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wir die Verantwortung dafür, die eigenen Emotionen wahrzunehmen und zu regulieren. Das heißt, wir registrieren, akzeptieren und erlauben uns, den Ärger zu fühlen sowie auch alle anderen Emotionen – widerstehen aber den von ihnen ausgehenden Handlungsimpulsen. Anders ausgedrückt: Wir lassen unsere Verstimmung nicht an unserem Kind aus.

      • übernehmen wir die Verantwortung dafür, unser Kind auf heilsame Weise zu begleiten. Das heißt, wo nötig, setzen wir Grenzen, um das Verhalten unseres Kindes zu lenken, bleiben dabei aber mit ihm verbunden – wir bieten dem Kind im Umgang mit den Emotionen und Bedürfnissen, die sein Verhalten steuern, Verständnis und Hilfe an.

      • akzeptieren wir die »großen« Emotionen unseres Kindes genauso mitfühlend wie unsere eigenen. Somit ermöglichen wir auch den Kindern ihre Emotionen zu akzeptieren, der erste Schritt hin zur Selbstregulation.

      • übernehmen wir die Verantwortung für unsere Selbstfürsorge. Somit können wir unserem Kind die emotionale Großzügigkeit und Liebe schenken, die es braucht.

      Wenn Sie gelassene Elternschaft leben, handeln Sie als Vorbild für Ihr Kind, indem Sie ihm zeigen, wie man Emotionen reguliert und Konflikte mit gegenseitigem Respekt austrägt. So können Sie auf jegliches das Benehmen Ihres Kindes antreibende Bedürfnis eingehen – und als Folge verändert sich sein Verhalten.

      PRINZIP

       Am dringendsten brauchen Kinder Verbindung zu den Eltern

      Mit Kindern zu wachsen besteht nicht aus einer Reihe von Strategien. Vielmehr geht es hier um Beziehung. Wenn Sie Ihr Kind über alles lieben und sich an ihm freuen, erlebt sich Ihr Kind für sein Sosein wertgeschätzt. Diese Verbundenheit erlaubt Ihnen, die Perspektive Ihres Kindes einzunehmen, damit Sie feinfühlig auf es eingehen können: einer der wichtigsten Faktoren für die emotionale Gesundheit eines kleinen Kindes.1

      Kinder gedeihen, wenn sie sich verbunden fühlen. Dann vertrauen sie darauf, verstanden, geliebt und beschützt zu werden. Erleben sich Kinder als von uns getrennt, dann fühlen sie sich nicht sicher. Das heißt, sie können nicht gut denken und ebenso wenig ihre Emotionen regulieren.2

      Wenn Kinder sich nicht sicher fühlen, tun sie etwas, von dem sie glauben, dass sie sich danach besser fühlen. Manchmal ist das etwas Positives, beispielsweise, wenn sie sich von uns eine Umarmung holen. Aber oft tun Kinder etwas, das ihnen nicht so zuträglich ist. Sie piesacken etwa ihre Geschwister oder schlagen wütend um sich, weil sie sich dann stark vorkommen. Oder sie betteln weinerlich um Süßigkeiten oder Medienzeit vor Fernseher oder Computer, in der Hoffnung, damit ihren Schmerz zu betäuben. Eventuell brechen sie bewusst eine Regel und schauen uns dabei in die Augen, weil sie so zumindest unserer negativen Aufmerksamkeit sicher sind. Natürlich fühlt sich unser Kind letztlich meist erst recht von uns getrennt, wenn es in jenen schwierigen Momenten unsere negative Aufmerksamkeit zu spüren bekommt.

      Im Gegensatz dazu öffnen sich die Kinder für unseren Einfluss, sobald sie sich mit uns verbunden fühlen, und kooperieren dann viel eher. Aber egal wie sehr wir uns als Eltern bemühen, in Verbindung zu bleiben, das Leben kommt uns dazwischen und manchmal fühlen sich Kinder einfach von uns abgeschnitten. Vielleicht ist das Kind hochsensibel, weswegen es durch starke Emotionen leicht überwältigt wird, was wiederum dazu führt, dass es sich von uns abkoppelt. Oder unser Kind geht zur Schule oder in die Kindertagesstätte und verbringt somit den Großteil des Tages ohne Kontakt zu uns. Vielleicht bleibt es zwar zu Hause, aber der Alltag ist enorm kompliziert: Wir sind mit dem Baby beschäftigt, telefonieren mit der Ärztin, sind von Computer und sozialen Medien gefangen genommen, ringen mit eigener Krankheit, Erschöpfung oder den Finanzen. Vielleicht bleiben wir sogar meistens geduldig, aber weil wir eben nicht perfekt sind, reagieren wir dann doch manchmal lauter. Unverbundenheit gehört zum Leben dazu; mögen wir noch so achtsam sein. Um also unsere Kinder kompetent ins Leben zu begleiten, müssen wir die Verbindung zu ihnen ständig erneuern.3

      Wenn es für Sie neu ist, Verbundenheit an die erste Stelle zu setzen, denken Sie wahrscheinlich, dass es gleichbedeutend damit ist, die Bedürfnisse Ihres Kindes zu erfüllen, damit es glücklicher und kooperativer wird. Und damit haben Sie natürlich recht – deshalb ist Verbundenheit neben der Selbstregulation das wichtigste Elternwerkzeug überhaupt. Aber bald werden Sie merken, dass diese gemeinsam mit Ihrem Kind geschaffene, liebevollere stärkere Beziehung, auch Ihnen selbst zugutekommt. Es sind sogar genau diese wunderbaren, Ihr Herz zum Schmelzen bringenden Momente, die all die Opfer wettmachen, die Sie als Eltern beim Wachsen mit Kindern bringen.

      GEDANKE

       Emotions-Coaching ist die wirksamste Strategie für gute Disziplin

      Welche Methode der Disziplin eignet sich dazu, wunderbare Kinder zu haben? Wenn wir »Disziplin« hören, denken wir normalerweise an Strafe, aber die ursprüngliche Bedeutung des Wortes »Disziplin« bedeutete »zu lernen« oder »angeleitet zu werden«. Also formulieren wir die Frage neu: Welche Art des Anleitens bringt wunderbare Kinder hervor?

      Forschungsergebnisse4 zeigen, dass achtsame Kommunikation Kindern dabei hilft, emotionale Intelligenz zu entwickeln, sodass sie ihre Emotionen und somit auch ihr Verhalten regulieren lernen.5 Bei achtsamer Kommunikation wird dem Verhalten der Kinder wenn nötig eine klare Grenze gesetzt, die Hand in Hand mit Verständnis für das Kind einhergeht. So entwickeln sich Kinder, die sich mit ihrem Sosein selbst wohlfühlen und offener für Einsichten sind. Es entsteht ein positiver Kreislauf. Mit der Zeit verinnerlicht das Kind die Grenze und entwickelt so Selbstdisziplin. (Im dritten Teil erfahren Sie mehr über die Entwicklung von Selbstdisziplin bei Kindern.). Diese Art der Kommunikation ist dann am wirksamsten, wenn sie von jemandem ausgeht, den das Kind liebt und dem es vertraut, jemand, von dem das Kind weiß, dass sie oder er im besten Interesse des Kindes handelt, jemand, dem das Kind gerne »folgt«. Dabei sollte klar sein, dass Strafen tabu sind, denn sonst würde sich das Kind verraten fühlen und das Vertrauen in den Erwachsenen verlieren. Stattdessen hilft die wirksamste Begleitung dabei, die Ursachen für das Fehlverhalten des Kindes zu heilen und coacht das Kind, damit es neue Fähigkeiten zur Kommunikation und Selbstregulation entwickelt, um sein bestes Selbst zu werden.

      Hätten Sie lieber eine Chefin, die Sie durch Strafen anleitet oder mithilfe von Empathie? Angesichts der offensichtlichen Antwort und der Untersuchungen, die diesen Erziehungsstil6 stützen, fragen Sie sich wahrscheinlich, weshalb die meisten Ratschläge an Eltern lauten, man solle Kinder mithilfe von Belohnungen oder Strafen motivieren, damit sie den Anweisungen der Eltern folgen. Diese vertrauten Vorstellungen prägen seit Generationen unsere Meinung über Kinder und die meisten Eltern wenden automatisch dieselben Strategien an, mit denen auch sie aufgewachsen sind. Zwar sind wir nicht mehr so straffreudig wie früher, aber den Stand der Forschung haben wir noch längst nicht eingeholt. Tausende von Studien über Erziehung laufen auf Folgendes hinaus: das Coachen von Kindern zur Förderung der Entwicklung emotionaler Intelligenz und Selbstdisziplin ist die beste Wahl, um glücklichere und verantwortungsbewusstere Erwachsene hervorzubringen. Strafe führt nur zu weiterem Fehlverhalten7 (falls Sie diesen Gedanken noch nicht kennen, lesen Sie unbedingt Alfie Kohns Buch Liebe und Eigenständigkeit, eine hervorragende Einführung in die Forschung über die Auswirkungen von Bestrafung und Belohnung).

      Was nun, wenn Sie als Eltern Fehler gemacht haben?

      Sobald Sie mit der Lektüre dieses Buches beginnen, werden Sie mit Ihrem Kind vermutlich geduldiger und empathischer umgehen, was vermutlich sein besseres Benehmen fördert und Ihnen wiederum neues Selbstvertrauen für die Elternrolle schenkt. Aber vielleicht werden Sie auch selbstkritischer. Am Ende fühlen Sie sogar Scham und sind wegen Ihres früheren Erziehungsstils oder sogar wegen Ihres nur wenige Minuten zurückliegenden Handelns beunruhigt. Erkennen Sie jene Gefühle einfach an, danken Sie ihnen für den Hinweis darauf, dass Sie nun bessere Arbeit leisten wollen und lassen Sie sie los, denn ihre Botschaft ist bei Ihnen angekommen. Wenn Sie mehr wissen, werden Sie auch dazu inspiriert, sich an die schwierige Veränderungsarbeit zu machen. Sich dagegen nur selbst zu beschimpfen, hilft gar nicht.

      Denn egal, was Sie als Eltern getan haben, es war Ihr Bestmögliches. Das meine ich ernst. Sie sind von den Ihnen verfügbaren Informationen ausgegangen. Dabei wurden Sie von Ihren früheren Erfahrungen

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