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Patient und sein Begleiter zusammen. Sind Berge zu erklimmen, weiß der Bergführer über die Wege Bescheid, die zum Gipfel führen. Er weiß um Möglichkeiten, schwierige Stellen zu passieren. Der Patient bestimmt, welche Ziele er erreichen und welche Gipfel er besteigen will. Dazu werden gemeinsam realistische Etappen- und Tagesziele formuliert. Oft ist der Weg allerdings im Vorhinein nicht klar. Von östlicher Weisheit inspirierte Reisebegleiter vertrauen darauf, dass sich im Laufe des Weges immer wieder neue Ausblicke und Perspektiven ergeben und der Weg beim Gehen entsteht.

      Neben der Rolle des Reisebegleiters ist es oft Aufgabe des psychoonkologisch Tätigen, die Kommunikation der relevanten Beteiligten zu unterstützen und Dialoge zu ermöglichen. Oft geht es um eine ergänzende Sicht auf die Dinge, um neue Perspektiven, um einen neuen Blick, um wohlwollende Augen, um Zeugenschaft und Verständnis für das, was dem Patienten widerfährt. Oft ist gefragt, bei der Fokussierung der Spezialisten auf ihre jeweiligen Bäume, den Wald nicht aus den Augen zu verlieren. Oft geht es um einen gemeinsamen Blick, der über eine Momentaufnahme hinausgeht, und um ein daraus entwickeltes Feedback an den Patienten, einen Blick, der auch die Vergangenheit und Zukunft mit einbezieht: in der Rückschau die Erinnerung daran, was der Patient schon geschafft hat und welche Entwicklungen schon möglich waren. In der gemeinsamen Betrachtung, wo er im Moment steht, und dessen, wo die Reise insgesamt hingeht und welche nächsten Schritte in diese Richtung führen. Dabei gilt der Fokus immer dem, was dem Patienten selbst wichtig ist und bedeutungsvoll erscheint. Sich daran immer wieder zu erinnern, ist von zentraler Bedeutung, gerade, wenn die Zeit knapp ist oder knapp werden könnte.

      Nicht zuletzt werden die Rollen und Handlungsspielräume der Behandler maßgeblich durch das Gesundheitssystem bestimmt, in dessen Rahmen sie arbeiten und das zunehmend von ökonomischen Gesichtspunkten geprägt wird. Kritische Stimmen sehen viele Entwicklungen in der Onkologie auch im Zusammenhang der negativen Einflüsse durch eine »Krebsindustrie« im Kontext einer umfassenderen »Gesundheitsindustrie« (Lauterbach 2015).

       4Therapeutisch wirksame Kommunikation

      In der Onkologie nimmt die Kommunikation zwischen allen Beteiligten einen zentralen Stellenwert ein. »Man kann nicht nicht kommunizieren« – lautet das erste Axiom Paul Watzlawicks (Watzlawick, Beavin u. Jackson 1967/2017), und es ist zu bedenken, dass der Empfänger letztendlich darüber bestimmt, welche Botschaft bei ihm ankommt, und nicht der Absender. Man sollte aber darauf achten, jede Kommunikation, jede auch noch so kleine Begegnung im klinischen Alltag, möglichst auf eine Weise zu gestalten, dass sie therapeutisch wirksam werden kann. Das ist unser Ziel und unsere Arbeitshypothese.

      Therapeutische Kommunikation – wie wir sie verstehen – soll patientenzentriert sein, das heißt sich an die Person des Patienten richten und sich an seiner Erfahrungswelt, seinem individuellen Leiden, an seinem Wohl und seinen Bedürfnissen orientieren. Die dafür notwendige Perspektive fokussiert die Aufmerksamkeit auf das subjektive Erleben und das persönliche Kranksein des Patienten. Dies ist eine notwendige Ergänzung der behandlerzentrierten und insbesondere arztzentrierten Perspektive, bei der – krankheitszentriert – Symptome des Patienten und deren Erklärung im Rahmen der Krebskrankheit, deren Diagnose und Behandlung im Zentrum der Bemühungen der Behandler und ihrer Aufmerksamkeit stehen.

      Eine therapeutisch wirksame Kommunikation muss eingebettet sein in eine intersubjektive Beziehung zweier Menschen mit ihren Rollen als Behandler bzw. Behandelter. Auf Therapeutenseite sind Mitgefühl und eine mitmenschlich gestaltete Professionalität auf Augenhöhe wesentlich für deren Gelingen. Die Metapher der Resonanz erscheint uns als geeignet, um sich der Komplexität dieser Kommunikation mit zwei grundverschiedenen Perspektiven auf dasselbe Thema anzunähern und um wesentliche Punkte zu beschreiben, die zu deren Gelingen beitragen können.

      Therapeutisch wirksame Kommunikation zielt darauf ab, den Patienten in seiner Welt abzuholen und ihn zu begleiten. Sie wirkt verändernd, indem sie auf der Grundlage einer tragfähigen und entlastenden therapeutischen Beziehung auf unterschiedlichen Ebenen Zuversicht vermittelt und zu einem Perspektivenwechsel einlädt. Hypnose und Achtsamkeit sind gut geeignet, Erfahrungen zu vermitteln, in denen die Welt mit neuen Augen betrachtet und Dinge erlebt werden, die das Leben auch unter schwierigsten Bedingungen nicht nur aushaltbar, sondern darüber hinaus sinnvoll und lebenswert machen.

      Um all diesen Zielen zu dienen, wirken hypnosystemische Verständnismodelle und Vorgehensweisen mit Elementen der Achtsamkeit – einander ergänzend – auf optimale Weise zusammen. In den folgenden Abschnitten werden wir die zentralen vier Elemente der therapeutisch wirksamen Kommunikation skizzieren und sie später auch in ihrer konkreten Umsetzung immer genauer beschreiben.

       4.1Therapeutisch wirksame Kommunikation ist patientenzentriert

      In der S3-Leitlinie »Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten« einigten sich Experten darüber, die anzustrebende Form von Kommunikation als patientenzentrierte Kommunikation zu beschreiben (AWMF et al. 2014, S. 82):

      »Patientenzentrierte Kommunikation bezeichnet ein kommunikatives Verhalten, das den Patienten in seiner aktuellen körperlichen und emotionalen Verfassung wahrnimmt, seine persönlichen Werte, Bedürfnisse und Präferenzen berücksichtigt und seine Selbstkompetenz, Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit fördert. [...]

      Kommunikation mit Krebspatienten und ihren Angehörigen soll durch alle in der Onkologie tätigen Berufsgruppen patientenzentriert erfolgen. Sie soll sich an deren individuellen Anliegen, Bedürfnissen und Präferenzen hinsichtlich Information, Aufklärung und Beteiligung an Entscheidungen orientieren. Diese sollen wiederholt im Krankheitsverlauf, insbesondere in kritischen Krankheitsphasen (Diagnose, Rezidiv/ Progredienz), erfragt werden.«

      Zur Abstimmung der Ziele und Aufgaben patientenzentrierter Kommunikation auf die besonderen Erfordernisse von Menschen mit Krebserkrankungen differenziert die Leitlinie sechs Funktionen der Kommunikation (ebd., nach Epstein a. Street 2007):

      –»Fördern einer hilfreichen, ›heilsamen‹ Beziehung

      –Austausch von Informationen

      –Umgehen mit Emotionen

      –gemeinsame Entscheidungsfindung zum weiteren Vorgehen

      –Toleranz für Ungewissheit fördern

      –Unterstützen von Selbstbestimmung, Kontrolle und Handlungsfähigkeit«

      Diese sechs Funktionen patientenzentrierter Kommunikation bedingen einander zum Teil wechselseitig. Um wirksam zu werden, müssen sie ineinandergreifen. Man stelle sich die Situation einer Frau mit Brustkrebs vor, der empfohlen wird, nach der ersten Behandlung 5 Jahre lang einen Östrogenrezeptormodulator einzunehmen. Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sie dieser Empfehlung folgt, müssen mehrere Faktoren zusammenspielen:

      Die Patientin sollte dem klinischen Team vertrauen, Informationen über Wirkungen und Nebenwirkungen erhalten haben, Wege kennen, mit ihren Zweifeln und Ängsten umzugehen, und die Unsicherheitsfaktoren verstehen, die jeder Behandlungsempfehlung innewohnen. Sie sollte auf die von ihr bevorzugte Weise in diese Therapieentscheidung einbezogen worden sein, und sie sollte sich jeden Tag daran erinnern, das Medikament auch wirklich zu nehmen.

      Die Beziehungen zwischen diesen Funktionen sind komplex und wechselseitig:

      •So wird die Patientin ihren Ärzten mehr vertrauen, wenn diese ihr die notwendigen Informationen auf eine passende Weise vermitteln. Das Vertrauen wird wiederum ihre Ängste mindern.

      •Im Gegensatz dazu wird eine während des Informationsgesprächs sehr ängstliche Patientin Schwierigkeiten haben, Informationen aufzunehmen. Das wiederum wird sich voraussichtlich negativ auf das Vertrauen in die Behandlung und das Behandlungsteam auswirken.

      In einer patientenzentrierten Kommunikation gelingt die Dreiecksbeziehung zwischen »Behandler«, Patient und Krankheit, indem sich die Beteiligten

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