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Schuldrecht Allgemeiner Teil II. Achim Bönninghaus
Читать онлайн.Название Schuldrecht Allgemeiner Teil II
Год выпуска 0
isbn 9783811476523
Автор произведения Achim Bönninghaus
Жанр Языкознание
Серия JURIQ Erfolgstraining
Издательство Bookwire
Zur Funktion der „Hilfsnormen“ vgl. Skript „BGB AT I“ unter Rn. 35.
Palandt-Grüneberg § 276 Rn. 5 f.
Palandt-Grüneberg § 276 Rn. 8.
Ausnahmen macht die Rechtsprechung aus Billigkeitsgründen u.a. im Arbeitsrecht bei Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers, vgl. BAG 101, 107 ff. = NJW 2003, 377 ff.
2. Teil Vertretenmüssen › B. Vertretenmüssen ohne Verschulden
B. Vertretenmüssen ohne Verschulden
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In bestimmten Fällen hat der Schuldner eine Pflichtwidrigkeit auch dann zu vertreten, wenn kein Verschulden vorliegt. Dies folgt bereits aus § 276 Abs. 1 S. 1, wonach eine „strengere“ (= verschuldensunabhängige) Haftung „bestimmt“ ist oder sich aus dem „sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses“ ergeben kann. Die „Bestimmung“ einer strengeren Haftung kann sich entweder aus dem Gesetz oder aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. Es kommen folglich drei Gründe für eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht des Schuldners in Betracht: eine gesetzliche Bestimmung, eine vertragliche Bestimmung oder der sonstige Inhalt des Schuldverhältnisses. Wir gehen die einzelnen Gründe in dieser Reihenfolge durch.
2. Teil Vertretenmüssen › B. Vertretenmüssen ohne Verschulden › I. Gesetzliche Bestimmung
1. Gesetzliche Ersatzpflichten ohne Vertretenmüssen im Tatbestand
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Bitte lesen Sie die nachfolgenden Tatbestände parallel im Gesetz mit.
Verschiedene Tatbestände begründen eine Ersatzpflicht, ohne dass es tatbestandlich auf ein „Vertretenmüssen“ der zum Ersatz verpflichteten Person ankommt. In diesen Fällen spielt die Frage des Verschuldens keine Rolle.
Beispiel 1
Schadensersatzhaftung wegen Nichtigkeit einer Willenserklärung nach § 122;
Beispiel 2
Schadensersatzhaftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht nach § 179;
Beispiel 3
Schadensersatzhaftung des Vermieters wegen anfänglicher Mängel des Mietobjekts aus § 536a Abs. 1 Var. 1;
Beispiel 4
Deliktische Gefährdungshaftung wegen Gefährlichkeit eines Gegenstandes aus § 833 S. 1 BGB, § 7 Abs. 1 StVG, §§ 1, 2 HaftpflG sowie aus § 1 ProdHaftG;
Beispiel 5
Entschädigungspflichten aus §§ 904 S. 2, 906 Abs. 2 S. 2.
2. Zufallshaftung nach § 287 S. 2
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Für das Thema dieses Skripts, nämlich die Pflichtverletzung im Rahmen von Schuldverhältnissen, spielt ein anderer Tatbestand eine ganz wichtige Rolle: § 287.
Gem. § 287 S. 2 hat der Schuldner während des Verzuges „wegen der Leistung“ auch „Zufall“ zu vertreten, sofern der Verzug für den Schadenseintritt kausal gewesen ist. Unter dem Begriff „Zufall“ ist ein ohne Verschulden des Schuldners eingetretenes Leistungshindernis i.S.d. § 275 zu verstehen, insbesondere Unmöglichkeit durch höhere Gewalt.[1]
Hinweis
Für die Schadensersatzhaftung wegen Verletzung einer Rücksichtspflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 gilt die Haftungsverschärfung des § 287 S. 2 nicht!
Beispiel
Antiquitätenhändler V verkauft dem K eine antike Standuhr, die V dem K am nächsten Tag liefern soll. V organisiert den Transport aber nicht rechtzeitig, so dass die Lieferung am nächsten Tag ausbleibt. In der darauffolgenden Nacht brechen Diebe in die – ordnungsgemäß gesicherten – Geschäftsräume des V ein und nehmen unter anderem die Uhr mit. Die Diebe verschwinden spurlos. Schadensersatzansprüche statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 scheitern hier an der fehlenden Fristsetzung. Sie ergeben sich jedoch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283, da der V sein mit dem Diebstahl verbundenes Unvermögen i.S.d. § 275 Abs. 1 zur Leistung nach § 287 S. 2 auch ohne Verschulden zu vertreten hat. Er befand sich nach §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 286 Abs. 4 mit seiner Leistung in Schuldnerverzug und kann sich auch nicht auf die Ausnahme des 287 S. 2 Hs. 2 berufen. Hätte er zum vereinbarten Fälligkeitstermin geliefert, hätte die Uhr nicht mehr Teil der Diebesbeute sein können.
2. Teil Vertretenmüssen › B. Vertretenmüssen ohne Verschulden › II. Geldmangel
II. Geldmangel
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Auch ohne ausdrückliche Regelung ist allgemein anerkannt, dass für die Erfüllung von Geldsummenschulden stets verschuldensunabhängig gehaftet wird und auch bei sonstigen Schulden der Einwand fehlender Finanzkraft unbeachtlich ist.[2]
Beispiel 1
M schuldet seinem Vermieter V die monatlich im Voraus zu zahlende Miete für drei Monate. Hier tritt Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 auch dann ein, wenn M aufgrund Insolvenz seines Arbeitgebers unverschuldet arbeitslos geworden ist und deshalb über keine ausreichenden Finanzmittel mehr verfügt.
Beispiel 2
A verpflichtet sich gegenüber dem B, auf dessen Grundstück ein Haus zu errichten. A gehen jedoch die finanziellen Mittel aus, so dass er nicht in der Lage ist, sich die nötigen Baustoffe zu beschaffen. Hier tritt Verzug mit der Werkherstellung auch dann ein, wenn A seine Liquiditätsprobleme nicht verschuldet hat (etwa weil seine sonstigen Kunden ihre fälligen Rechnungen alle nicht bezahlen).
2. Teil Vertretenmüssen › B. Vertretenmüssen ohne Verschulden › III. Vertragliche Übernahme
III. Vertragliche Übernahme
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Aus dem Prinzip der Privatautonomie folgt, dass jeder Schuldner sich vertraglich zur Übernahme einer verschuldensunabhängigen Haftung verpflichten kann, so dass dann aufgrund der vertraglichen Regelung eine „strengere“ Haftung bestimmt ist. Dazu wird sich ein Schuldner allerdings selten freiwillig hinreißen lassen.
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Viel häufiger kommt es vor, dass eine solche Haftungsverschärfung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Vertragspartners enthalten ist.