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Gesammelte Werke von Xenophon. Xenophon
Читать онлайн.Название Gesammelte Werke von Xenophon
Год выпуска 0
isbn 4064066498634
Автор произведения Xenophon
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Am folgenden Tage marschirte das Heer auf einem Wege, der sich von der babylonischen Straße ablenkte, zurück, auf unversehrte Dörfer zu, nachdem sie diejenigen, die sie verließen, in Brand gesteckt hatten. Daher kamen die Feinde nicht nahe, sondern sahen blos zu, und schienen mit Verwunderung zu erwarten, wohin sich die Griechen wenden würden und was sie beabsichtigten. Während die Soldaten sich in den Dörfern mit den Lebensmitteln beschäftigten, kamen die Heerführer und Hauptleute wieder zusammen, ließen die Gefangenen herbeiführen und erkundigten sich bei ihnen nach allen Gegenden, die rings umher lagen. Ihre Antwort war: der Weg gegen Süden führe nach Babylon und Medien, woher die Griechen kämen; der gegen Osten nach Susa und Ekbatana, – wo sich der König, der Erzählung nach, den Frühling und den Sommer über aufzuhalten pflegt, – jenseits des Flusses gegen Westen käme man nach Lydien und Ionien, gegen Mitternacht über das Gebirge zu den Karduchen. »Dieses Volk,« sagten sie, »bewohnt das Gebirge, ist kriegerisch und unterwirft sich dem Könige nicht. Einmal griff eine königliche Armee von hundertzwanzigtausend Mann sie an, von dieser kam, wegen der schlimmen Gegend, nicht ein Mann zurück.« »Wenn sie,« fuhren sie fort, »mit den Satrapen des flachen Landes im Vertrage stünden, finde unter beiden Nationen ein wechselseitiger Verkehr statt.« Auf diese Nachricht hin stellten die Heerführer diejenigen, die alle diese Gegenden zu kennen versicherten, besonders, ohne sich merken zu lassen, wohin der Marsch gehen sollte. Sie hielten es aber für nothwendig, über die Berge ins Karduchische Gebiet einzurücken, denn hinter diesem Lande käme man, sagten die Gefangenen, nach Armenien, einem großen gesegneten Lande, wo Orontes herrsche, und von da aus, versicherten sie, könne man ohne Schwierigkeit überall hinkommen, wohin man wolle. Hierauf opferten sie, um, so bald es Zeit wäre, aufbrechen zu können, denn man besorgte, der Feind möchte die Berghöhen besetzen. Den Soldaten wurde angekündigt, nach der Mahlzeit einzupacken und sich zur Ruhe zu begeben, um dann, sobald das Zeichen gegeben würde, den Marsch antreten zu können.
Band 4
1.
Was sich auf dem Hinmarsche bis zur Schlacht und nach derselben während des Waffenstillstandes, den der König mit den griechischen Soldtruppen des Cyrus geschlossen hatte, zutrug, wie dann der König und Tissaphernes das Bündniß verletzten und mit der persischen Armee die griechische feindlich verfolgten – das war der Inhalt der vorigen Bücher. (Als sich nun das Heer, wie wir zuletzt gesehen haben, in einer Gegend befand, wo der Tigris wegen seiner Breite und Tiefe durchaus unüberschreitbar war, und wo man eben so wenig an seinen Ufern hinmarschiren konnte, weil die schroffen karduchischen Berge selbst über den Fluß herüberragten, so beschlossen die Heerführer, über das Gebirge zu marschiren. Von den Gefangenen hatten sie gehört, daß sie nach dem Durchzuge durch der Karduchen Land in Armenien die Quellen des Tigris finden würden, wo sie dann nach Willkür entweder über den Fluß setzen oder die Quellen desselben umgehen könnten. Sie versicherten auch, daß nicht fern von den letzteren auch der Euphrat entspringe, und ihre Aussage bestätigte sich. Bei dem Einmarsch ins Karduchische Gebiet suchten sich die Griechen der Aufmerksamkeit des Feindes zu entziehen und ihm in Besetzung der Berghöhen zuvorzukommen).40 Um die letzte Nachtwache also, als man bis zu Tagesanbruch noch so viel Zeit hatte, um in der Dunkelheit durch die Ebene zu kommen, traten die Griechen, dem erhaltenen Befehle gemäß, den Marsch an und erreichten mit Tagesanbruch das Gebirge. Chirisophus zog nun mit seinem Corps und allen leichten Truppen voran, Xenophon aber führte den Nachzug, der aus lauter Hopliten bestand; denn die Gefahr, von hinten angegriffen zu werden, während man aufwärts marschirte, war ja nicht zu vermuthen. Chirisophus erreichte den Gipfel, ehe der Feind das Geringste wahrnahm, dann zog er voraus, und die Armee folgte ihm nun, so wie sie nach und nach den Gipfel überstieg, in die Dörfer, die in den Thälern und Krümmungen der Berge lagen. Die Karduchen verließen ihre Wohnungen, nahmen ihre Weiber und Kinder mit fort und flüchteten sich auf die Berge. Man fand indessen viele Lebensmittel, und die Häuser waren mit einer außerordentlichen Menge von ehernem Geschirr versehen; davon aber nahmen die Griechen nichts mit, auch ließen sie die Leute ruhig abziehen und schonten sie, in der Hoffnung, daß die Karduchen, als Feinde des Königs, sie vielleicht friedlich durch ihr Land würden ziehen lassen; Lebensmittel dagegen nahmen sie, wo Jeder sie fand; denn dazu zwang sie die Noth. Man rief die Karduchen, allein sie kamen nicht und gaben auch sonst kein Zeichen des Wohlwollens. Schon war es dunkel, als die letzten griechischen Truppen von der Höhe in die Dörfer hinabzogen – denn wegen der engen Wege hatte man mit dem Auf- und Niedersteigen bis zu den Dörfern den ganzen Tag zugebracht – da sammelte sich eine Anzahl Karduchen, griff die äußersten Linien an, tödtete einige Leute und verwundete andere mit Steinen und Pfeilen; ihrer waren indeß nur wenige, denn der Einmarsch der Griechen hatte sie überrascht. Hätten sie sich in größerer Menge zusammengezogen, so wäre man in Gefahr gewesen, einen großen Theil der Armee zu verlieren. Die Griechen brachten nun diese Nacht in den Dörfern zu; die Karduchen aber machten rings auf den Bergen Feuer und gaben sich Zeichen damit.
Mit Tagesanbruch kamen die Heerführer und Hauptleute der Griechen zusammen und beschlossen, von dem Zugvieh nur das nothwendigste und stärkste mitzunehmen, und auch alle die erst in der letzten Zeit gemachten Kriegsgefangenen zu entlassen, denn die Menge des Zugviehs und der Gefangenen hielt den Marsch auf, ihre starke Bedeckung konnte zum Gefecht nicht gebraucht werden, und bei der großen Menschenzahl mußte man noch einmal so viel Proviant anschaffen und fortbringen. Dieser Beschluß wurde daher öffentlich bekannt gemacht. Nach dem Frühstück wurde der Marsch fortgesetzt, und die Heerführer standen in einem Engwege, wo sie Alles, was nicht dem Befehle gemäß, zurückgelassen worden war, wegnahmen. Die Soldaten waren gehorsam gewesen, nur hie und da hatten Manche einen schönen Knaben oder ein hübsches Weib aus Liebe zurückbehalten. Auf dem Marsche dieses Tages hatte man bald Gefecht, bald wieder Ruhe. Am folgenden Tage trat schlimmes Wetter ein, aber dennoch mußte der Marsch wegen Mangel an Lebensmitteln fortgesetzt werden. Chirisophus führte den Zug, und Xenophon commandirte den Nachtrab. Die Feinde setzten den Truppen heftig zu, und da die Pässe enge war, so warfen und schleuderten sie ganz aus der Nähe; die Griechen, genöthigt auf sie loszugehen und dann wieder sich zurückzuziehen, konnten nur langsam vorrücken, ja oft mußte Xenophon, wenn die Feinde ihn stark drängten, die Armee halten lassen. Chirisophus, der sonst auf Verlangen immer Halt machte, that es das eine Mal nicht, sondern rückte schnell weiter und commandirte, ihm zu folgen, woraus man schließen konnte, daß ihn irgend ein dringender Umstand dazu nöthigte: man hatte aber keine Zeit, über die Ursache dieser