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Allgemeinbevölkerung

      In der Allgemeinbevölkerung sind körperliche Beschwerden sehr häufig.

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      In einer Studie aus dem Jahr 2006 gaben 82 % der befragten Teilnehmerinnen und Teilnehmer Beschwerden an, die sie innerhalb der letzten sieben Tage zumindest leicht beeinträchtigten, 22 % berichteten sogar mindestens eine Beschwerde, die sie schwer beeinträchtigte (Hiller et al. 2006). Die Teilnehmenden wiesen dabei oft multiple Körperbeschwerden anstatt nur einzelner Symptome auf und berichteten im Durchschnitt sieben verschiedene Symptome. Dabei wurden vor allem Rücken-, Kopf-, Gelenk- und Menstruationsschmerzen, Schmerzen in den Extremitäten, Verdauungsbeschwerden und mit Sexualität assoziierte Beschwerden wie Erektions- und Ejakulationsstörungen genannt. In einer vergleichbaren Studie aus Großbritannien ergaben sich als häufigste über die vergangenen 2 Wochen berichteten Symptome Müdigkeit, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen und Schlafstörungen (McAteer et al. 2011), wobei im Durchschnitt vier belastende Symptome pro befragter Person genannt wurden. In einer Studie aus den USA zeigte sich, dass von 1000 befragten Personen jeden Monat 80 % körperliche Beschwerden verspürten, die sie als beeinträchtigend beschrieben (Green et al. 2001).

      Die Häufigkeitsbestimmung der so genannten „medizinisch unerklärten“ oder „somatoformen“ Beschwerden in der Allgemeinbevölkerung ist dadurch erschwert, dass die somatoforme Symptomatik oftmals nicht als solche erkannt wird und somit auch nicht die passende Diagnose gestellt werden kann. Angaben zur Prävalenz medizinisch unerklärter Körperbeschwerden schwanken daher massiv (Hilderink et al. 2013).

      Auch die Häufigkeit somatoformer Störungen nach ICD-10 (WHO 1996) oder DSM-IV (APA 2000) lässt sich in der Allgemeinbevölkerung, außerhalb eines klinischen Kontextes, nur schwer bestimmen. In repräsentativen Bevölkerungsstichproben werden nur selten standardisierte klinische Interviews (Kap. 5) durchgeführt, mit denen sich die Häufigkeit somatoformer Störungen zuverlässig ermitteln lassen könnte.

      images Prävalenz in Deutschland

      Im Bundesgesundheitssurvey 1998 / 1999, einer Umfrage zur Häufigkeit psychischer und körperlicher Erkrankungen in der deutschen Allgemeinbevölkerung, wurde eine Lebenszeitprävalenz von 16,2 %, eine 12-Monats-Prävalenz von 11 % und eine 4-Wochen-Prävalenz von 7,5 % für die gesamte Diagnosegruppe der somatoformen Störungen nach ICD-10 ermittelt (Jacobi et al. 2004).

      Knapp ein Drittel der Patientinnen und Patienten gaben dabei zwei oder mehr Schmerzsymptome an; am häufigsten wurden Kopf-, Unterbauch- und Rückenschmerzen berichtet (Fröhlich et al. 2006). Bezogen auf die Lebenszeitprävalenz sind somatoforme Störungen damit die dritthäufigste Störung nach Suchtstörungen und Angststörungen (Jacobi et al. 2004).

      Für die undifferenzierte Somatisierungsstörung (zu den diagnostischen Kriterien (siehe Kap. 5) wurde in einer weiteren Studie aus der deutschen Allgemeinbevölkerung eine Punktprävalenz von 19,7 % festgestellt (Grabe et al. 2003). Für die Somatisierungsstörung, die durch sehr streng definierte diagnostische Kriterien gekennzeichnet ist, wurde in einer repräsentativen Studie aus den USA eine Lebenszeitprävalenz unter 1 % gefunden (Robins / Regier 1991).

      Prävalenz in Europa

      In der europäischen Bevölkerung wird die 12-Monats-Prävalenz somatoformer Störungen 2011 mit 4,9 % angegeben (Wittchen et al. 2011; Abb. 2.1), was einer Anzahl von ca. 25,1 Millionen Erkrankten in der Europäischen Union entspricht. Mit dieser Prävalenz stellen somatoforme Störungen die vierthäufigsten psychischen Störungen nach Angststörungen, Schlafstörungen und affektiven Störungen dar.

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      2.1.2 Hausärztliche Versorgung (Allgemeinmedizin)

      Insbesondere in der medizinischen Primärversorgung (Hausarztpraxen, Allgemeinmedizin) stellen sich viele Patientinnen und Patienten mit unerklärten Körperbeschwerden vor, womit auch die Hauptverantwortung für das Erkennen und Diagnostizieren bei Ärztinnen und Ärzten der Primärversorgung liegt.

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      In 15–19 % der Fälle sind somatische Symptome ohne organische Ursache der Hauptgrund für eine Konsultation in der Hausarztpraxis (Burton 2003). In einer Untersuchung von Nimnuan et al. (2001) fand sich eine Punktprävalenz von 52 % bezogen auf unerklärte Körperbeschwerden. Dabei wurde eine breit gefasste Definition der Symptome zugrunde gelegt, nämlich im Sinne von medizinischen Beschwerden, für die keine definierte medizinische Diagnose im Rahmen einer adäquaten medizinischen Untersuchung gefunden werden konnte. Verhaak et al. (2006) analysierten Daten von Patientinnen und Patienten, die über das vergangene Jahr mindestens vier Arztbesuche bezüglich ihrer Körperbeschwerden in Anspruch genommen hatten. Dabei ergab sich eine Punktprävalenz von 2,5 % unerklärter Körperbeschwerden. Auch hier sind die Schwankungen in den Prävalenzraten in Abhängigkeit von den angewendeten diagnostischen Kriterien zu sehen.

      In einem aktuellen und hochwertigen systematischen Review, in das Daten von über 70.000 Patientinnen und Patienten aus 24 Ländern eingeschlossen wurden, zeigte sich, dass bei 40-49 % aller Patientinnen und Patienten aus dem hausärztlichen Setting mehr als eine medizinisch unerklärte Beschwerde diagnostiziert werden konnte (Haller et al. 2015).

      In derselben Übersichtsarbeit wurden aus den Studien, in denen klinische strukturierte Interviews bei Patientinnen und Patienten in der Hausarztpraxis durchgeführt worden waren, auch die Prävalenzen für die Diagnosen der somatoformen Störungen nach DSM-IV bzw. ICD-10 ermittelt. Dabei ergaben sich Punktprävalenzen für die Somatisierungsstörung von 0,8 % bzw. 5,9 %, für die undifferenzierte somatoforme Störung von 27,0 % bzw. 8,9 % und für die Schmerzstörung von 7,3 % bzw. 9,3 %. (Haller et al. 2015).

      2.1.3 Funktionelle Syndrome

      Multiple unerklärte Körperbeschwerden treten häufig auch im Rahmen spezifischer funktioneller Syndrome auf. Die Angaben der Punktprävalenz schwanken auch hier, und zwar in Abhängigkeit von der Art eines solchen Syndroms bzw. von den zugrunde liegenden diagnostischen Kriterien.

      Gerade in der ambulanten hausärztlichen Versorgung gehören funktionelle Körperbeschwerden zu einem der häufigsten Beratungsanlässe. Dabei werden für funktionelle Körperbeschwerden Häufigkeiten zwischen 20 % und 50 % in Hausarztpraxen angegeben (Nimnuan et al. 2001). Eine Allgemeinärztin mit 40 Patienten am Tag sieht demnach ca. zwei Patienten mit funktionellen Körperbeschwerden pro Stunde (Reid et al. 2001; Henningsen et al. 2018).

      Zu den klassischen funktionellen Syndromen zählen das chronische Erschöpfungssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome), für das Punktprävalenzen von 0,2–0,4 % in der Allgemeinbevölkerung ermittelt wurden (Jason et al. 1999; Nacul et al. 2011; Reyes et al. 2003), oder die Fibromyalgie. Für letztere fand sich in Großbritannien eine Punktprävalenz von 3,3 % (Gallagher et al. 2001). In einer repräsentativen deutschen Bevölkerungsstichprobe wurde sie mit 2,1 % angegeben. In einer größeren europäischen epidemiologischen Studie ergab sich in Abhängigkeit von den verwendeten Kriterien eine Punktprävalenz zwischen 2,9 % und 4,7 % (Branco et al. 2010). Funktionelle gastrointestinale Störungen (einschließlich des Reizdarmsyndroms) traten bei 3,6 % der Hausarztpatientinnen und –patienten auf (Thompson et al. 2000). Die Punktprävalenzen schwanken hier je nach zugrunde gelegten Störungskriterien (z. B. Grundmann / Yoon 2010; Rey / Talley 2009: 2,1–22,0 %). Bei Anwendung der so genannten Rome-Kriterien wird die Punktprävalenz des Reizdarmsyndroms auf 7-10 % geschätzt (Wolfe et al. 2013).

      Tab. 2.1: Prävalenz diagnostischer Subkategorien in der Allgemeinbevölkerung (nach Wittchen / Hoyer 2011; Kleinstäuber

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