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Beginn waren wir am Zentrum eine Art »alternative Universität«. Es gab keine Trennung zwischen StudentInnen und MitarbeiterInnen. Was ich dann entstehen sah, war eine Trennung zwischen den Generationen, zwischen den Positionen – StudentInnen und LehrerInnen – und das wollte ich nicht. Wenn ich schon die Verantwortung als Lehrer zu übernehmen hatte, wollte ich das in einem mehr traditionellen Rahmen tun. Ich konnte nicht damit leben, die Hälfte der Zeit der Lehrer zu sein und die andere Hälfte der Vater, gehasst zu werden als Vater und aufgebaut zu werden als antifeministischer Mann. Es war unmöglich, diese Politik zu leben.

      Aus all diesen Gründen wollte ich weg. Die Frage war nur – wohin? Es gab kein anderes Institut für Cultural Studies. Ich wollte nicht irgendwohin gehen, um Direktor eines Instituts für Soziologie zu werden. Da ergab sich die Sache an der Open University. Ich hatte dort ohnehin schon gearbeitet. Catherine war dort von Anfang an Tutorin. Ich dachte, die Open University sei eine bessere Option. In dieser offeneren, interdisziplinären, unkonventionellen Anordnung würden vielleicht einige der Ziele meiner Generation verwirklicht werden können – zu alltäglichen Menschen sprechen, zu Frauen und schwarzen StudentInnen außerhalb des universitären Rahmens. Es diente einigen politischen Zielen. Darüber hinaus dachte ich, das sei auch eine Gelegenheit, das hochkomplexe Paradigma der Cultural Studies, das in dieser Treibhausatmosphäre des Zentrums entwickelt worden war, auf eine mehr alltägliche Ebene zu bringen, denn die Kurse der Open University sind offen für Leute ohne akademische Ausbildung. Wenn man die Ideen der Cultural Studies dort zum Leben bringen will, dann muss man sie übersetzten, dann muss man bereit sein, auf dieser mehr popularen, zugänglicheren Ebene zu schreiben. Ich wollte, dass sich die Cultural Studies dieser Herausforderung stellten. Ich sah nicht, warum sie nicht als eine mehr populare Pädagogik leben könnten.

      Das Zentrum war ein Treibhaus: die klügsten StudentInnen schrieben dort ihre Dissertationen. Sie wollten sich als organische Intellektuelle mit einer breiteren Bewegung verbinden, aber sie selbst waren die höchste Stufe eines sehr selektiven Erziehungssystems. Das war die Open University nicht. Sie stellte eine Herausforderung für das selektive System der Hochschulausbildung dar. Die Frage war also: Können Cultural Studies dort gelehrt werden?

      KHC: Kommen wir zurück zur Frage der Diaspora. Einige der Diaspora-Intellektuellen haben, wie ich weiß, ihre Macht zu Hause genutzt, du jedoch nicht. Und einige von ihnen versuchen jetzt auf unterschiedliche Weise zurückzukehren. Was das angeht, fällst du also aus der Rolle.

      SH: Ja, aber du musst bedenken, die Diaspora kam zu mir: Ich gehörte zur ersten Welle der Diaspora. Als ich nach Britannien kam, waren die einzigen Schwarzen, die es hier gab, StudentInnen, und alle schwarzen Studierenden wollten nach ihrem Studium zurückkehren. Während meines Promotionsstudiums und in den frühen Tagen der Neuen Linken ließ sich langsam eine schwarze Arbeiterbevölkerung hier nieder und sie wurde zur Diaspora einer Diaspora. Die Karibik ist schon eine Diaspora Afrikas, Europas, Chinas, Asiens, Indiens und diese Diaspora hat sich hier neu zur Diaspora geformt. Deshalb handeln meine jüngsten Arbeiten nicht bloß vom Postkolonialen, sondern von schwarzen FotografInnen, FilmemacherInnen, von Schwarzen am Theater, sie handeln von der dritten Generation der Schwarzen Britanniens.

      KHC: Aber du hast niemals versucht, deinen intellektuellen Einfluss zu Hause geltend zu machen?

      KHC: Die Diaspora ist also definiert durch die persönlichen und strukturellen Konjunkturen und die Kreativität und die Kraft der Diaspora entstehen zum Teil aus dieser unlösbaren Spannung?

      SH: Ja, aber sie ist immer sehr spezifisch und diese Spezifik verliert sie nie. Das ist der Grund, warum die Art und Weise, in der ich die Frage der Identität denke, sich von dem postmodernen Begriff des »Nomadischen« unterscheidet. Ich glaube, die kulturelle Identität ist nicht fixiert, sie ist immer hybrid. Aber gerade weil sie aus sehr spezifischen historischen Formationen entsteht, aus sehr spezifischen historischen Geschichten und kulturellen Repertoires der Enunziation, kann sie eine »Positionalität« konstituieren, die wir vorläufig Identität nennen. Sie ist nicht einfach irgendetwas. Jede dieser Identitätsgeschichten ist eingeschrieben in die Position, die wir aufgreifen und mit der wir uns identifizieren und wir müssen dieses Ensemble von Identitätspositionen in all seinen Besonderheiten leben.

      8. August 1992

      Anmerkungen

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