheit und der Unschuld, als „Lilie unter Disteln“ (Hld 2,2). Seit alters steht die Lilie als Symbol für die keusche Gesinnung des- oder derjenigen, der oder die sie in den Händen hält. Josef selbst wurde in der Frömmigkeitsgeschichte geradezu als Personifikation der Keuschheit gesehen und als solche verehrt.

      Eine Tugend für alle

      Noch einmal: Die Tugend der Keuschheit ist nicht zu verkürzen auf sexuelle Enthaltsamkeit. Ebenso wenig ist Keuschheit generell auf den Bereich menschlicher Sexualität einzugrenzen, auch wenn diese sicher eine zentrale Konkretion keuschen Lebens darstellt. Keuschheit meint demgegenüber eine innere Grundhaltung in der Beziehung zu sich selbst, zum anderen und letztlich zu Gott. Sie zeichnet sich aus durch einen reflektierten und sensiblen Umgang, der der Würde des Menschen entspricht und diese Würde zur Geltung bringt. Die Tugend der Keuschheit geht daher jeden Menschen an, unabhängig von sexueller Orientierung und Lebensstand, verheiratet oder unverheiratet, ledig oder bewusst zölibatär lebend. Sie ist kein „Privileg“ der Priester und Ordenschrist(inn)en, auch wenn sich diese aufgrund ihrer zölibatären Lebensform und ihrer Gelübde in besonderer Weise von der Tugend der Keuschheit in die Pflicht genommen wissen.

      Das rechte Maß

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