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fuhr. Das genügte für Niederlage und Verlust. Und bevor sie wussten, wie ihnen geschah, standen sie draußen in dem eiskalten Wind und hörten, wie Ottar zuschloss.

      »Zum Teufel, was für ’n Tempo«, knurrte Håkon und griff im Dunkeln nach der Lenkstange. »Ich möcht nur wissen, warum der’s so eilig hat. Das war doch sonst nicht so. Und wie er sich aufgeputzt hat! Vielleicht geht er irgendwo auf Freiersfüßen.«

      Sol trocknete die roten Hände an ihrer Schürze ab und war bereit, die Regale im Lager aufzuräumen. Sie war es nun gewohnt. Sie dachte an andere Dinge, während sie auf der Leiter stand. Es war ein Teil der Arbeit, den sie einfach über sich ergehen ließ. Ottar war heute schnell. Es musste daran liegen, dass alles sich hinausgezögert hatte, weil die Männer absolut nicht gehen wollten. Seine Spannung hatte die Vorarbeit für sie geleistet. Er wurde schnell fertig.

      Einmal – kurz bevor er anfing nach Luft zu schnappen – hörte sie seine alte Mutter von oben aus dem »Privaten« rufen. Eine nadelspitze Altfrauenstimme. Vor Schreck stöhnte er gleich zweimal. Sol ertappte sich dabei, dass ihr der Mann leidtat. Es stimmte wohl nicht alles bei ihm. Er machte es immer hinter ihrem Rücken oder nachdem er etwas über ihren Kopf gelegt hatte. Als ob er es nicht aushielte, dass sie ihn sah … obwohl er stets das Licht ausknipste, ehe er sich zu der Leiter tastete, auf der sie stand.

      Als sie gehen wollte, kam er angerannt, mit einer Tüte, die er ihr in die Hand drückte. Dann war er weg. Sie konnte nicht einmal fragen oder sich bedanken. So tastete sie sich durch den Lagerraum und zur Hintertür hinaus. Draußen stellte sie sich unter die Lampe am Kai und schaute in die große Papiertüte. Sirupkuchen, Schlackwurst, Speck und Eier. Schokolade.

      Es kam ein frischer Wind vom Meer her. Die Wellen sprangen zwischen den Kaipfosten umher und schäumten gegen die Felsen. Über ihr glotzte ein eiskalter Mond, während die Wolken in rasender Eile vorbeizogen. Es stank von der nahegelegenen Trankocherei her. Plötzlich ging irgendetwas für Sol in die Brüche. Es riss langsam und tief in ihr. Tat schrecklich weh. War ein schreckliches Gefühl.

      Sie beugte den Kopf über die Tüte und weinte. Ohne einen vernünftigen Grund. Sie hatte ja alles, was sie brauchte … Ottars Stolz, »die Weihnachtsstraße«, vierundzwanzig rote Glühbirnen, in ziemlicher Höhe über die Straße gespannt, vom Laden bis zu einem grauschimmernden Laternenpfahl, baumelte hilflos im Wind. Sol hob den Kopf und starrte sie einen Augenblick an. Dann ging sie mit langsamen, festen Schritten nach Hause.

      13

      Auch dieses Jahr war Weihnachten auf die Insel gekommen. Wie ein langhaariges, warmes Tier mit leuchtenden Augen, mitten zwischen die Häusergruppen, die aussahen, als ob sie von Skorbut und Ruß heimgesucht worden wären.

      Alle hatten es sich so schön wie möglich gemacht. Es wurde mit Maßen getrunken. Ein paar Schlägereien und ein zufälliger Brand in Været. Der Brand wurde gelöscht, und der Ordnungsdienst im Jugendheim hatte das Seine getan.

      Der Pastor hatte das wiederum Seine getan. Dahl hatte sich freigenommen. Die Frauen hatten das Ihre getan. Die Männer hatten ihre Pfeifen angezündet.

      Das neue Jahr sei ein gesegnetes, meinte Elisif. Niemand fragte sie näher darüber aus. Alle hatten genug mit ihren Schwierigkeiten, als der Werktag wieder morgens um sechs Uhr an der Bettkante stand und alle armen Teufel zu verschlucken drohte.

      Dann polterte es allmählich in der Küche und auf den Treppen. Einige standen auf und viele folgten nach. Aber Weihnachten lag ihnen noch wie Blei in den Gliedern. Verzögerte die Arbeit bei Dahl. Simons Leute waren träge und schlapp. Ottars Laden blieb die ganze Woche leer. Die Menschen hatten sich Weihnachten verausgabt. Sie hatten nichts mehr.

      Mit einem Nordländer, der Weihnachten feiert, wenn auch maßvoll, ist nicht zu spaßen, nachher. Der Wintermensch blutet die Angst und die Kälte aus sich heraus und hat darin Übung seit heidnischen Zeiten. Aber nachher muss er wieder mit Gewalt ins Leben gebracht werden. Zur Haustür hinausgekippt werden, so dass er friert und anfängt, die Arme übereinanderzuschlagen. Dann läuft er wieder zuverlässig wie eine Maschine. Die Kirche war am Weihnachtsabend voll gewesen. Feuchter Dampf stieg aus den Kleidern auf und sank wieder herab und die Glorie des Erlösers hing um jede einzelne Kerze des Kronleuchters. Schrille, dünne Winterstimmen hatten unten in Wolljacken und Kopftüchern leise vor sich hin geklagt. Aber Elisif wartete zu Hause auf den Erlöser. Sie hatte für einen mehr gedeckt. Da sie Sol niemals dazu überreden konnte, hatte sie eben selbst gedeckt.

      »Einen mehr? Nein, Mama, das musst du selbst tun«, antwortete Sol freundlich, aber bestimmt.

      Und Elisif hatte gedeckt und gesungen, und das ganze graue Gesicht wurde warm und hell und strahlte eine solche Freude aus, dass man sich nur wundern konnte. Die Grütze war auf den Tisch gekommen. Torstein hatte sanft für Ordnung und Tischsitten gesorgt. Die Kinder beruhigten sich. Zaghaft las er mit monotoner, stotternder Stimme die Weihnachtsgeschichte vor – weil Elisif ihm befohlen hatte, sein Haus zu bestellen. Er hatte kein anderes Verhältnis zum Göttlichen als durch seine Frau. Aber das war ernst genug. Torstein war niemand von denen, der den Leuten zur Unzeit auf die Füße trat. Weder den irdischen noch den himmlischen. Er war der friedfertigste Mann im Tausendheim. Er wusste es selbst und schämte sich deswegen sehr. Trotzdem versuchte er nie, seiner eigenen Natur Gewalt anzutun.

      Ingrid und Tora hatten Weihnachten bei sich gefeiert. Tora hatte sich danach gesehnt, dass die Mutter sagen würde, sie habe die Einladung von Rakel angenommen. Weihnachten feiern in Bekkejordet! Aber Ingrid sagte nichts. Sie hatte wie üblich ihre Vorbereitungen getroffen.

      Tora hatte sich geschämt. Aber daran war sie gewöhnt. Am schlimmsten biss die Enttäuschung, salzig und schmerzhaft, als sie am Kammerfenster stand, nachdem der Abend vorbei war und es nichts mehr zu hoffen gab.

      Später war das Bild von Mutters fernem, ernstem Gesicht gekommen und gegangen, als sie versuchte zu schlafen. Aber Tante Rakels Lachen kam störend aus den Ecken und man konnte es nicht vergessen. In Bekkejordet aßen sie am Weihnachtsabend Fleisch. In Bekkejordet wurde bei Tisch gelacht und aus hohen grünen Gläsern mit Stiel getrunken.

      Simon hatte wohl seine gute Jacke angezogen und rauchte seine Zigarren, während sich das helle Haar in der Stirn kräuselte, weil kleine feine Schweißtropfen am Haaransatz hervortraten. Die Räume in Bekkejordet waren warm und gesättigt vom Weihrauch.

      Daran hatte Tora gedacht.

      Und auf einmal war sie dort gewesen. Der Onkel hatte sie zur Decke hochgehoben.

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